Die Weihnachtswichtel sind los in Kirchberg
Seit einigen Jahren findet der skandinavische Brauch der Weihnachtswichtel immer mehr Anhänger. Mit ihren Scherzen und liebenswürdigen Aktionen verzaubern die Wichtel mittlerweile auch hierzulande zahlreiche Familien – zum Beispiel in Kirchberg an der Murr.
Von Simone Schneider-Seebeck
Kirchberg an der Murr. Was steht denn da für ein entzückendes Häuschen? Mit Efeu, Waldfrüchten und Moos ist es gedeckt und hübsch beleuchtet. Darin wohnt Wichtel Theobald, der im Advent gerne seinen Schabernack treibt. Schon seit drei Jahren gehört er jeweils für einen Monat im Jahr zur Familie Behrends. Auch wenn man ihn nicht sehen kann – sehr zum Bedauern der zwei sechs und acht Jahre alten Kinder –, merkt man seine Anwesenheit. „Die Kinder sind schon seit einem Monat ganz aufgeregt“, berichtet Mutter Jessica Behrends und lacht. Man merkt, dass auch sie sich freut, dass der kleine Hausbewohner auf Zeit sein Quartier bezogen hat.
Auf die Idee, einem Wichtel in der Vorweihnachtszeit ein Zuhause zu bieten, kam Jessica Behrends, als sie in einem Geschäft eine kleine Wichteltür sah, die ihr sehr gut gefiel. Damit ging es los. Mittlerweile ist ein richtiges kleines Wichteluniversum im Heim der Familie Behrends geschaffen worden. Und so bewegt die Kinder auch die Frage, ob es denn nicht an der Zeit sei, dem Wichtel eine Frau an die Seite zu geben.
„Für uns ist das eine Alternative zum Adventskalender – mit etwas mehr Aktion dabei“, sagt Jessica Behrends. „Das Schöne ist, dass die Kinder so auch in ihrer Fantasie abgeholt werden.“ Zum 1. Dezember schenkt Wichtel Theobald den Kindern ein Adventsbuch, aus dem jeden Tag bis zum 24. Dezember vorgelesen wird. Die Kinder schreiben und malen für ihren Wichtel, immer wieder stellt er auch Aufgaben und die ganze Familie versucht, diese zu erfüllen. Manchmal lässt er sich aber auch nicht blicken, denn „er muss dem Weihnachtsmann viel helfen und hat deshalb keine Zeit für Unfug“, so die plausible Erklärung.
Doch Theobald ist nicht der einzige Wichtel in Kirchberg. Da gibt es auch noch Oskar und Brella. Oskar besucht seit 2020 die Familie Frohnmayer. Bei Mutter Ursula war aufgrund von Corona Kurzarbeit angesagt und so hatte sie etwas Zeit in der Vorweihnachtszeit übrig. Im Internet stieß sie auf die Wichteltradition und dachte sich, das sei doch ein tolles Erlebnis für Kinder. Und so überrascht Oskar die beiden Töchter in diesem Jahr schon zum vierten Mal mit Schabernack und netten Ideen. Da wird die Milch bunt eingefärbt, das Klopapier wird zur Girlande. Zum Einzug Ende November, Anfang Dezember bekommen die Töchter ein kleines Geschenk. Und zu Nikolaus stellt er auch seine Stiefelchen vor die Tür.
Mit der Wichtelbegeisterung hat Ursula Frohnmayer auch noch andere angesteckt. Und so kam es, dass nicht weit entfernt eine Wichtelin eingezogen ist. „Ich glaube, mir macht es mit am meisten Spaß“, sagt Jeanette Fraundörfer und lacht. Lange hatte sie überlegt, ob es ein männlicher oder ein weiblicher Wichtel sein soll, der ihre kleine Tochter mit seinem Schabernack unterhält.
„Es ist eine hübsche und süße Idee, mit einem Wichtel die Adventszeit zu begleiten“, findet die kreative Mutter. Brella zieht kurz vor dem 1. Dezember bei der Familie Fraundörfer ein und bleibt über Weihnachten hinaus. „So kann man die Weihnachtsfreude noch etwas aufrechterhalten“, sagt Jeanette Fraundörfer. Schön findet sie, so ihre Kreativität auszuleben zu können. Überhaupt scheint dies wohl für alle Wichtelgastgeberfamilien zu gelten. Mamas, Papas und Großeltern beteiligen sich an den Aktionen mit viel Freude.
