Die Zecken wollen wieder stechen

Der Rems-Murr-Kreis ist Risikogebiet für Borreliose-Bakterien und FSME-Viren, die von Zecken übertragen werden. In den vergangenen Jahren gab es immer mehr Betroffene einer Borreliose. Um eine Erkrankung zu vermeiden, hilft es, die richtige Kleidung zu tragen und den Körper abzusuchen. Gegen FSME gibt es eine geeignete Schutzimpfung.

Zecken hängen sich an Wirbeltiere, um ihr Blut zu saugen. Foto: pixabay / E. Karits

Zecken hängen sich an Wirbeltiere, um ihr Blut zu saugen. Foto: pixabay / E. Karits

Von Anja La Roche

Rems-Murr. „Die Leute kommen immer dann, wenn sie die erste Zecke auf sich sitzen haben“, tadelt die Backnanger Hausärztin Gerda Dahl-Meinhold. Dabei gibt es Methoden, die vor den Tierchen und ihren übertragbaren Krankheiten schützen. Gerade jetzt, da die Temperaturen steigen, wird das Thema Zeckenschutz wieder akut. Die Menschen treibt es raus in die Natur, wo die Zecken im Gras und Gehölz lauern. Dabei können sie ein ernstes Risiko für die Gesundheit darstellen und Lyme-Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen.

Der Rems-Murr-Kreis gilt als Risikogebiet für FSME-Erkrankungen, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilt. Und auch die Behandlung von an Borreliose erkrankten Menschen hat hierzulande stetig zugenommen: Zwischen 2016 und 2020 ist die Anzahl der Betroffenen durchschnittlich um 3,8 Prozentpunkte pro Jahr gestiegen. Das ergeben Auswertungen der Krankenkasse AOK Ludwigsburg/Rems-Murr. Die positive Nachricht dabei ist: Gegen FSME gibt es eine Schutzimpfung und auch Borreliose lässt sich behandeln oder durch aufmerksames Handeln verhindern.

Bei einer Borreliose gibt eskeinen typischen Krankheitsverlauf

Lyme-Borreliose ist eine Krankheit, welche durch eine Infektion mit Borrelien-Bakterien verursacht wird. Sie kann verschiedene Organsysteme betreffen, insbesondere die Haut, das Nervensystem und die Gelenke. Bei Untersuchungen aus Deutschland und der Schweiz wurde nach einem Zeckenstich bei 2,6 bis 5,6 Prozent der Betroffenen eine Borrelien-Infektion durch Antikörper im Blut nachgewiesen, teilt die AOK mit. Von den Infizierten würden allerdings nur etwa 0,3 bis 1,4 Prozent Krankheitssymptome aufweisen.

Doch diese können es in sich haben. Einen besonders schweren Krankheitsverlauf hat Ingeborg Schmierer durchgemacht. Die in Winnenden wohnhafte Frau hat sich vermutlich im Alter von 16 Jahren eine Borreliose eingefangen. Die Krankheit, die bis heute schwer zu diagnostizieren ist, blieb bei ihr 36 Jahre lang unentdeckt. Jahrzehntelang wurde sie falschen ärztlichen Behandlungen unterzogen und litt an brennenden Nervenschmerzen, die Symptome einer Neuro-Borreliose. „Die Ärzte haben mir gesagt, dass ich das nicht überleben werde“, erzählt die heute 82-Jährige, die es schließlich doch schaffte. An den schweren Organschäden leidet sie bis heute. 20 Jahre lang leitete Ingeborg Schmierer in Winnenden eine Selbsthilfegruppe für Borreliose-Patienten und kämpfte für mehr Aufmerksamkeit für die Krankheit, die eben, wenn sie entdeckt wird, mit Antibiotika therapiert werden kann.

Einen typischen Verlauf einer Borreliose-Erkrankung gibt es nicht. Am häufigsten tritt die sogenannte Wanderröte auf, eine ringförmige Hautrötung, welche einige Tage bis Wochen nach dem Zeckenstich erscheint. Ob diese Rötung auftaucht oder nicht – in jedem Fall ist es wichtig, den Arzt aufzusuchen, wenn innerhalb von sechs Wochen nach dem Zeckenstich grippeähnliche Beschwerden auftreten.

Betroffene sollten auch eine bereits vollgesaugte Zecke schnell entfernen

Eine Impfung, die vor einer Infektion durch Borreliose-Bakterien schützt, gibt es bislang noch nicht. Deswegen ist es besonders wichtig, den Körper auf Zecken abzusuchen und schützende Kleidung zu tragen (siehe Infokasten). Entdeckt man den kleinen Parasiten, kann man ihn – noch bevor er die geeignete Stelle zum Blutsaugen gefunden hat – entfernen. Doch selbst wenn die Zecke bereits zugestochen hat, ist das Übertragungsrisiko gering, wenn sie erst weniger als zwölf Stunden am Saugen ist. Eine schnelle Entfernung der Zecke ist daher von großer Bedeutung, um nicht an einer Borreliose zu erkranken.

Die Möglichkeiten sich zu schützen sind da beim FSME-Virus erheblich besser. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die FSME-Impfung allen Personen, die sich viel in der Natur innerhalb von Risikogebieten aufhalten. Sie ist der sicherste Schutz vor der Krankheit. Laut Angaben des RKI tragen in den Risikogebieten im Mittel bis zu fünf Prozent der Zecken FSME-Viren in sich. Diese können zu Entzündungen der Hirnhaut, des Gehirns und des Rückenmarks führen.

Eine FSME-Impfung ist auch jetzt noch sinnvoll, obwohl mit dem Frühling die Risikophase bereits begonnen hat. Mit einem Schnellimpfsystem kann man in nur einem Monat den vollen Schutz erhalten, berichtet die Backnanger Hausärztin Gerda Dahl-Meinhold. Dabei werden drei Impfungen verabreicht. Nachteile gegenüber dem konventionellen Impfsystem gebe es bei der schnellen Variante keine, so die Ärztin. Es gebe zwar Nebenwirkungen – wie eben bei allen Impfungen –, doch schützt sie vor einer Erkrankung, die tödlich enden kann. „Da kann man als Arzt nur daneben stehen und hoffen, dass es besser wird“, so Dahl-Meinhold zum potenziellen Verlauf der Krankheit. Eine geeignete Therapie gebe es nicht. Auch Kinder können gegen FSME geimpft werden. Ein- bis Elfjährige erhalten einen separaten Kinderimpfstoff.

Eine Übertragung verhindern

Kleidung Die richtige Kleidung hält Zecken vom Körper fern. Dazu gehören geschlossene Schuhe, Strümpfe und lange Hosen.

Absuchen Nachdem man draußen unterwegs war, sollte man den Körper sorgfältig nach Zecken absuchen, besonders auch bei Kindern. Die Parasiten bevorzugen Stichstellen wie den Haaransatz, Ohren, Hals, Achseln, Ellenbeuge, Bauchnabel, Genitalbereich und Kniekehlen.

Entfernen Hat man eine Zecke gefunden, sollte man sie so schnell wie möglich mit einer Zeckenpinzette oder eine Zeckenkarte entfernen. Dabei sollte man das Tierchen nicht drehen und auf keinen Fall vor dem Entfernen mit Öl oder Klebstoff beträufeln. Dies erhöht die Gefahr, dass die Zecke Krankheitserreger abgibt. Nach dem Entfernen sollte die Wunde desinfiziert werden.

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Erstellt:
8. April 2022, 11:00 Uhr

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