Handelsexperte über Rabatte
Die Tricks beim Black Friday: Das müssen Kunden wissen
Der Black Friday am 29. November ist der Tag für Schnäppchenjäger – und den Online-Handel. Schon jetzt starten Amazon & Co. ihre Rabattaktionen. Wie die Kunden wirklich profitieren, erklärt der Handelsexperte Carsten Kortum.
Von Daniel Gräfe
Der Black Friday ist für den Handel der umsatzstärkste Tag im Jahr. Dazu kommen die Verkaufstage zuvor und danach – die so genannte Black Week. Doch profitieren die Kunden wirklich davon? Und was steckt hinter den Rabatten? Der Handelsexperte Carsten Kortum von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn spricht im Interview über das Vertrauen in gute Preise und die Tricks der Händler.
Herr Kortum, was war der größte Rabatt, den Sie je erhalten haben?
Ich glaube, es waren knapp 50 Prozent für einen Monitor. Dafür habe ich mich gezielt nach einem guten Angebot umgeschaut – es gibt ja nicht nur zum Black Friday Rabatte, sondern das ganze Jahr.
Und doch ist die Bedeutung des Black Friday inzwischen enorm.
Der Handelsverband erwartet allein an diesem Tag bundesweit einen Umsatz von 5,9 Milliarden Euro – drei Prozent mehr als im Vorjahr. Fast alles wird in den Nonfood-Warengruppen gemacht, also bei den Nicht-Lebensmitteln. Zur Einordnung: Im ersten Halbjahr lagen die Online-Erlöse bei den Nicht-Lebensmitteln bei 29 Milliarden Euro. Da will jeder mitmischen.
Aber wer profitiert am meisten?
Ganz klar der Online-Handel – 91 Prozent der Kunden planen am Black Friday ihre Käufe überwiegend im Internet. Weil viele reduzierte Markenartikel kaufen wollen, nutzen sie oft Suchmaschinen oder Preisvergleichsportale. Junge Käuferinnen und Käufer wiederum greifen vergleichsweise oft auf Angebote zu, die ihnen in den sozialen Netzwerken präsentiert werden.
Verlegen Kunden wegen der Black Week ihre Weihnachtseinkäufe vor?
Auf jeden Fall. Laut einer Umfrage des Online-Vergleichsportals Idealo planen 83 Prozent Elektronikprodukte zu kaufen, 76 Prozent Bekleidung, 74 Prozent Hobby und Freizeitbedarf. All das gehört zu den gängigsten Geschenkartikeln. Der Vorteil der Black Week ist, dass man auch beliebte Waren noch bekommt – und das zu einem guten Preis.
Warum faszinieren uns die Rabatte gerade in der Black Week so sehr?
Die gefühlte oder auch reale Ersparnis aktiviert das Belohnungszentrum im Gehirn. Die Kunden gehen davon aus, dass es in der Black Week auch die besten Angebote gibt, das vermittelt ihnen ein Gefühl der Sicherheit. Vertrauen in gute Preise ist wichtig beim Kauf.
Aber sind die Angebote dann tatsächlich so gut?
Die tatsächliche Ersparnis bleibt oft hinter den Erwartungen zurück. Eine Auswertung von Idealo ergab, dass die durchschnittlichen Preisnachlässe am Black Friday 2023 nur bei sechs Prozent lagen im Vergleich zu den zuletzt ausgezeichneten Preisen.
Wie kommt es dann zu den vermeintlich hohen Rabatten?
Viele Händler vergleichen gerade bei Markenartikeln nicht mehr mit den tatsächlichen Preisen zuvor, sondern mit der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP). Die UVP ist natürlich nur eine Preisempfehlung, die hoch angesetzt ist.
Eigentlich müssen Händler seit 2022 bei Werbung mit Rabatten den niedrigsten Preis der vergangenen 30 Tage als Referenzpreis angeben.
Was im Sinne von mehr Transparenz gut gemeint war, hat leider oft zum Gegenteil geführt. Weil es auf diese Weise auffiel, dass die Rabatte der Händler gar nicht so hoch waren, reden sie überhaupt nicht mehr von Rabatten. Sie sprechen jetzt von „Sonderpreisen“ ohne Preisgegenüberstellung oder geben als Vergleich einfach den UVP an. Ich habe mir gerade viele aktuelle Prospekte angeschaut – ich finde praktisch nur noch Preisvergleiche mit UVPs. Aber auch sonst werden extreme Rabatte wohl künftig geringer ausfallen.
Warum das?
Mit KI lässt sich aus den gesammelten Kundendaten immer mehr auch das individuelle Kaufverhalten herausfiltern. Deshalb wird es künftig digital immer mehr individuelle Rabatte geben, bei denen der Kunde gar nicht weiß, dass der Rabatt nur für ihn ist. Auch am Black Friday werden die Händler dann erst einmal testen, ob ein Kunde nicht schon ein Produkt für einen geringeren Rabatt kauft – online ist das leicht möglich.
Was würden Sie den Verbrauchern in solchen Fällen empfehlen?
Sich in der Familie oder mit Freunden austauschen, wie viel diese für ein Produkt zahlen müssen.
Wie wird sich der Black Friday noch entwickeln?
Die Zeit der großen Wachstumsraten auf einem allerdings sehr hohen Niveau ist vorerst vorbei. Neben der derzeit schlechten Konsumstimmung ist ein Grund auch die rasche Expansion der chinesischen Online-Plattformen Temu und Shein mit ihren Niedrigstpreisen. Manche Kunden fragen sich, warum sie noch einen Black Friday brauchen, wenn es dort andauernd hohe Rabatte gibt.
Was würden Sie stationären Händlern raten?
In der Black Week geht es nur um den Preis – die Stärken stationärer Händler wie der Service oder das Erlebnis vor Ort spielen keine Rolle. Sie können sich zumindest am Black Friday als preisgünstig präsentieren. Am besten wäre es aber, wenn sie auch einen großen Online-Shop hätten.
Gehen Sie selbst auf Schnäppchenjagd?
Dieses Mal werde ich in der Black Week Weihnachtsgeschenke für meine Kinder besorgen, zum Beispiel einen Marken-Kopfhörer für meine Tochter. Der ist nicht günstig, da schaut man, dass man ihn mit einem Rabatt bekommt.
Handelsexperte an der DHBW Heilbronn
ExperteCarsten Kortum wurde 1968 in Schiras/Iran geboren und arbeitete nach BWL-Studium und Promotion an der Uni Kiel in Führungspositionen im Handel. Seit 2013 lehrt er an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heilbronn. Sein Fokus ist der Nonfood-Handel.
Black FridayIn den USA wird der Freitag nach Thanksgiving (der vierte Donnerstag im November) „Black Friday“ genannt. Die vielen Menschen, die nach Thanksgiving an ihrem freien Tag in die Innenstädte strömten und die Einkaufsstraßen wie schwarz erscheinen ließen, könnten den Namen „Schwarzer Freitag“ geprägt haben. Mittlerweile hat sich der Black Friday weltweit zu einem der wichtigsten Verkaufstage im Einzelhandel entwickelt.