Die BKZ trauert um Reinhard Fiedler

Der frühere Redaktionsleiter der Backnanger Kreiszeitung ist im Alter von 72 Jahren überraschend verstorben. Er hat über 30 Jahre lang den Lokalteil der Backnanger Kreiszeitung und ab 2008 auch den der Murrhardter Zeitung geprägt.

Über 30 Jahre prägte Reinhard Fiedler die Backnanger Kreiszeitung. Archivfoto: Edgar Layher

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Über 30 Jahre prägte Reinhard Fiedler die Backnanger Kreiszeitung. Archivfoto: Edgar Layher

Von Ingrid Knack

Backnang/Großerlach. Reinhard Fiedler, der ehemalige Redaktionsleiter der Backnanger Kreiszeitung, ist tot. Er starb zehn Tage vor seinem 73. Geburtstag, wie seine Familie mitteilte. Am 1. Oktober 1983 hatte er die Nachfolge von Werner Hermann angetreten – damals war noch Martin Dietrich Oberbürgermeister in Backnang. Der BKZ verpasste der gebürtige Murrhardter mit frischem Schwung und neuen Ideen ein zeitgemäßes Gesicht. Doch Veränderungen bringen nicht nur Beifall, sondern meist auch Widerstände mit sich. Unfreundliche Reaktionen aus der Leserschaft galt es auszuhalten. Die Regeln aber, die der damals 32-Jährige aufstellte, waren zu der Zeit genau die richtigen für eine moderne Zeitung mit Anspruch und Niveau.

Aufgewachsen ist Fiedler in Oppenweiler. Er kannte sich also bestens aus in Backnang und Umgebung. Der Journalist der alten Schule brannte für seinen Beruf, arbeitete oft bis lange in die Nacht hinein. Für eine gute Geschichte war ihm kein Rechercheaufwand zu viel.

Noch war Fiedler kein Jahr bei der BKZ, da musste er sich mit einem spektakulären Kriminalfall beschäftigen: Der Hammermörder trieb sein Unwesen in der schwäbischen Provinz, auch im Verbreitungsgebiet der BKZ. An diese und weitere spannende, entsetzliche und mittlerweile in die Geschichte eingegangenen Geschehnisse, die Fiedler und sein Team journalistisch beackerten, hatte Werner Stroh, Geschäftsführer der Stroh. Druck und Medien GmbH, bei der Verabschiedung des langjährigen Lokalchefs Anfang des Jahres 2016 erinnert. Dazu zählen überdies die Enttarnung eines Spions bei der ehemaligen ANT Nachrichtentechnik in Backnang, der Amoklauf in Winnenden am 11. März 2009 und das Jahrhunderthochwasser im Raum Backnang im Januar 2011.

Der Redaktionsleiter bezog gerne Position, auch wenn er damit aneckte

Ein großes Thema war auch der Erhalt des Backnanger Krankenhauses, für den sich die BKZ einsetzte. In einem Auszug aus der Stadtchronik 2003 heißt es: „Bei einer Podiumsdiskussion in der überfüllten Stadthalle wird Landrat Johannes Fuchs mit gellenden Pfiffen empfangen. BKZ-Leiter Reinhard Fiedler überreicht dem Landrat 41000 Unterschriften für den Erhalt der Klinik.“

In der Kommunalpolitik war Reinhard Fiedler zu Hause. Wenn er die Diskussionen im Backnanger Gemeinderat verfolgte, mündete dies nicht selten in scharfe Kommentare, die sich zuweilen schon durch nicht zu überhörende Äußerungen während einer Ratssitzung ankündigten.

Seine viel beachtete, wöchentlich erschienene Kolumne „Nebenbei notiert“ war für die Leser bester Unterhaltungsstoff. Die Fundstücke aus dem lokalen Leben, die mal ernst, mal heiter daherkamen, wurden mit sprachlichen Finessen ausgeschmückt. Mit viel Freude erstellte Fiedler auch Kreuzworträtsel mit Lokalkolorit für Sonderbeilagen, oft in seiner Freizeit.

Reinhard Fiedler stand nicht für einen weichgespülten Journalismus, er bezog gerne Position, auch wenn er damit aneckte. Kontroverse Diskussionen, die in den Leserbriefspalten ausgetragen wurden, gefielen ihm. Wenn seine harte Arbeit aber mit unverschämten oder wirren Schreiben quittiert wurde, verbannte er diese in seinen „Giftschrank“.

Der Begründer vieler Aktionen

Etliche Aktionen, die heute noch erfolgreich weitergeführt werden, nahmen in der Zeit Fiedlers bei der BKZ ihren Anfang. So beispielsweise der Verein „BKZ-Leser helfen“, der „BKZ-Mini-Cup“ und „Zeitung in der Schule“. Jungen Menschen eine Chance zu geben, in die Zeitungswelt hineinzuschnuppern, war dem Lokalchef eine Herzensangelegenheit. Und so erprobten sich in den Sommerferien auch mal „Rasende Reporter“ als Geschichtenschreiber.

