Wacken Open Air 2022

Die ultimative Typologie der Festival-Besucher

Für viele die ultimative Freakshow – für die anderen: endlich normale Leute. Beim Heavy-Metal-Festival im norddeutschen Wacken, das dieses Wochenende stattfindet, trifft sich einmal im Jahr ein kunterschwarzer Haufen Rockfans. Falls Sie zum ersten Mal selbst dorthin gehen: Grüße, bitte!

Mit  „Pommesgabel“ und bester Laune: das Wacken Open Air beginnt

© dpa

Mit „Pommesgabel“ und bester Laune: das Wacken Open Air beginnt

Von Michael Setzer

Wacken - Zurück aus der Corona-Pause: Das Wacken Open Air findet seit über 30 Jahren in der norddeutschen Gemeinde Wacken statt. Ursprünglich auf einem kleinen Acker gestartet, besuchen jährlich mittlerweile über 75 000 Heavy Metal Fans aus der ganzen Welt das Festival. Die Karten für das Happening sind meist schon vergriffen, bevor die Fans überhaupt wissen, welche Bands auftreten werden.  Das Wacken Open Air gilt als das weltweit größte Festival für Heavy Metal.

Doch was sind das für Besucher, die sich dort zum dröhnenden Stelldichein einfinden? Wir haben uns ein paar Gedanken gemacht und eine Typologie der Wacken-Besucher entworfen. Von infantilitätsgetriebenen Ballermännern über Dauercamper bis zu den Veteranen - Wacken bietet einfach für jeden etwas.

 

Die Ballermänner<br>Wenn die Hemmschwelle für grenzwertigen Humor bereits im Matsch liegt, setzt er filigran zum Limbo an. Ob lautstark vorgetragene Flachwitze, ins Deutsche übersetzte Metal-Poesie oder Accessoires wie überdimensionierte Umschnallbrüste, „Sumsen ist Buper“ T-Shirt, Frau Antje-Zöpfe, Wikinger-Helm, Hotpants oder aufblasbare Gitarre ...

© Illustration: Maike Hettinger

Die Ballermänner<br>Wenn die Hemmschwelle für grenzwertigen Humor bereits im Matsch liegt, setzt er filigran zum Limbo an. Ob lautstark vorgetragene Flachwitze, ins Deutsche übersetzte Metal-Poesie oder Accessoires wie überdimensionierte Umschnallbrüste, „Sumsen ist Buper“ T-Shirt, Frau Antje-Zöpfe, Wikinger-Helm, Hotpants oder aufblasbare Gitarre ...

Die Ballermänner<br>... Erlaubt ist, was sich auch noch mit drei Promille selbst erklärt. Hier gilt tatsächlich: Wacken und Karneval sind nur einmal im Jahr, da darf man nicht zimperlich sein. Die erschreckende Humorlosigkeit von Frauen erkennt man übrigens auch daran, dass die derartigen Unsinn nie machen.

© Illustration: Maike Hettinger

Die Ballermänner<br>... Erlaubt ist, was sich auch noch mit drei Promille selbst erklärt. Hier gilt tatsächlich: Wacken und Karneval sind nur einmal im Jahr, da darf man nicht zimperlich sein. Die erschreckende Humorlosigkeit von Frauen erkennt man übrigens auch daran, dass die derartigen Unsinn nie machen.

Die Dauercamper<br>Das Festival als Abschluss und Stresstest einer monatelangen Planungsphase. Meist in Gruppen von mindestens zwölf Leuten organisiert, wird da selbst der Zufall unter keinen Umständen dem Zufall überlassen: Notstrom, Außenmobiliar, Fahnenmast, Musik zur Morgen- und Nachtbeschallung, Dosenbier, ein Notfallplan für schlechtes Wetter und einer für ganz schlechtes Wetter – das alles ist kraft- und arbeitsintensiv ...

© Illustration: Maike Hettinger

Die Dauercamper<br>Das Festival als Abschluss und Stresstest einer monatelangen Planungsphase. Meist in Gruppen von mindestens zwölf Leuten organisiert, wird da selbst der Zufall unter keinen Umständen dem Zufall überlassen: Notstrom, Außenmobiliar, Fahnenmast, Musik zur Morgen- und Nachtbeschallung, Dosenbier, ein Notfallplan für schlechtes Wetter und einer für ganz schlechtes Wetter – das alles ist kraft- und arbeitsintensiv ...