Nicht jeden Tag ist etwas los im Wichtelheim auf Zeit, manchmal sei die kleine Besucherin auch krank, sagt Jeanette Fraundörfer. Damit sie gut vorbereitet ist, hat sie sich eine Liste mit Ideen erstellt. Am Adventskalender wirkt Wichtelin Brella ebenfalls mit. Das sieht man dann auch daran, dass eine winzige Strickleiter am Adventskalender hängt. Manche ihrer Aktionen passen sogar zum Inhalt.
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Die Tochter freut sich jedes Mal, wenn sie über neue Streiche oder Aktionen der Wichtelin im Kindergarten berichten kann. Oft gibt es auch einen Brief von Brella. Da wird dann auch so manche Aktion erklärt. Etwa, wenn Bücher zum Vorlesen aufgebaut sind. Oder Teebeutel in den Schuhen stecken – ein dezenter Hinweis, diese doch einmal zu reinigen, weil sie müffeln.
Eingeladen wird der Wichtel zu Beginn der Adventszeit durch den Wichtelruf. Kurz darauf ist plötzlich eine Baustelle im Haus oder in der Wohnung und auf einmal steht das fertige Häuschen da. Die Anreise kann aber ganz unterschiedlich sein. So ist Brella im vergangenen Jahr per Heißluftballon in ihr Häuschen eingezogen.
Zu wichtigen Anlässen melden sich die Wichtel auch mal per Brief
Die Wichtel Dröm und Momo sind per Rentier zu Familie Lubrich gekommen. Kein Wunder, dass das Füttern des Rentiers oder auch mal das Entfernen der Rentierköttel (in dem Fall Schokodrops) zu den Aufgaben der beiden Söhne gehört.
Zunächst hatte es nur einen Wichtel gegeben, dann kam der zweite hinzu, berichtet Jana Lubrich. Die beiden leben in einem ausgesprochen niedlichen Doppelhaus. Viel hat die Mutter selbst gebastelt, eine große Kiste ist voll mit winzigem Zubehör – Miniwerkzeugen etwa oder kleinen Backzutaten. „Die Wichtel begleiten uns das ganze Jahr“, sagt sie. Bis sie wieder einziehen, melden sie sich per Brief zu besonderen Anlässen, etwa zur Einschulung des großen Sohns.
Wobei es wie auch bei anderen Bräuchen schon zu Fragen gekommen ist. „Mama, gibt es Wichtel wirklich?“, war eine davon. Jana Lubrich überlässt es der Fantasie ihrer Kinder, was sie glauben möchten. „Es sind oft die einfachsten Sachen, die die Kinder zum Staunen bringen“, hat sie festgestellt. Wenn die Kerzen auf dem Adventskranz sich morgens in Karotten verwandelt haben oder auf einmal Ostereier neben den Kugeln im Weihnachtsbaum hängen. Das Schöne: „Die Kinder freuen sich über Kleinigkeiten“, sagt Jana Lubrich. „Im Mittelpunkt steht nichts Materielles.“
Bei Familie Christmann ist 2022 Anton eingezogen. Bereits zuvor hatte Mutter Nicole viel gebastelt, mit ihren Kreationen ist sie auch auf einem Weihnachtsmarkt vertreten. Die meisten Materialien findet sie in der Natur. Und so sieht das Wichtelheim auch mehr aus wie ein knorriger Baumstamm als wie ein Häuschen. „Das hätte ich mir als Kind auch gewünscht“, verrät sie. Über Instagram (siehe QR-Code) lässt sie auch andere an den Streichen von Wichtel Anton teilhaben. Er habe schon eine richtige Fangemeinde, sagt sie und lacht. Der Besuch des Wichtels bringe einen ganz besonderen Zauber in der Adventszeit, findet Nicole Christmann: „Es ist total magisch.“
Da wird die Milch bunteingefärbt, das Klopapier
wird zur Girlande.