Bundestagswahl
Die fünf Probleme des Olaf Scholz
Der Kanzler ist jetzt – nach einigem Hin und Her – Kanzlerkandidat der SPD. Scholz kündigt an: Er wolle gewinnen. Doch er hat gleich mehrere große Herausforderungen zu bewältigen.
Von Tobias Peter
Die Debatte, ob Kanzler Olaf Scholz noch einmal Kanzlerkandidat der SPD wird, hat tagelang die Partei und das Land beschäftigt. Scholz sagt dazu in seiner ihm eigenen Art, man habe doch nur „einmal kurz innegehalten“. Jetzt – da die Sache entschieden ist – betont der Kanzler: Er wolle die Bundestagswahl gewinnen. Doch der Weg zur Trendwende ist weit. Das sind die fünf Probleme, mit denen Scholz in den kommenden Wochen zu tun hat:
1 Die Umfragewerte Im Internet spotten viele, weil SPD-Chefin Saskia Esken gesagt hat: „Wir haben wahrgenommen, dass wir ein Wählerpotenzial haben, das immer noch bei 47 Prozent liegt.“ In der Sache ist das nicht falsch: Die Zahl umfasst eben jeden, der sich irgendwie auch entfernt vorstellen könnte, einmal SPD zu wählen. Die konkreten Umfragewerte sehen sehr viel trister aus: Die SPD liegt nach dem Bruch der Ampelkoalition wie zuvor bei 14 bis 16 Prozent – weit abgeschlagen hinter der Union. Auch die persönlichen Werte von Scholz sind momentan schlechter als die von Unionskanzlerkandidat Merz und die von Grünen-Vizekanzler Robert Habeck.
2Zweifel in der eigenen Partei Die einstimmige Nominierung durch den Vorstand zum Kanzlerkandidaten kann über eines nicht hinwegtäuschen: Die Debatte, ob Verteidigungsminister Boris Pistorius der bessere Kanzlerkandidat wäre, hat die Partei gespalten. Es war eng für Scholz – auch wenn er am Ende erfolgreich darauf bestanden hat, als Kanzler auch die SPD in die Wahl zu führen. Viele an der Parteibasis und viele in der Fraktion hätten lieber Pistorius als Kandidaten gesehen. Und die Jusos – die inhaltlich weder von einem noch vom anderen Kandidaten begeistert gewesen wären – müssen erst mal motiviert werden, in der Winterkälte Plakate zu kleben und an Haustüren zu klopfen.
3 Die Wirtschaftskrise Eines der wichtigsten Themen im Wahlkampf wird die Wirtschaft sein. Hier ist Scholz argumentativ in der Defensive, weil das Land in der Krise steckt. Die Ampel konnte hier nur bedingt etwas bewegen, weil es an Geld fehlte – und weil sie sich über die Richtung nicht einig war. Die zahlreichen kleineren Maßnahmen, auf die sich Scholz, Habeck und der entlassene Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Rahmen der Wachstumsinitiative geeinigt haben, werden jetzt zum größten Teil auch nicht kommen – eben, weil die Regierung zerbrochen ist. Was die Krise angeht, kommen regelmäßig neue Hiobsbotschaften wie die angekündigte Streichung Tausender Stellen bei Thyssenkrupp-Stahl hinzu.
4Krieg und Friedenssehnsucht Olaf Scholz hat Deutschland einerseits zum zweitstärksten Unterstützer der Ukraine nach den USA gemacht. Andererseits lehnt er beispielsweise die Lieferung von weitreichenden Taurus-Marschflugköpern ab. Er betont stets, er handele besonnen. Vom Grundsatz her könnte es ein größeres Wählerpotenzial geben, das diese Haltung unterstützt. Sie ist aber kompliziert zu erklären. Die Idee, bei der Europawahl damit zu werben, ging nicht auf. „Ein bisschen Frieden“ – das sei ein erfolgreicher Song, aber keine Wahlkampfstrategie, sagt Juso-Chef Philipp Türmer.
5Das Strategieproblem Die SPD und Scholz haben schon früh ihre Karten auf den Tisch gelegt, wie sie im Wahlkampf punkten möchten. Ihre Warnung an die Wählerinnen und Wähler lautet: Die „Merz-CDU“, wie es die SPD jetzt immer formuliert, stehe unter anderem für Einsparungen im Sozialen. Ein wesentliches Thema für die SPD ist die Rente. Das Rentenpaket II, mit dem das Rentenniveau bis 2039 stabilisiert werden sollte, wird nicht mehr kommen. Scholz betont jetzt: „Bei der nächsten Bundestagswahl wird entschieden, ob es eine stabile Rente in Deutschland gibt oder nicht.“ Unionskanzlerkandidat Merz will bei dem Thema möglichst wenig Angriffsfläche bieten. Das Grundsatzprogramm der Union legt zwar nahe, dass das Rentenalter noch einmal steigen muss. Merz selbst hat aber bereits klargestellt: „Es wird weder im Wahlprogramm noch in einem möglichen Koalitionsvertrag mit uns eine Rente mit 70 geben.“ Scholz muss es hier erst mal gelingen, in die Konfrontation zu kommen.