US-Präsident

Die Europäer müssen lernen, wie Donald Trump zu denken

Die Äußerungen von US-Präsident Donald Trump zum Schicksal der Ukraine sind hochgradig zynisch. Dennoch müssen die Europäer sich jetzt klug mit ihm arrangieren, kommentiert Tobias Peter.

Als Verhandlungspartner unverzichtbar: US-Präsident Donald Trump.

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Als Verhandlungspartner unverzichtbar: US-Präsident Donald Trump.

Von Tobias Peter

Das, was Donald Trump zur Ukraine sagt, ist ein Skandal. Es eine Verzerrung der Wirklichkeit zu nennen, wäre eine Untertreibung. Der mächtigste Mann der Welt verbreitet Fake News.

Es ist hochgradig zynisch, dass Trump dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj praktisch die Schuld dafür gibt, dass der von Russland im Februar 2022 gestartete Angriffskrieg immer noch andauert. „Ihr hättet einen Deal machen können“, sagt der US-Präsident. Und: Es gebe in Kiew „eine Führung, die einen Krieg zugelassen hat, den es nie hätte geben dürfen“. Diese Sätze sind empörend.

US-Vizepräsident J.D. Vance hat kürzlich davon gesprochen, dass es mit Trump nun einen neuen Sheriff gebe. Das Verhalten der Regierung in Washington gegenüber der Ukraine gleicht aber dem eines Polizisten, der dem Opfer eines bewaffneten Einbruchs sagt: „Was wollen Sie von mir? Warum haben Sie nicht dem Einbrecher angeboten, künftig in ihrem Wohnzimmer auf der Couch zu schlafen?“

Trump ist ein Sheriff der besonderen Art

Das Bild vom Sheriff ist eines, mit dem jeder, der mal einen Western geschaut hat, etwas anfangen kann. Trump – das ist klar – ist kein Sheriff, der sich ernsthaft dafür interessiert, Ordnung zu schaffen. Er ist einer, der seine Macht für eigene Interessen nutzen will. Trump setzt darauf, dass die USA möglichst stark von ukrainischen Bodenschätzen profitieren. Er will persönlich als derjenige dastehen, der den Krieg schnell beendet hat. Wenn schon nicht, wie im Wahlkampf behauptet, innerhalb von 24 Stunden, dann doch wenigstens in kürzester Zeit. Koste es die Ukraine, was es wolle.

Donald Trump geht es um „America First“ und um sonst gar nichts. Das bekommt jetzt als erster Wolodymyr Selenskyj zu spüren. Es ist aber auch ein existenzielles Problem für die Europäer, da sie sich nicht rechtzeitig darum gekümmert haben, sich notfalls auch ohne die USA schützen zu können. Das war schon lange nachlässig. Spätestens seit der ersten Trump-Präsidentschaft war es verantwortungslos.

Ob Europa mit seinen vielen Interessensgegensätzen zumindest auf mittlere Sicht in der Lage ist, sich aus dieser selbst verschuldeten Situation zu befreien, weiß niemand. Wenn die Angst vor dem unberechenbaren Handeln Trumps am Ende tatsächlich die Einheit Europas befördern sollte, wäre das zumindest eine gute Sache, die von Trumps US-Präsidentschaft bleibt. Der Weg dahin ist weit.

Aktuell gilt: Wenn es hart auf hart kommt, erinnert Europa sicherheitspolitisch an jemandem, der bestenfalls leicht bekleidet in der Kälte am Wegesrand steht. Trump hat nicht den Charakter, uneigennützig zu helfen. Eher noch ist er jemand, der mit dem Finger auf einen Nackten zeigt und ihn verspottet.

Ein Scheinfrieden hilft den USA nicht

Die einzig logische Folge ist: Den Europäer bleibt momentan nichts anderes übrig als sich mit Trump zu arrangieren und ihm gegenüber mit den amerikanischen Interessen zu argumentieren. Es liegt eigentlich auf der Hand, dass auch Amerika dauerhaft nichts von einem der Ukraine aufgezwungenen Scheinfrieden hat, der nur kurze Zeit hält. Erst recht nicht, wenn es in der Folge zu einer Destabilisierung großer Teile Europas kommt. Die Länder der EU sind wichtige Handelspartner der USA. Der ökonomische Schaden wäre riesig.

Kann man sich darauf verlassen, dass Trump von sich aus das Vernünftige tut? Leider nein. Die große Preisfrage ist deshalb: Welche Deals kann die Ukraine, welche Deals können die Europäer Trump anbieten? Der US-Präsident wird das Richtige nur dann tun, wenn er glaubt, dass es im Einklang mit der Devise „America First“ steht. Die Europäer müssen lernen, wie Trump zu denken.

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Erstellt:
19. Februar 2025, 17:16 Uhr

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