Die Dauercamper<br>... Viele Dauercamper bleiben daher während des Festivals lieber in ihrer frisch errichteten Wohnwelt, als sich vor den Hauptbühnen die Beine in den Bauch zu stehen. Der Plan für das kommende Jahr: stabiles W-Lan-Netz und den 3Sat-Livestream vom Zeltplatz aus anschauen. Die zahlreichen Nationalflaggen an den Zelten zeigen vorwiegend an, in welcher Sprache man sich hier  Grundsätzliches wie „Prost“, „Geschlechtsverkehr“ oder „Jahresurlaub, Alter!“ beibringen lassen kann.

© Illustration: Maike Hettinger

Die Dauercamper<br>... Viele Dauercamper bleiben daher während des Festivals lieber in ihrer frisch errichteten Wohnwelt, als sich vor den Hauptbühnen die Beine in den Bauch zu stehen. Der Plan für das kommende Jahr: stabiles W-Lan-Netz und den 3Sat-Livestream vom Zeltplatz aus anschauen. Die zahlreichen Nationalflaggen an den Zelten zeigen vorwiegend an, in welcher Sprache man sich hier Grundsätzliches wie „Prost“, „Geschlechtsverkehr“ oder „Jahresurlaub, Alter!“ beibringen lassen kann.

Die IT-Crowd<br>Mitarbeiter größerer Firmen kennen das: anfallende Computer-Probleme sollten bis spätestens  zum Festivalstart behoben sein. Danach geht erst mal gar nichts. Da stehen die Chancen nämlich gut, dass die  IT-Techniker des Vertrauens bereits leicht einen sitzen haben und in Wacken bestens gelaunt ...

© Illustration: Maike Hettinger

Die IT-Crowd<br>Mitarbeiter größerer Firmen kennen das: anfallende Computer-Probleme sollten bis spätestens zum Festivalstart behoben sein. Danach geht erst mal gar nichts. Da stehen die Chancen nämlich gut, dass die IT-Techniker des Vertrauens bereits leicht einen sitzen haben und in Wacken bestens gelaunt ...

Die IT-Crowd<br>... aus dem Nähkästchen plaudern: „Hahaha … Und dann frag’ ich immer: Haben Sie auch die Kabel überprüft?“ Die Angst vor Cyberangriffen ist übrigens unbegründet: Die sagenumwobenen russischen Hacker sind voraussichtlich auch alle beim Festival, also: keine Panik.

© Illustration: Maike Hettinger

Die IT-Crowd<br>... aus dem Nähkästchen plaudern: „Hahaha … Und dann frag’ ich immer: Haben Sie auch die Kabel überprüft?“ Die Angst vor Cyberangriffen ist übrigens unbegründet: Die sagenumwobenen russischen Hacker sind voraussichtlich auch alle beim Festival, also: keine Panik.

Die Metalqueens<br>Sagen wir wie es ist: Ohne die weibliche Übersicht   würden viele Metaller nicht aus ihrer Testosteron-Hüpfburg zurückkehren – oder sich zumindest erhebliche Verletzungen beim Erklimmen von Fahnenmasten, Komfort-Grills oder Dixie-Toiletten zuziehen...

© Illustration: Maike Hettinger

Die Metalqueens<br>Sagen wir wie es ist: Ohne die weibliche Übersicht würden viele Metaller nicht aus ihrer Testosteron-Hüpfburg zurückkehren – oder sich zumindest erhebliche Verletzungen beim Erklimmen von Fahnenmasten, Komfort-Grills oder Dixie-Toiletten zuziehen...

Die Metalqueens<br>...Wer den Alphakerl ohne Ironie raushängen lässt, wird derweil fachfräuisch unters Camping-Mobiliar getrunken. Vorsicht: Frauen aus Regionen wie der Eifel können übrigens eine Bierflasche an einem Gänseblümchen öffnen.

© Illustration: Maike Hettinger

Die Metalqueens<br>...Wer den Alphakerl ohne Ironie raushängen lässt, wird derweil fachfräuisch unters Camping-Mobiliar getrunken. Vorsicht: Frauen aus Regionen wie der Eifel können übrigens eine Bierflasche an einem Gänseblümchen öffnen.

Die Schaulustigen<br> Zwei Kinofilme, unzählige TV-Dokus und -Features erweckten bei vielen Popfans den Eindruck, Wacken sei eine Mischung aus Parallelwelt, Freakshow und Pilgerstätte. Das ist natürlich gleichermaßen Quatsch wie auch vollkommen wahr. ...

© Illustration: Maike Hettinger

Die Schaulustigen<br> Zwei Kinofilme, unzählige TV-Dokus und -Features erweckten bei vielen Popfans den Eindruck, Wacken sei eine Mischung aus Parallelwelt, Freakshow und Pilgerstätte. Das ist natürlich gleichermaßen Quatsch wie auch vollkommen wahr. ...

