Zum Schutz der Jugend
Die EU auf dem Weg zur „Generation rauchfrei“?
Die EU-Kommission will das Rauchverbot drastisch verschärfen. Doch dagegen regt sich vehemente Kritik.
Von Knut Krohn
Zigaretten sollen in Europa aus der Öffentlichkeit verschwinden. Das zumindest ist der ebenso ehrgeizige wie umstrittene Plan der EU-Kommission, über den im Europaparlament am Donnerstag abgestimmt wird. Ziel sei es, bis 2040 eine „Generation rauchfrei“ zu erreichen, in der weniger als 5 Prozent der Bevölkerung Tabak konsumiert. Geschützt werden sollen vor allem Kinder und Jugendliche. Die Brüsseler Behörde scheint dabei alle guten Argumente gegen die Glimmstängel auf ihrer Seite zu haben. „Dank rauchfreier Umgebungen hat die Zahl der durch das Rauchen bedingten Todesfälle abgenommen, und auch andere Gesundheitsindikatoren wie die Zahl der Atemwegserkrankungen und der Herzinfarkte in der allgemeinen Bevölkerung zeugen von einer Verbesserung“, heißt es in einer Mitteilung.
Ein Plädoyer für das Nichtrauchen
Allerdings stößt das rigorose Vorhaben selbst bei den Wohlmeinenden auf Kritik und Ablehnung. „Man kann für seine Gesundheit nichts Besseres tun, als mit dem Rauchen aufzuhören“, betont Peter Liese. Der CDU-Europaparlamentarier ist Arzt und begrüßt nach eigenen Worten „grundsätzliche alle Bemühungen, die in diese Richtung gehen“. Und doch wird Liese im Parlament gegen das Vorhaben stimmen. „Die Resolution in der vorliegenden Form ist für mich und meine Fraktion nicht akzeptabel“, erklärt der Mediziner und appelliert an den gesunden Menschenverstand. „Ich glaube, ein Rauchverbot im Freien und in der Außengastronomie ist unverhältnismäßig, da das Risiko, andere zu schädigen, im Vergleich zu dem Risiko in geschlossenen Räumen extrem niedrig ist.“
Der CDU-Mann stößt sich daran, dass die EU-Kommission ein Rauchverbot für fast alle Orte des öffentlichen Lebens fordert. Dass rauchende Eltern auf Spielplätzen nicht gerne gesehen sind, scheint einleuchtend. Doch in Zukunft soll auch in öffentlichen Parks, Terrassen von Restaurants, Bars und Cafés, vor öffentlichen Gebäuden, an Haltestellen, in Freibädern oder an Stränden nicht mehr geraucht werden dürfen.
Jedes EU-Land hat eigene Vorschriften
Mit ihrem Vorstoß möchte die EU-Kommission auch den Regelungsdschungel in Sachen Rauchen lichten. Denn die Brüsseler Behörde beklagt, dass zwar alle EU-Länder Vorschriften zum Schutz ihrer Bürger und Bürgerinnen erlassen haben, „doch die Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten unterscheiden sich beträchtlich in Umfang und Reichweite“.
Ob die Pläne der Brüsseler Beamten nach einem möglichen positiven Votum im Parlament tatsächlich umgesetzt würden, ist allerdings mehr als fraglich. Sie können allenfalls an die Kooperationsbereitschaft in den EU-Ländern appellieren, denn die Gesundheitspolitik fällt in die Zuständigkeit der nationalen Regierungen. Also kann die Kommission nach eigenen Angaben allenfalls eine Empfehlung an die Staaten aussprechen, die Regelungen „nach eigenem Ermessen umzusetzen, das heißt unter Berücksichtigung ihrer nationalen Gegebenheiten und Bedürfnisse“. Eine Entscheidung über den Vorschlag der EU-Kommission werden die Mitgliedstaaten voraussichtlich im Dezember treffen.
Auch E-Zigaretten sollen verboten werden
Doch den Europaabgeordneten Peter Liese ärgert nicht nur die „Unverhältnismäßigkeit“ des Vorschlages. Er kann nicht verstehen, dass die Kommission das Rauchverbot auch auf elektronische Zigaretten ausweiten will. „Natürlich müssen wir darauf achten, dass Kinder nicht über die E-Zigarette an die Nikotinabhängigkeit herangeführt werden“, betont der der CDU-Parlamentarier. „Aber für schwere Raucher ist es gut, wenn sie auf die E-Zigarette umsteigen. Das Gesundheitsrisiko reduziert sich dadurch drastisch.“
Dass die Sorge der EU-Kommission vor allem mit Blick auf die Jugendlichen berechtigt sind, zeigen viele Untersuchungen. Wie eine Erhebung der Universitätsklinik Düsseldorf beweist, hat der Konsum von E-Zigaretten zwischen 2016 und 2023 um rund 38 Prozent zugenommen; der Anteil der Bevölkerung, der zur E-Zigarette greift, liegt aktuell bei 2,2 Prozent. Besonders beliebt sind Einweg-Modell, und eine besonders große Gruppe an Konsumenten sind Jugendliche und junge Erwachsene. Sie fühlen sich besonders von den Aromen angesprochen. Die heißen Grape Candy, Apple Rain oder Mango Crush, was gesund klingt und gut schmeckt. Eine fatale Kombination. „Diese Aromen machen den Konsum angenehmer und wirken weniger intensiv als herkömmliche Zigaretten“, warnt Studienleiterin Stephanie Klosterhalfen. Die Uniklinik Düsseldorf hatte insgesamt mehr als 90.000 Menschen zum Thema Rauchen befragt und jetzt die Ergebnisse vorgelegt.