Neuer Grünen-Parteivorstand

Dieses Duo soll es richten

Die Grünen haben Franziska Brantner und Felix Banaszak zu ihren neuen Parteivorsitzenden gewählt. Das Duo soll die Partei aus der Ampelkrise führen.

Franziska Brantner und Felix Banaszak sind die neuen Parteivorsitzenden der Grünen.

© AFP/DANIEL ROLAND

Franziska Brantner und Felix Banaszak sind die neuen Parteivorsitzenden der Grünen.

Von Rebekka Wiese

Felix Banaszak ist gerade erst ans Mikrofon getreten, da gibt es schon den ersten Applaus. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete ist eben vor seine Partei getreten, um sich mit einer Rede um den Vorsitz zu bewerben. „Herzlich willkommen“, sagt Banaszak schließlich, als es ruhig geworden ist. „Herzlich willkommen in einer neuen Zeit.“ Es ist Samstagmittag auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in Wiesbaden. Es ist ein Treffen, bei dem sich die Partei neu aufstellt – und bei dem wohl viele auf eine neue Zeit hoffen.

Am Samstag haben die Grünen auf ihrem Parteitag einen neuen Bundesvorstand gewählt. Als Vorsitzende werden künftig die Bundestagsabgeordneten Felix Banaszak und Franziska Brantner die Partei führen. Das laute Klatschen bei Banaszak ließ ahnen, dass es für ihn viel Zustimmung in der geben würde – und er kam tatsächlich auf ein starkes Ergebnis: 92,9 Prozent der Stimmen gewählt, das ist bei den Grünen ungewöhnlich hoch. Brantner wurde mit 78,2 Prozent gewählt – auch das ein besseres Ergebnis, als zuvor erwartet worden war. Vielen Grünen war bewusst, dass von diesem Parteitag auch ein öffentliches Zeichen ausgehen würde. Mit der Wahl ihrer Vorsitzenden haben sie deutlich gemacht: Sie setzen jetzt auf Geschlossenheit.

Plötzlich Bundestagswahl

Das Treffen in Wiesbaden ist ein besonderes für die Grünen. Vor einigen Wochen hätte man noch glauben können, dass es ein Moment der Selbstreflexion werden würde, dass es um die Krise der Ampelregierung und ihre eigene Rolle dabei gehen würde. Doch nun gibt es die Koalition nicht mehr – und alles ist anders. Nun geht es für die Partei darum, sich für Neuwahlen aufzustellen. Es zwar ohnehin geplant gewesen, Robert Habeck zum offiziellen Kanzlerkandidaten der Partei zu küren. Doch die Bundestagswahl, zu der er antritt, findet nun plötzlich schon viel eher statt. Es bleiben noch vier Monate.

Habecks Aufstellung ist aber erst für Sonntag geplant. Am Samstag stand zunächst die Wahl eines neuen Bundesvorstands an. Der vorherige war Ende September geschlossen zurückgetreten, nachdem die Grünen eine ganze Reihe an Wahlniederlagen hinter sich hatten. Die nun gewählten Parteivorsitzenden Brantner und Banaszak starten nun gleich in den Wahlkampf. Brantner stammt aus dem Realo-Lager, Banaszak ist Parteilinker.

Sie kommt aus Baden-Württemberg, er aus Nordrhein-Westfalen. Beide Länder werden von Koalitionen aus CDU und Grünen regiert – und zwar weitestgehend geräuschlos. Banaszak ist ehemaliger Landesvorsitzender der Grünen in Nordrhein-Westfalen, er hat das Schwarz-Grüne Regierungsbündnis zu seiner Zeit mitverhandelt. Das hat ihm auch als Parteilinker bei den Realos viel Vertrauen eingebracht.

Angst und Zuversicht

In seiner Rede versuchte er vor allem, seine Partei emotional abzuholen und zitierte dabei Rio Reiser: „Wir haben nichts zu verlieren außer unserer Angst.“ Banaszak sprach über seine eigene Angst – und darüber, was man ihr entgegensetzen könne: „Angst begegnet man mit der ehrlichen und der gemeinsamen Suche nach Zuversicht. Seien wir in dieser Zeit eine Kraft der Zuversicht!“ Er traf damit offenbar einen Ton, der viele in der Partei gerade anspricht.

Auch Brantner dürfte mit ihrem Ergebnis zufrieden sein. Gegen sie hatte es gerade unter Parteilinken zunächst Vorbehalte gegeben. Brantner gilt als Vertraute von Habeck, sie war bisher Parlamentarische Staatssekretärin in seinem Ministerium. Einigen Linken war das etwas viel Habeck in der Parteizentrale. Deshalb es schließlich einen Kompromiss: Zentrale Positionen in der Bundesgeschäftsstelle wurden mit Parteilinken besetzt – zum Beispiel mit dem Bundestagsabgeordneten und Fraktionsvize Andreas Audretsch, der nun Wahlkampfmanager wird.

Soziale Gerechtigkeit

In ihrer Rede versuchte Brantner zudem, einige Akzente zu setzen, die auch Parteilinken gefallen dürften. Sie sprach zum Beispiel über soziale Gerechtigkeit, führte sie mit Klimaschutz zusammen. „Es gibt nicht hier die Klimafrage und dort die soziale Frage“, betonte Brantner. „Das ist eines.“ Auch dafür gab es Applaus.

Ihre Wahlergebnisse dürften Banaszak und Brantner jetzt als Rückenwind aus der Partei begreifen. Sie werden ihn in den kommenden Wochen brauchen. Bei der Bundestagswahl dürfte es sehr viel schwieriger werden.

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Erstellt:
16. November 2024, 15:28 Uhr

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