Die Schaulustigen<br>... Mit Streichelzoo oder „Expeditionen ins Bierreich“ hat das hier dennoch  nichts zu tun. Verwirrend ist das besonders für kontaktfreudige Abenteuer-Touristen. Erste Erkenntnis: Wenn jemand „Slayöörrr“ ruft, Rettungsgasse bilden und bitte nicht gaffen!

© Illustration: Maike Hettinger

Die Schaulustigen<br>... Mit Streichelzoo oder „Expeditionen ins Bierreich“ hat das hier dennoch nichts zu tun. Verwirrend ist das besonders für kontaktfreudige Abenteuer-Touristen. Erste Erkenntnis: Wenn jemand „Slayöörrr“ ruft, Rettungsgasse bilden und bitte nicht gaffen!

Die Szenetypen<br>Einmal jährlich treffen sich hier unterschiedlichste Geschmacks-Lobbyisten und Interessengruppen. Doch was vordergründig als harmonische Familie verklärt wird, ist in Wahrheit nur ein bisschen weniger aufreibend als Weihnachten zu Hause: Wie in jeder anständigen Sippe wird hier leidenschaftlich über Themen gestritten, die sich Außenstehenden ...

© Illustration: Maike Hettinger

Die Szenetypen<br>Einmal jährlich treffen sich hier unterschiedlichste Geschmacks-Lobbyisten und Interessengruppen. Doch was vordergründig als harmonische Familie verklärt wird, ist in Wahrheit nur ein bisschen weniger aufreibend als Weihnachten zu Hause: Wie in jeder anständigen Sippe wird hier leidenschaftlich über Themen gestritten, die sich Außenstehenden ...

Die Szenetypen<br>... nicht ansatzweise erschließen: Unterschiede zwischen „Black Metal“, „Trve Black Metal“, „Norwegian Black Metal“, ob Opa am Laubbläser die vergleichsweise besseren Lieder schreibt oder ob ein leserlicher Bandschriftzug ein Zugeständnis an den Kommerz bedeutet. Etwaige Entscheidungen werden dennoch meist auf die Zeit nach dem Festival vertagt –  alles andere würde beim Biertrinken und beim Individualismus stören.

© Illustration: Maike Hettinger

Die Szenetypen<br>... nicht ansatzweise erschließen: Unterschiede zwischen „Black Metal“, „Trve Black Metal“, „Norwegian Black Metal“, ob Opa am Laubbläser die vergleichsweise besseren Lieder schreibt oder ob ein leserlicher Bandschriftzug ein Zugeständnis an den Kommerz bedeutet. Etwaige Entscheidungen werden dennoch meist auf die Zeit nach dem Festival vertagt – alles andere würde beim Biertrinken und beim Individualismus stören.

Die Veteranen<br>Das Festival findet seit 28 Jahren statt, und ein beachtlicher Teil der Gäste fährt bereits fast so lange dort hin – mittlerweile mit weniger Haaren als damals, dafür aber mit dem Sprössling im Schlepptau. Früher war natürlich trotzdem alles besser, weniger Rambazamba und Volksfest ...

© Illustration: Maike Hettinger

Die Veteranen<br>Das Festival findet seit 28 Jahren statt, und ein beachtlicher Teil der Gäste fährt bereits fast so lange dort hin – mittlerweile mit weniger Haaren als damals, dafür aber mit dem Sprössling im Schlepptau. Früher war natürlich trotzdem alles besser, weniger Rambazamba und Volksfest ...

Die Veteranen<br>... Die Veteranen werden auch in den kommenden Jahren nicht einsehen, was Bob Geldof oder „Metal Yoga“ plötzlich auf Wacken verloren haben. Ihnen Konservatismus zu unterstellen, wäre dennoch zu kurz gegriffen: Neuerungen, wie etwa die einen Kilometer lange Bier-Pipeline zum Festival  wurden durchaus wohlwollend zur Kenntnis genommen.

© Illustration: Maike Hettinger

Die Veteranen<br>... Die Veteranen werden auch in den kommenden Jahren nicht einsehen, was Bob Geldof oder „Metal Yoga“ plötzlich auf Wacken verloren haben. Ihnen Konservatismus zu unterstellen, wäre dennoch zu kurz gegriffen: Neuerungen, wie etwa die einen Kilometer lange Bier-Pipeline zum Festival wurden durchaus wohlwollend zur Kenntnis genommen.

Zum Artikel

Erstellt:
4. August 2022, 10:18 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen