Studie der Universität Tübingen

Dieses Riesenkrokodil fraß vor 83 Millionen Jahren sogar Dinosaurier

Die Fähigkeit im Salzwasser zu überleben, machte es dem ausgestorbenen Riesenkrokodil Deinosuchus möglich, sich in ganz Nordamerika auszubreiten. Das haben Forscher unter Leitung der Biogeologie der Universität Tübingen jetzt herausgefunden.

Spätkreidezeitliche Begegnung in den südwestlichen Küstensümpfen der Western Interior Seaway: Links Deinosuchus riograndensis, rechts ein früher Alligatoroide

© Márton Szabó/Universität Tübingen

Spätkreidezeitliche Begegnung in den südwestlichen Küstensümpfen der Western Interior Seaway: Links Deinosuchus riograndensis, rechts ein früher Alligatoroide

Von Markus Brauer

Das ausgestorbene Riesenkrokodil Deinosuchus war eines der erfolgreichsten Raubtiere in den Feucht- und Küstengebieten Nordamerikas und stellte selbst für große Dinosaurier eine Gefahr dar.

Das schreckliche Krokodil

Der Schlüssel zum Erfolg des „schrecklichen Krokodils“, wie der wissenschaftliche Name des Raubtiers übersetzt heißt, war seine Salzwasser-Toleranz und seine enorme Größe, die durch die hohe Produktivität der Küstenökosysteme begünstigt wurde.

Das haben Forscher unter der Leitung von Márton Rabi aus der Biogeologie der Universität Tübingen in einer detaillierten Abstammungsstudie herausgefunden. Mit dieser Erkenntnis lässt sich das Rätsel lösen, wie Deinosuchus in der Kreidezeit vor 82 bis 75 Millionen Jahren zu einem der erfolgreichsten und größten Raubtiere Nordamerikas werden konnte.

Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Communications Biology“ veröffentlicht.

.@NYITCOMAR Paleobiologist Adam Cossette offers key insights into the revised phylogenetic placement of mega-reptiles #Deinosuchushttps://t.co/00Kovi1QOg — NYITCOMResearch (@NYITCOMResearch) April 25, 2025

Verwandet von T-rex gehörten zur Beute der Urzeit-Krokodile

Die Arten der Gattung Deinosuchus gehörten zu den größten jemals lebenden Krokodilen. Sie waren weit verbreitet in den Feucht- und Küstengebieten des Westatlantiks und auf beiden Seiten des ausgedehnten Flachmeers, das in der mittleren und späten Kreidezeit den nordamerikanischen Kontinent von Norden nach Süden durchzog.

Dieser frühere Meeresarm wird auch als Western Interior Seaway bezeichnet. Die Existenz der Deinosuchus-Krokodile wurde mehr als zehn Millionen Jahre vor dem Erscheinen des Tyrannosaurus rex nachgewiesen.

„Dass die Deinosuchus-Krokodile Dinosaurier erbeuteten, hat man in der Vergangenheit unter anderem aus entsprechenden Bissspuren auf Knochen von frühen Verwandten des T-rex geschlossen“, berichtet Márton Rabi.

Salzwasser-Toleranz als entscheidender Vorteil

Bisher galten die Deinosuchus-Krokodile als mit den Süßwasser-Alligatoren und den Kaimanen verwandt. Wie sie sich trotz des Hindernisses, das der Western Interior Seaway darstellte, in Nordamerika weit verbreiten konnten, war unklar. Da der kreidezeitliche Meeresarm bereits vor den ersten Deinosuchus-Fossilien existierte, sei es unwahrscheinlich, dass die Populationen später getrennt wurden, erklärt Rabi.

Um die Abstammung von Deinosuchus genauer zu bestimmen, erstellten die Forscher einen umfassenden Familienstammbaum von Krokodilarten. Dafür erhoben sie umfangreiche Daten von einer ganzen Reihe von bisher nicht detailliert untersuchten Schädeln und Skeletten ausgestorbener Arten und ließen auch genetische Informationen heute noch lebender Krokodilarten einfließen.

„Unsere Analyse ergab sehr deutlich, dass die Deinosuchus-Arten nicht näher mit den Alligatoren und Kaimanen verwandt waren und auch nicht mit irgendeiner heute noch lebenden Krokodilart“, erläutert Jules D. Walter, Erstautor der Studie. Die Deinosuchus-Krokodile entstammten einer Seitenlinie, die vom Hauptast des Familienbaums abzweigte, der zu den heute lebenden Arten wie den Echten Krokodilen, Alligatoren, Kaimanen und Gavialen weiterführte.

Aussterben zum Ende der Kreidezeit

„Mit der neuen Zuordnung im Familienstammbaum nehmen wir nun an, dass in der Gattung die Salzwassertoleranz der Vorfahren erhalten blieb“, betont Walter. „Zwar lebten Deinosuchus-Krokodile nicht dauerhaft im Meer, sie könnten aber den Western Interior Seaway überquert und sich ausgebreitet haben.“

Zum Ende der Kreidezeit fiel der Meeresspiegel, der den nordamerikanischen Kontinent überspannende Meeresarm zog sich zurück. Aus dieser Zeit gebe es keine Fossilien von Deinosuchus mehr, möglicherweise seien die Arten damals mit dem Verlust der großen Feuchtgebiete ausgestorben.

Riesenkrokodil war auf fruchtbaren Lebensraum angewiesen

Die Forscher nahmen auch eine neue Abschätzung der Körperlänge von Deinosuchus riograndensis vor, die bisher zwischen acht und zwölf Metern lag. „Wir kommen auf bescheidenere Maße von etwa 7,7 Metern Gesamtlänge aber es gibt Hinweise auf unvollständig erhaltene größere Individuen“, berichtet Walter.

„Wir haben kein vollständiges Skelett. Der Deinosuchus-Schädel hat eine vergleichsweise lange Schnauze, was unserer Meinung nach bisher zu einer übertriebenen Schätzung geführt hatte.“

In ihrer Analyse stellten die Forscher fest, dass sich Arten von Riesenkrokodilen in den vergangenen 120 Millionen Jahren mindestens zwölf Mal unabhängig voneinander in der Evolution entwickelten. „Rund sieben Meter lange Individuen lebender Krokodilarten, die beinahe die Schätzgröße für Deinosuchus riograndensis erreichten, gab es nicht nur in prähistorischen Zeiten, sondern mindestens bis ins 19. Jahrhundert“, erläutert Rabi.

Die Giganten seien immer entstanden, wenn der Lebensraum dies hergab. Es brauchte ausgedehnte, hochproduktive Feuchtgebiete oder Meeresökosysteme, um ausreichend große Beutetiere hervorzubringen. „Die einzigen Gründe dafür, dass es möglicherweise keine lebenden, wirklich riesigen Krokodile mehr gibt, sind Überjagung und Lebensraumzerstörung“, sagt Rabi.

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Erstellt:
25. April 2025, 16:06 Uhr

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