Medizinische Versorgung im Südwesten
Die Hälfte der Bürger ist unzufrieden
Nur noch knapp die Hälfte der Menschen in Baden-Württemberg fühlt sich medizinisch gut versorgt. Für die Mehrheit ist vor allem die Verfügbarkeit von Hausärzten entscheidend – doch hier hakt es zunehmend.
Von Bettina Hartmann
In Baden-Württemberg sinkt die Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung: Nur noch knapp die Hälfte der Menschen (49, 9 Prozent) fühlt sich laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) an ihrem Wohnort medizinisch gut betreut. 23,9 Prozent der Bevölkerung sind „eher unzufrieden“, 13,2 Prozent „eindeutig unzufrieden“. Das Ergebnis der Befragung, das unserer Zeitung vorliegt, stimmt somit bedenklich. Es legt nahe, dass im Gesundheitswesen auf vielen Ebenen Handlungsbedarf besteht, vor allem im ländlichen Raum.
Bürger wünschen sich Hausärzte vor Ort
Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, schätzt grundsätzlich das Gesundheitswesen in Deutschland. Doch er sagt auch: „Es gibt weiterhin viel zu tun, damit die Versorgung in Baden-Württemberg auf einem hohen Qualitätsstand bleibt.“ So müsse man etwa den flächendeckenden Zugang zur hausärztlichen Versorgung sicherstellen. Doch dafür brauche es „ein tragfähiges und finanzierbares Konzept“.
Die Verfügbarkeit von Hausarztpraxen hat für die Befragten denn auch den größten Einfluss auf die Qualität der Gesundheitsversorgung vor Ort (67,2 Prozent), gefolgt von Facharztpraxen (49,1 Prozent) und der Notfallversorgung (44,1 Prozent). Bei der jüngeren Zielgruppe (16- bis 29-Jährige) wünschen sich sogar 72,5 Prozent einen Hausarzt in gut erreichbarer Nähe.
„Hier stehen wir aber vor großen Herausforderungen, unter anderem durch den demografischen Wandel, der sowohl die Bevölkerung als auch die Ärzteschaft betrifft“, so Bauernfeind weiter. Schon jetzt sind laut Kassenärztlicher Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) mehr als 1100 Arztsitze im Land nicht besetzt, davon sind gut 960 Hausarztpraxen, vor allem im ländlichen Raum.
Bundesweite Unzufriedenheit mit Gesundheitswesen
„Junge Ärztinnen und Ärzte zieht es oft in Städte und Ballungsgebiete“, bestätigt Sozial- und Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne). Hier setze die so genannte Landarztquote an: Das Programm, bei dem jährlich 75 Medizin-Studienplätze vergeben werden, schaffe Anreize für Studierende, sich später auf dem Land niederzulassen. Lucha forderte den Bund kürzlich zudem auf, Anerkennungsverfahren für ausländische Ärzte zu beschleunigen, um dem zunehmenden Mangel an Arztpraxen zu begegnen.
Auch bundesweit nimmt die Unzufriedenheit mit dem Gesundheitswesen zu: Im vor wenigen Tagen veröffentlichten ersten „Gleichwertigkeitsbericht der Bundesregierung“ gaben 41 Prozent der Bürgerinnen und Bürger an, die Lage bei der medizinischen und pflegerischen Versorgung habe sich in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert. In dünn besiedelten Landstrichen nahmen sogar 47 Prozent der Menschen eine Verschlechterung wahr.