Vorwürfe gegen Marius Borg Høiby

„Diese Geschichte wird Mette-Marit und Haakon immer begleiten“

Marius Borg Høiby sitzt in U-Haft, die Vorwürfe gegen ihn sind gravierend. Für das norwegische Kronprinzenpaar ist der Fall eine Belastungsprobe.

Marius Borg Høiby (Mitte) mit seiner Mutter Kronprinzessin Mette-Marit und seinem Stiefvater Kronprinz Haakon (Archivbild aus dem Jahr 2016).

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Marius Borg Høiby (Mitte) mit seiner Mutter Kronprinzessin Mette-Marit und seinem Stiefvater Kronprinz Haakon (Archivbild aus dem Jahr 2016).

Von Theresa Schäfer/dpa/AFP

Anne-Lene Åvangen Hødnebø war offenbar unbeeindruckt von ihrem Gegenüber. Bis Mittwoch, entschied die Osloer Amtsrichterin, muss Marius Borg Høiby in Untersuchungshaft bleiben. Dass der junge Mann der Sohn der norwegischen Kronprinzessin ist – geschenkt.

Gegen den 27-Jährigen liegen schwerwiegende Anschuldigen vor – darunter zwei mutmaßliche Sexualdelikte. Sollte Høiby angeklagt und verurteilt werden, drohen ihm mehrere Jahre Haft. Der Sohn von Kronprinzessin Mette-Marit, der Frau des norwegischen Thronfolgers Kronprinz Haakon, bestreitet die Vorwürfe. Eingeräumt hat er aber, dass er in einer Nacht im vergangenen August gegenüber seiner Freundin handgreiflich geworden sei – unter Alkohol- und Kokaineinfluss. Er habe schon länger mit psychischen Problemen und Drogenmissbrauch zu kämpfen.

Marius Borg Høiby gehört zur Familie – aber nicht zum Königshaus

Die norwegische Königsfamilie zeigt sich von den neuerlichen Vorwürfen nun tief erschüttert – sie steckt dadurch aber auch in einem kommunikativen Dilemma. Denn Marius gehört als Mette-Marits Sohn aus einer früheren Beziehung natürlich zur Familie, aber nicht zum Königshaus: Er trägt keinen Prinzentitel, taucht in keiner Thronfolge auf. Der Palast hält sich mit offiziellen Stellungnahmen deshalb zurück und verweist an Borg Høibys Anwalt – schließlich handelt es sich streng genommen nicht um eine Angelegenheit des Königshauses.

Ignorieren kann die Königsfamilie die ganze Sache aber auch nicht. Kronprinz Haakon hat sich augenscheinlich für eine Strategie der zurückhaltenden Transparenz entschieden: Die Vorwürfe seien schwerwiegend, sagte er am Mittwoch dem Sender NRK in Jamaika, wo der 51-Jährige für die Vereinten Nationen unterwegs war. „Wir denken natürlich an alle Betroffenen.“ Die Polizei müsse ihre Arbeit tun: „Ich vertraue darauf, dass sie das auf gute Weise tun werden.“ Als Familie hätten sie sich immer darum bemüht, „dass Marius Hilfe bekommt.“ Lange hätten sie sich dafür eingesetzt, dass er an einen Ort komme, wo er mehr Hilfe, Rehabilitation und Behandlung erhalte. Dies müsse nun innerhalb des Rahmens geschehen, den der Rechtsapparat setze. Durch seinen Anwalt hatte Høiby vor seiner U-Haft mitteilen lassen, er werde sich professionelle Hilfe holen.

Auch eine persönliche Bemerkung erlaubte sich die Kronprinz: „Ich wäre heute gerne zu Hause bei Mette. Ich vermisse sie.“ Die Kronprinzessin kann ihren Ehemann nicht auf jeder Reise begleiten. Sie leidet an der unheilbaren Krankheit Lungenfibrose.

