Energieversorgung
Die EnBW will bis 2028 aus der Kohle aussteigen
Der Energiekonzern hat große Pläne. Im vergangenen Jahr hat er unter der Energiekrise gleichermaßen gelitten wie von ihr profitiert.
Von Eva Drews
Bis 2028 will die EnBW Kohlekraftwerke nur noch im Reservebetrieb vorhalten. Das teilte der in Karlsruhe ansässige Energieversorger am Montag anlässlich seiner Bilanzvorlage in Stuttgart mit. Das ist zwei Jahre vor dem von SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag angepeilten Datum.
Um dieses Ziel zu erreichen, will die EnBW ihre verbliebenen Kohlekraftwerke entweder in die Reserve überführen oder auf Gas umstellen. Ein Umstellen des Brennstoffs, in der Fachsprache Fuel Switch genannt, ist in Altbach/Deizisau (Kreis Esslingen), Stuttgart-Münster und Heilbronn geplant und bereits seit Längerem angekündigt.
In Münster sollen die Kohleblöcke 2025 stillgelegt werden, Altbach und Heilbronn sollen bis 2026 umgerüstet sein. Das früher mit Kohle betriebene Heizkraftwerk Stuttgart-Gaisburg hat die EnBW bereits 2018 auf Erdgas umgestellt.
Offen ist die Lösung noch bei Kraftwerken mit Partnern
Die Kohlekraftwerke am Karlsruher Rheinhafen RDK7 und RDK8 sollen jeweils zu Reservekraftwerken ausgemustert werden; RDK7 bereits im Mai 2024. Einfach stilllegen kann der Konzern seine Anlagen nicht – je nach Entscheidung der Bundesnetzagentur müssen sie einsatzbereit gehalten werden, um im Notfall einspringen zu können. Offen ist die Lösung noch in den Kohlekraftwerken Mannheim, Lippendorf (Sachsen), Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) und Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen). Diese Anlagen betreibt die EnBW gemeinsam mit Partnern, mit denen derzeit Gespräche geführt würden. Auch in diesen Kraftwerken peilt die EnBW das Enddatum 2028 an.
Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) kommentierte den geplanten vorgezogenen Kohleausstieg mit den Worten: „Die EnBW zeigt beispielhaft, wie sich ein Energieunternehmen aus der alten Energiewelt wandeln kann in ein modernes Unternehmen mit zukunftsfähigem Geschäftsmodell.“ Das passe auch hervorragend zum Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg.
Bereit für das Wasserstoffzeitalter
In allen umgerüsteten Anlagen ist ein Betrieb mit fossilem Gas nur übergangsweise geplant – auch ein Betrieb mit Wasserstoff wird möglich sein. Auch die Gasnetzgesellschaft, die EnBW-Tochter Terranets will ihr Netz sukzessive wasserstofftauglich machen. Eine Prognose, wann Wasserstoff verfügbar sei, wollten EnBW-Chef Andreas Schell und Finanzchef Thomas Kusterer allerdings nicht wagen. Als Konzern hat sich die EnBW vorgenommen, bis 2035 komplett klimaneutral zu sein: „Spätestens dann müssen die Gaskraftwerke mit Wasserstoff laufen“, so Schell. Für den Manager war es die erste Bilanzvorlage der EnBW. Der frühere Chef von Rolls-Royce Power Systems hat Mitte November den bisherigen EnBW-Vorstandschef Frank Mastiaux abgelöst.
„Damit beschleunigen wir unseren Weg hin zur Klimaneutralität“, sagte Schell, es sei aber auch klar, dass das Erreichen dieser Ziele den verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien und Netze in Deutschland bedinge. „Wir nehmen unsere Verantwortung wahr. Damit können wir aber nicht alleine bleiben.“
Um auch anderweitig einen Beitrag zur Energiewende zu leisten, will der Konzern weiter in erneuerbare Energien investieren. Erst vor wenigen Tagen hat die EnBW beispielsweise grünes Licht für den Bau des Offshore-Windparks He Dreiht rund 90 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum gegeben. Diesen Windpark, der das Offshore-Portfolio der EnBW von 976 auf 1936 Megawatt installierte Leitung fast verdoppeln soll, will der Konzern ohne staatliche Förderung betreiben. Dafür beteiligen die Karlsruher energieintensive Unternehmen finanziell an dem Projekt. Langfristige Abnahmeverträge über 335 Megawatt Leistung seien bereits mit Evonik, Bosch, Salzgitter und Fraport vereinbart, so Finanzchef Kusterer. He Dreiht, laut EnBW eines der größten Energiewendeprojekte Europas, soll Ende 2025 ans Netz gehen. Probleme, den vereinbarten Strom beispielsweise zum Frankfurter Flughafen und zu Bosch zu bringen, sieht Kusterer trotz Netzengpässen, die erst 2028 entschärft sein sollen, nicht. Dazu handele es sich um zu kleine Mengen, sagte er.
Insgesamt hat die EnBW im vergangenen Jahr 3,154 Milliarden Euro investiert – zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Der größte Teil davon floss mit fast 1,9 Milliarden Euro in den Ausbau der Strom- und Gasnetze. Positiv auf das Ergebnis wirkten sich vor allem die Bereiche intelligente Infrastruktur (plus 48 Prozent auf 510 Millionen Euro) und nachhaltige Erzeugung (plus 26 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro) aus.
Für das laufende Jahr rechnet der Konzern mit einer deutlichen Steigerung des Ergebnisses vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von 3,3 Milliarden Euro auf 4,7 bis 5,2 Milliarden Euro. Das würde einen Zuwachs von 43 bis 58 Prozent bedeuten. Kusterer begründete dies vor allem mit dem Wegfall von Einmaleffekten, die das Ergebnis 2022 noch belastet hatten wie beispielsweise aus Verträgen für russische Gaslieferungen an die Tochter VNG oder dem deutlich häufigeren und teureren Einsatz von Reservekraftwerken. Umsatzprognosen macht das Unternehmen traditionell nicht mit der Begründung, dass die Erlöse dafür zu sehr von den Marktpreisen abhängig seien.
Keine Neuigkeiten hatten Schell und Kusterer übrigens für Strom- und Gaskunden: Auch wenn das Preisniveau für beides am Markt zuletzt gesunken sei, seien vorerst keine Preissenkungen geplant. Das Unternehmen verfolge eine mittelfristige Beschaffungsstrategie. Zudem sei die EnBW bei Preiserhöhungen immer unterhalb des Marktdurchschnitts geblieben. Man beobachte den Markt aber genau, so Kusterer.