Schwamm drüber

Die 8 größten Hygiene-Irrtümer

Aus Angst vor gefährlichen Bakterien steigt im Handel der Umsatz von Desinfektionsmitteln. Für gesunde Menschen unnötig, sagen Experten. Zumal einfache Hygieneregeln in vielen Haushalten nicht beachtet werden.

Zu viel Hygiene ist ungesund. Denn die meisten Bakterien sind sehr nützlich: Sie zersetzen im Darm Nahrung oder Abfall auf dem Kompost.

© Imago/Westend61

Zu viel Hygiene ist ungesund. Denn die meisten Bakterien sind sehr nützlich: Sie zersetzen im Darm Nahrung oder Abfall auf dem Kompost.

Von Markus Brauer

Sie sitzen auf den Händen, den Tastenfeldern von Bankautomaten oder an den Türgriffen der U-Bahn: Bakterien auszuweichen ist unmöglich – und unnötig. Denn nur wenige sind so gefährlich wie der Ehec-Erreger. Wir klären Sie über die wichtigsten Irrtümer im Umgang mit Bakterien auf:

1. Alle Bakterien sind gefährlich

Es gibt etwa 6000 bekannte Bakterienarten, die überall in der Luft, in der Erde, im Wasser und in Menschen, Tieren oder Pflanzen leben. Schon deswegen können die meisten von ihnen für uns gar nicht gefährlich sein. Im Gegenteil sind sie sogar sehr nützlich: Sie zersetzen im Darm Nahrung oder Abfall auf dem Kompost. Ohne Bakterien gäbe es keine Arzneimittel wie Antibiotika und auch keinen Käse.

Gefährlich sind für den Menschen nur die Bakterien, die Krankheiten wie Tetanus, Ruhr oder Cholera auslösen. Großen Schaden richten auch solche Bakterien an, die auf Nahrungsmitteln leben, sich dort vermehren und Giftstoffe bilden. Sichtbar wird das etwa durch Schimmel oder Fäulnis.

2. Auf der Klobrille tummeln sich die meisten Bakterien

Klobrillen sind trocken und kühl, Bakterien mögen es aber feucht und warm und brauchen außerdem was zu essen. Viel lieber vermehren sie sich deswegen in der Küche: auf Spülschwämmen, dreckigem Geschirr oder Türgriffen, die man während des Kochens mit ungewaschenen Händen anfasst.

3. Bakterien in der Küche zeugen von mangelnder Hygiene

Potenziell gefährliche Bakterien wie Salmonellen, Campylobacter oder Escherichia coli sind Darmkeime von Nutztieren. Dass sie beim Einkauf vor allem von tierischen Lebensmitteln wie Fleisch oder Eiern ins Haus kommen, ist ganz normal. Wichtig ist nur, dass sie sich dann nicht unnötig vermehren können oder über die Hände oder das Essen in den menschlichen Körper gelangen.

4. Im Kühlschrank sterben Bakterien

Nein, auch im Kühlschrank können Bakterien weiterleben, zumal viele Geräte zu warm eingestellt sind. Mehr als fünf Grad sollte das Innenthermometer nicht anzeigen, sonst vermehren sich Keime zu schnell. Statt Lebensmittel lange im Kühlschrank zu lagern, sollte man lieber öfter einkaufen gehen. Vor allem ältere Menschen müssen bei Käse und Frischkäse wegen Listerien aufs Haltbarkeitsdatum achten.

5. Mit Desinfektionsmitteln wird man alle Bakterien los

Antibakterielle Spülmittel, Hygienespüler für die Waschmaschine, Desinfektionstücher für die Hände: Was nach Krankenhaus klingt, gehört inzwischen zum festen Sortiment von Drogeriemärkten. Experten halten das bei gesunden Menschen für völlig unnötig. Zumal noch ungeklärt ist, inwiefern durch solche Mittel Allergien ausgelöst werden und die Bakterien bei häufiger Anwendung sogar resistent dagegen werden.