Reinhard Fiedler stand neuen Ideen seiner Redakteurinnen und Redakteure aufgeschlossen gegenüber und unterstützte diese bei der Umsetzung ihrer Projekte tatkräftig, sei es nun im Lokalen, beim Aufbau des Kulturteils oder im Sportbereich. Auch „Laufend BKZ“ ist in seiner Backnanger Zeit entstanden, ebenso wie der erste Internetauftritt der BKZ. Ab 2008 war der Backnanger Redaktionsleiter obendrein für die Inhalte in der Murrhardter Zeitung verantwortlich.

Von seinem Team forderte der Zeitungsmann mit der rauen Schale und dem weichen Kern Respekt und absolute Loyalität ein. Eine feste Größe im Redaktionsalltag war der Ruf „Beesprääächung“, mit dem die Redakteurinnen und Redakteure zur Tagesplanung gebeten wurden. Diese schmückte Fiedler im Bemühen um eine gute Stimmung gerne mit der einen oder anderen Anekdote aus. Der Pechvogel des Tages leckte indes noch seine Wunden, weil sein Vorgesetzter ihn kurz zuvor mit den Worten „Bolza g’schossa“ begrüßt hatte. Fehler, die Inhalte und Rechtschreibung betrafen, waren überaus schmerzhafte Dornen in den Augen des Redaktionsleiters – genauso wie Umbruchfehler im Schriftsatz und nicht volllaufende Zeilen.

Kleine Aufmerksamkeiten und viel Humor

Was auch immer geschah, das Gefühl „Wir rocken das und sind eine Familie“ war unumstößlich. Neben aller Ernsthaftigkeit waren Humor, Selbstironie und kleine Aufmerksamkeiten auch außerhalb von Geburtstagen – ab und an gab es einfach mal so eine Praline vom Chef – das Salz in der Alltagssuppe.

Über Jahrzehnte hielt sich der Personalwechsel in der Redaktion in Grenzen. Das schweißt zusammen. Jeder wusste vom anderen, wie er lebte und was ihm wichtig war. Und so hatte jeder auch schon mal von Fiedlers Afghanistanreise in den 1970er-Jahren gehört. Damals ließen die Großmächte Afghanistan gerade in Ruhe, das Land wurde zum Sehnsuchtsort von westlichen Aussteigern.

Dass der Lokalchef, der regelmäßig eine Gartenseite zusammenstellte, selbst einen grünen Daumen hatte, sah man schon an den Pflanzen in seinem Büro, die er mit Hingabe hegte und pflegte. Und seine Passion fürs Angeln als Ausgleich zum stressigen Berufsleben blieb auch keinem verborgen.

Nach seinem Abschied von der BKZ und der Murrhardter Zeitung fand Fiedler Abstand in einem Großerlacher Teilort, wo der Vater zweier erwachsener Söhne von nun an mit seiner Lebensgefährtin lebte. Dort gestaltete er einen Garten – wie früher schon einmal an einem anderen Ort – mit Teich, Hochbeet und Moosen. Dabei durfte ihm sein heute dreijähriger Enkel helfen, wo es eben ging. Angeln behielt er als Hobby im Ruhestand bei. Wichtig waren ihm auch Bücher, die zusammengenommen eine kleine Bibliothek bilden. Auch wenn sich Fiedler 2016 ganz aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hatte, bleibt er als Teil der Geschichte der BKZ und der Stadt Backnang unvergessen, seine Artikel werden stets hervorragende Quellen für an der Geschichte der Region Interessierte sein.

Die Urnenbeisetzung findet im engsten Familien- und Freundeskreis statt.

Werdegang Reinhard Fiedlers

Anfänge Reinhard Fiedler hat bei mehreren Zeitungen umfassende journalistische Erfahrungen gesammelt, bevor er Lokalchef bei der BKZ wurde. Volontiert hatte er nach einer Lehre zum Industriekaufmann bei der Lederwarenfabrik Rudolf Külbel in Sulzbach an der Murr und nach einer Anstellung beim Stuttgarter Telefonbuchverlag Windhager zunächst beim Hohenloher Tagblatt in Gerabronn und Crailsheim. Die Ausbildung führte ihn auch zur Südwestpresse nach Ulm. Drei Jahre lang bewährte er sich im harten Geschäft eines Alleinredakteurs bei der Südwestpresse in Sulz am Neckar,
bevor er als stellvertretender Lokalchef
zum Hohenloher Tagblatt zurückkehrte.

Vermächtnis Über 9000 Zeitungsausgaben und damit umgerechnet rund 90000 Seiten verantwortete Fiedler in den über 30 Jahren seiner Arbeit bei der BKZ mit.

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Erstellt:
18. Oktober 2023, 06:00 Uhr

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