Haakon und Mette-Marit kultivierten ihre Patchwork-Familie

Als Vierjähriger war Marius mit dabei, als seine Mutter Mette-Marit, frischverheiratet mit Kronprinz Haakon, am 25. August 2001 vom Balkon des Schlosses in Oslo winkte. König Harald V. und Königin Sonja integrierten Mette-Marits Sohn aus einer früheren Beziehung mit dem Osloer Geschäftsmann Morten Borg. Haakon und Mette-Marit präsentierten sich ganz selbstverständlich als Patchworkfamilie: Mama, (Stief-)Papa, drei niedliche Kinder – Marius, Prinzessin Ingrid Alexandra, Prinz Sverre Magnus. Zwei Labradoodles machten die Idylle in der Residenz Skaugum, dem Wohnsitz der Familie, komplett.

Seit ein paar Jahren sieht man Marius am Nationalfeiertag oder zu Weihnachten nicht mehr auf offiziellen Fotos, die Medien bat er, seine Privatsphäre zu respektieren. Einfach dürfte seine Rolle für einen Heranwachsenden nicht gewesen sein. Immer dabei, Sohn, Bruder, Stiefsohn – aber nicht Teil der offiziellen Königsfamilie. Was der 27-Jährige beruflich macht, darüber gibt es vom Palast wenige Informationen. Laut Medienberichten arbeitet er als Motorradmechaniker, nachdem er einen Job bei einem Londoner Lifestyle-Magazin an den Nagel gehängt hatte.

Anfang August war Marius Borg Høiby erstmals festgenommen und am Tag darauf wieder freigelassen worden. In einer schriftlichen Stellungnahme räumte er damals ein, unter Alkohol- und Kokaineinfluss gegenüber seiner damaligen Freundin gewalttätig geworden zu sein und Dinge in ihrer Wohnung zerstört zu haben.

Seitdem gibt es immer mehr Anschuldigungen gegen den 27-Jährigen – unter anderem steht auch im Raum, dass er frühere Partnerinnen misshandelt habe. Unter anderem wird auch wegen des mutmaßlichen Verstoßes gegen den Paragrafen 291 ermittelt. Darin sind in Norwegen Vergewaltigungsvergehen geregelt. Die Polizei teilte mit, es handele sich um den Vorwurf eines „sexuellen Kontakts ohne Einwilligung der Frau“. Diese sei „nicht in der Lage gewesen, sich dem Akt zu widersetzen“.

In ihren Ermittlungen stützt sich die Polizei laut Medienberichten auch auf Videomaterial, das auf Høibys Handy gefunden wurde. Die betroffenen Frauen kooperieren mit den Ermittlern. Høibys Verteidiger sagte, die Aufnahmen zeigten keine strafbaren Handlungen. Er sprach von „katastrophalen Fehleinschätzungen“.

Norwegens Monarchie ist beschädigt

Tove Taalesen, die bis 2018 für das Königshaus arbeitete, schrieb in der Online-Zeitung Nettavisen, Høibys Fall stelle den Palast vor eine „einzigartige, absurde Situation“. Die Monarchie werde auf jeden Fall beschädigt – auch wenn Høiby ihr offiziell gar nicht angehört.

Vergleichbares habe es in der Geschichte des norwegischen Königshauses noch nicht gegeben. Die norwegische Monarchie ist noch recht jung: Bis 1905 saß der schwedische König in Personalunion auch auf dem norwegischen Thron. Harald V. ist erst der dritte „echt norwegische“ König. Große Skandale hatte das Königshaus noch nicht. So porentief rein war Haralds Familie, dass schon Mette-Marits wilde Partyvergangenheit einst als Problem wahrgenommen wurde, für das die junge Frau Abbitte leisten musste, bevor sie den Kronprinz heiraten konnte.

Haakon und Mette-Marit, glaubt Taalesen, werden es schwer haben, diesen Skandal hinter sich zu lassen – auch wenn sie irgendwann König und Königin von Norwegen sind. „Diese Geschichte wird sie immer begleiten.“

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Erstellt:
25. November 2024, 12:42 Uhr
Aktualisiert:
25. November 2024, 13:03 Uhr

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