FDP nach der Bundestagswahl

Die FDP sucht ihren Trümmermann – oder die Trümmerfrau

Die Liberalen haben bei der Bundestagswahl das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt. Die Partei braucht für ihren Neuanfang eine neue Führung. Erste Namen kursieren bereits.

Abgang: FDP-Chef Christian Lindner hat angekündigt, sich aus der Politik zurückziehen zu wollen.

© AFP/JOHN MACDOUGALL

Abgang: FDP-Chef Christian Lindner hat angekündigt, sich aus der Politik zurückziehen zu wollen.

Von Tobias Heimbach

Am Tag danach geht es bei der FDP ans Aufräumen. Mitarbeiter laden Stehtische in schwarze LKW, Paletten mit Gläsern werden weggeschafft. Überbleibsel der Wahlparty im Hans-Dietrich-Genscher-Haus. Auch in den Parteigremien wurden am Montag die Folgen des Wahlabends aufgearbeitet. Das bedeutet in diesem Fall: Scherben zusammenkehren. Mit lediglich 4,3 Prozent scheiden die Liberalen aus dem Bundestag aus. Die Aufarbeitung wird dauern, doch schon jetzt ist klar, dass die Partei einen neuen Vorsitzenden braucht. Christian Lindner wird sich aus der Politik zurückziehen.

Am Montag schien Lindner das schlechteste Ergebnis der FDP in ihrer Geschichte eher als minderschweren Betriebsunfall zu sehen. Man sei hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben, gab er zu, versuchte aber Zuversicht zu verbreiten: „Die nächste Führung kann eine gesunde Partei übernehmen.“

Auch vom kommissarischen Generalsekretär Marco Buschmann war kein kritisches Wort zu hören. „Alle Gremienberatungen waren voll Respekt und Lob für die Leistung von Christian Lindner“, sagte Buschmann. Auch er wird sein Amt aufgeben.

Während intern niemand Kritik an Lindner äußerte, wurde ein ehemaliger Liberaler umso deutlicher: Verkehrsminister Volker Wissing. Es sei ein „strategischer Fehler“ gewesen, die FDP so nah an die Union zu rücken, sagte er dem „Tagesspiegel“.

Wer auch immer Lindner nachfolgt, muss die Partei nach dieser Niederlage wieder aufbauen. Doch wer hat das Zeug zum Trümmermann – oder zur Trümmerfrau?

Wolfgang Kubicki denkt über Kandidatur für FDP-Vorsitz nach

Als Erster erklärte sich Parteivize Wolfgang Kubicki bereit. „Ich bin heute Nacht von so vielen Menschen aus der Partei und von Unterstützern gebeten worden, die Führung der Partei zu übernehmen, dass ich ernsthaft darüber nachdenke, im Mai zu kandidieren, um die Partei zusammenzuhalten und neu zu motivieren“, sagte er am Morgen. Eine überraschende Wende – am Wahlabend hatte er noch mit Blick auf ein mögliches Scheitern der Liberalen an der Fünf-Prozent-Hürde verkündet: „Ja, dann ist für mich politisch Schluss, denn ich werde in der nächsten Woche 73 Jahre alt.“

Als weitere mögliche Kandidatin gilt Marie-Agnes Strack-Zimmermann, immerhin sechs Jahre jünger als Kubicki. Und während Kubicki aus dem Bundestag ausgeschieden ist, hat Strack-Zimmermann ein Mandat. Seit vergangenem Sommer ist sie Abgeordnete im Europaparlament, führt dort den Verteidigungsausschuss. Offiziell haben aber weder sie noch Kubicki ihre Kandidatur erklärt.

Andere namhafte – und jüngere – Liberale wie Parteivize Johannes Vogel oder Fraktionsvize Konstantin Kuhle haben hingegen angekündigt, nicht kandidieren zu wollen. Eine Rolle dürfte auch Fraktionschef Christian Dürr spielen. Entscheiden wird sich all das auf dem Parteitag Mitte Mai. Nicht ausgeschlossen, dass es bis dahin eine harte interne Auseinandersetzung geben wird.

Gelingt der FDP erneut ein politisches Comeback?

Wie ein politisches Comeback gelingen kann, dafür hat ausgerechnet Lindner die Vorlage geliefert. Er wurde 2013 Vorsitzender, als die FDP zum ersten Mal aus dem Bundestag geflogen war. Erst führte er sie zurück ins Parlament, dann in eine Regierung. Nun stehen die Liberalen wieder da, wo Lindner sie übernommen hatte.

Die FDP wieder aufzurichten, wird nicht leicht. Schon für Lindner, den rhetorisch vielleicht begabtesten Politiker seiner Generation, war es ein Kraftakt. Außerdem hat sich das Parteispektrum verändert. Die Ränder sind stärker, die Mitte kleiner geworden.

Lindner sagte nicht, wen er sich an der Spitze der Partei wünscht. Nur einen Tipp hatte er für seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin parat: „Man muss überzeugt sein, von dem, was man tut – weil es viel Gegenwind gibt.“

Zum Artikel

Erstellt:
24. Februar 2025, 17:18 Uhr
Aktualisiert:
25. Februar 2025, 11:04 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen