Nena-Konzert in Ludwigsburg

Drei Akkorde, und alles ist gut

Nena begeistert in Ludwigsburg ihre Fans als Rocklady, die auch Ballade kann, und mit Songs, die sich schon vor Jahrzehnten ins kollektive Gedächtnis brannten.

Nenas Stimme klingt wie eh und je.

© Simon Granville/Simon Granville

Nenas Stimme klingt wie eh und je.

Von Frank Armbruster

Es ist kurz nach 22 Uhr, dann ist es endlich soweit. Ein großer weißer Luftballon wird auf die Bühne gebracht, auf den Nena mit Filzstift ein paar Zeichen kritzelt und ihn dann Richtung Publikum schubst, wo er zu den Klängen von Nenas Megahit von unzähligen Händen immer wieder in die Luft gestupst wird. „99 Luftballons“, die Friedenshymne aus der letzten Phase des Kalten Krieges war 1983 in vier Ländern Nummer Eins in den Charts, in den USA erreichte die englische Version, sensationell für eine deutsche Sängerin, Platz 2 der Hitliste.

Schwarzes Leder

Ein gefälliger Popsong, der von Nenas Band in der knallvollen Ludwigsburger MHP-Arena nun als robuste Hardrocknummer gespielt wird. Schon immer hat sich Nena ja als Rocklady verstanden, anders als die meisten anderen Protagonisten jener Neuen Deutschen Welle, die auch Nena in den 80er-Jahren nach oben gespült hat. Und das zeigt die wie üblich in schwarzes Leder Gekleidete an diesem Abend. In „Noch einmal“ etwa, wo sie sich eine schrille, neonbeleuchtete E-Gitarre umgehängt hat und von der oberen Ebene der zweigeschossigen Bühne dem Headbanging zuschaut, das ihre Mitmusiker da einen Stock tiefer veranstalten.

Harte Jungs sind darunter, wie der Zottel mit Hut und Muskelshirt an der Leadgitarre, der sich gern in Heavy Metal-Posen wirft. Oder der taffe Bassmann, der auch mal zu einem Solo nach vorn an den Bühnenrand kommen darf. Mit neun Musikern einschließlich zweier Backgroundsängerinnen und zwei Keyboardern – einer davon Nenas jüngster Sohn Simeon – ist die Band eigentlich fast überdimensioniert für die meist schlichte Faktur ihrer Songs: „Kauft euch ne Gitarre, lernt drei Akkorde und alles ist gut“ ruft sie einmal ins Publikum, und so hat sie es auch selber meist gehalten.

Cooler Konter

Allerdings gibt es auch einige komplexere Lieder, wie „In meinem Leben“ aus der Abteilung sanfte Ballade. Dazu wird die Hinterbühne mit einem Vorhang abgehängt. Nena, deren Stimme sich in den Jahren kaum verändert hat, nimmt auf einem Hocker Platz und wird nur von einem Pianisten begleitet. Das ist dann auch ein bisschen Erholung von dem ansonsten ziemlich brachialen Sound mit Bässen, die zuweilen wie Fußtritte in die Magengrube fahren, aber die Stimmung ist gut, und für Party ist man ja auch gekommen. „Nena, ich liebe dich, ich will ein Kind von dir“ ruft einmal ein Fan aus den hinteren Reihen. Sie habe schon fünf Kinder und auch schon Enkel, kontert sie cool.

Drei Songs sind es, die sich ins kollektive Musikgedächtnis eingebrannt haben, und die hat sie dramaturgisch gut über den Abend verteilt. „Nur geträumt“ bringt gleich am Anfang den Saal auf Touren, die „99 Luftballons“ gibt es zum offiziellen Schluss, und im Zugabenblock dann folgt endlich das sehnsüchtig erwartete „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“, bei dem alle nochmals mitsingen. Mit „Zusammen“ wird am Ende die Gemeinschaft beschworen, „Alles neu“ liefert dann die passenden finalen Textzeilen: „Irgendwann ist alles vorbei/Irgendwann ist alles getan...Ich werd wieder auf die Reise geh’n“. Die Fans warten schon.

Das Publikum singt mit

© Simon Granville/Simon Granville

Das Publikum singt mit

Rockiger als der Rest der Neuen deutschen Welle

© Simon Granville/Simon Granville

Rockiger als der Rest der Neuen deutschen Welle

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Erstellt:
10. Oktober 2024, 15:31 Uhr

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