Anders sieht es aus, wenn Familienmitglieder etwa unter Brechdurchfall leiden oder sich jetzt mit irgendwelchen Erregern infiziert haben. Dann ist eine solche Desinfektion sinnvoll. Auch wer pflegebedürftige Angehörige zu Hause hat, sollte sich alkoholische Desinfektionstücher zulegen.

6. Hände waschen ist der beste Schutz

Über die Hände werden die meisten Bakterien übertragen, deswegen ist Händewaschen vor dem Essen und Kochen, nach dem Gang zur Toilette und nach dem Kontakt mit Tieren wichtig. Die meisten Leute halten sie aber nur kurz unters Wasser. Selbst wenn die Hände danach oberflächlich sauber sind, sitzen noch Bakterien darauf. Deswegen: Handinnenflächen und Handrücken gründlich mit Seife mindestens 30 Sekunden lang schrubben und Hände danach gut an einem sauberen Tuch abtrocknen. Auch im Schmutz unter den Fingernägeln sitzen Keime.

7. Händetrockner auf öffentlichen Toiletten sind Keimschleudern

Tatsächlich haben einige Studien herausgefunden, dass die warme Luft von Händetrocknern jede Menge Bakterien herumwirbelt, die dann auf den Händen landen. Nach anderen Untersuchungen wiederum ist es egal, ob man Heißluft, Stoff- oder Papiertücher benutzt.

8. Am hygienischsten ist immer noch Kochwäsche

Die meiste Wäsche ist leicht verschwitzt und nicht stark verschmutzt, wenn sie in der Maschine landet. Außerdem waschen Waschmaschinen und Waschmittel bei niedrigen Temperaturen heute genauso effektiv wie früher bei hohen. Bakterien allerdings werden bei diesen niedrigen Temperaturen nicht getötet.

Ist die Wäsche mit Fäkalien oder Erbrochenem verschmutzt, verteilen sich die Keime auf der ganzen Wäsche. Kochwäsche braucht es hierfür aber trotzdem genauso wenig wie für Unterwäsche oder Geschirrtücher. 60 Grad und ein Vollwaschmittel töten die meisten Keime ab. Wichtig ist es, die Hände zu waschen, nachdem man die Wäsche in die Maschine gefüllt hat. Nach dem Waschen die Maschine und das Waschmittelfach offen lassen, damit das Wasser trocknet.

Tipp: Verzichten Sie auf Einweghandschuhe

Erst das Hühnchen putzen, dann Salat schnippeln und anschließend die Kartoffeln schälen: Dabei Einweghandschuhe zu tragen, um Keimen keine Chance zu lassen, ergibt keinen Sinn. Stattdessen sollten Sie auf gründliches Händewaschen setzen.

Denn über Plastik- oder Einweghandschuhe können Erreger genauso übertragen werden, wie über den direkten Hautkontakt. Zudem haften Bakterien an Kunststoffen besser als an menschlicher Haut. Sie können sich hier also über einen längeren Zeitraum ansammeln und so von A nach B getragen werden. Etwa vom rohen Hühnchen zum Salat.

Der eigentliche Gedanke hinter den Einweghandschuhen sei, der Name sagt es schon, sie nach jedem Kontakt zu wechseln. Im Alltag oder im Umgang mit Lebensmitteln sind sie laut Nachtigall aber aus Hygienesicht ohnehin unnötig. Regelmäßiges und gründliches Händewaschen oder die Desinfektion der Hände bieten guten Schutz.

Und das ist auch besser für die Haut. Denn unter dem Plastik der Handschuhe kann sie nicht gut atmen. Die Folge: Schweiß. Es entsteht ein feuchtes Klima in den Handschuhen. Das kann die Haut auf Dauer schädigen und zu Hautirritationen und Entzündungen führen.

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Erstellt:
31. Dezember 2024, 11:50 Uhr

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