Erfolg der Linken – Frust beim BSW

Die Linke will ihre neue Stärke nutzen – im Parlament und auf der Straße

Die Linke wird kaum Teil einer neuen Regierung. Doch ihre Wiederauferstehung gibt ihr auch in der Opposition mehr Einfluss – denn die Bundesregierung wird in einer entscheidenden Frage auf sie angewiesen sein.

Er will die neue Stärke der Linken politisch umsetzen: Parteichef Jan van Aken.

© dpa/Christoph Soeder

Er will die neue Stärke der Linken politisch umsetzen: Parteichef Jan van Aken.

Von Norbert Wallet

So sehen Sieger aus. Als die beiden linken Parteivorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken zusammen mit der designierten Fraktionschefin Heidi Reichinnek am Montag vor die Hauptstadtpresse treten, haben sie nur Erfolgsmeldungen im Gepäck: 4,3 Millionen Stimmen hievten die so lange um den Wiedereinzug in den Bundestag fürchtende Linkspartei auf 8,77 Prozent. Zudem errangen die Linken gleich sechs Direktmandate, vier davon in Berlin, wo zum ersten Mal überhaupt auch der Sieg in zwei Westbezirken gelang. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen kommt die Linke auf 25 Prozent der Stimmen, bei den Erstwählern sogar auf 26 Prozent.

Die Linken werden also politisch wichtiger. Das zeigt sich auch bei einer zentralen Frage für jede kommende Bundesregierung: Die finanziellen Anforderungen werden Veränderungen an der Schuldenbremse wohl unumgänglich machen. Dazu bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit – und die ist nur zu haben, wenn die Linken oder die AfD mit ins Boot kämen. Da niemand mit den Rechtsaußen reden will, werden die Linken interessant.

Die Linke setzt auch auf den Druck der Straße

Für diese wiederum könnte das zum Problem werden. Eigentlich sind sie für die Aufhebung der Schuldenbremse – aber nicht als einen Weg, um die Aufrüstung der Bundeswehr zu finanzieren. Wie wird sich die Partei also verhalten? Man werde Zustimmung „an Bedingungen knüpfen“, kündigt Parteichef van Aken an, nämlich an „Investitionen in die soziale Infrastruktur“. „Wir werden sicher nicht für die Aufrüstung der Bundeswehr stimmen“, so van Aken.

Die Debatte zeigt, dass die Partei nun auch in der Opposition mehr Einfluss erhält. Van Aken will sich aber nicht auf die Arbeit im Parlament beschränken. Er gibt für die Linke das Ziel aus, „breite gesellschaftliche Mehrheiten zu schmieden“. Dann seien auch linke Positionen parlamentarisch durchsetzbar. Modell soll dabei die Einführung des Mindestlohns sein. Wie ein solches Vernetzen mit gesellschaftlichen Gruppen aussehen soll, erklärt Heidi Reichinnek. In den ersten hundert Tagen will die neue Fraktion Verbände und Betroffene zu einem Mietengipfel, später zu einem Kita-Gipfel einladen.

Sich mit gesellschaftlichen Strömungen zu verzahnen, dafür sieht man sich dank des Zulaufs an jungen Neumitgliedern gerüstet. Ines Schwerdtner kündigt an, die Neuen dafür zu schulen, „die Sozialberatung der Partei weiter auszubauen“. Schon im Wahlkampf hatte die Linke mit ihren Beratungen zu Mieterhöhungen und Nebenkostenabrechnungen Erfolg.

Zwei Stunden zuvor hatten auf demselben Podium noch Sahra Wagenknecht und Almira Mohamed Ali gesessen – doch die Szene ist eine völlig andere. Die beiden müssen erklären, warum es das BSW nicht in den Bundestag geschafft hat. Dass Wagenknecht überhaupt gekommen ist, ist ein Fingerzeig. Eigentlich hatte sie ihre politische Karriere an einen Einzug des BSW in das Parlament geknüpft. Davon will sie nun nichts mehr wissen. Dass am Ende nur 13 400 Stimmen gefehlt haben, wertet sie „als gutes Ergebnis für eine ganz neue Partei“. Es liege „über dem, was uns viele zugetraut haben“. Und so verkündet sie keinen Rücktritt, kontert auf Nachfrage: „Ich weiß, was Sie hören möchten, und genau das werde ich jetzt nicht sagen.“ Dass sie weitermacht, sagt sie freilich auch nicht. Aber es deutet doch vieles darauf hin.

BSW behält sich Anfechtung des Wahlergebnisses vor

Wagenknecht nennt Wegmarken, die der neuen Formation geschadet hätten: die Koalitionsverhandlungen im Osten zum Beispiel. Das BSW habe Erwartungen geweckt, die es nicht einlösen konnte. Die vorgezogenen Neuwahlen hätten die im Aufbau befindliche Partei unter organisatorischen Stress gesetzt. Und Wagenknecht bemängelt eine „negative mediale Kampagne“ und angeblich eine tendenziöse Anti-BSW-Strategie einiger Meinungsforschungsinstitute.

Ganz begraben will das BSW die Hoffnung auf den Einzug in den Bundestag aber noch nicht. Die Partei prüfe rechtliche Schritte, sagt Almira Mohamed Ali. Offenbar hätten viele Auslandsdeutsche keine Wahlunterlagen bekommen. Bei nur 13400 fehlenden Stimmen könne das wahlentscheidend gewesen sein – zumindest für das BSW. Eine Anfechtung steht also im Raum.

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Erstellt:
24. Februar 2025, 15:24 Uhr

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