Drogenjunkie sieht sich gleich fünf Anklagen ausgesetzt

Das Stuttgarter Landgericht übernimmt mehrere Verfahren des Amtsgerichts Waiblingen und bildet ein Anklagebündel.

Weil gegen einen 28-Jährigen aus einem Winnender Teilort gleich mehrere Anklageschriften vorlagen, wurden diese nun gebündelt. Symbolbild: BilderBox - Erwin Wodicka

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Weil gegen einen 28-Jährigen aus einem Winnender Teilort gleich mehrere Anklageschriften vorlagen, wurden diese nun gebündelt. Symbolbild: BilderBox - Erwin Wodicka

Von Heike Rommel

Backnang/Winnenden/Stuttgart. Fünf Anklageschriften hat das Landgericht Stuttgart gegen einen 28-Jährigen aus einem Teilort von Winnenden gebündelt. Vier davon kommen vom Amtsgericht Waiblingen, wo bereits begonnen wurde, wegen verschiedener Vergehen zu verhandeln. Der deutsche Staatsangehörige wird auch eines Verbrechens der versuchten schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung beschuldigt, dessen Anklage in Stuttgart direkt zugelassen wurde.

Im Prozess vor der siebten Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Rainer Skujat sitzt der Gerichtspsychiater Markus Göttle, denn die vermeintlichen Straftaten stehen in Zusammenhang mit Drogenkonsum, insbesondere Cannabis. Staatsanwalt Wanjelik legte dem Angeklagten zur Last, am 2. Oktober 2020 mit zwei Unbekannten versucht zu haben, in der Backnanger Südstraße Schulden einzutreiben. Das Problem: Diese Schulden soll es gar nicht gegeben haben.

Dem mutmaßlichen Schuldner soll der Angeklagte zusammen mit einem Mittäter eine Platzwunde am Hinterkopf zugefügt haben. Einen Schlag gegen den Kopf und einen Tritt in den Oberkörper, so der Ankläger weiter, habe ein weiteres Opfer erlitten, an dessen Bargeld und Wertgegenstände der Beschuldigte habe kommen wollen.

Die Vorgeschichte im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln spielte sich den Anklagen zufolge bereits im Jahr 2019 in einem Winnender Teilort ab, wo der Angeschuldigte mindestens 100 Gramm Marihuana verkaufsfertig abgepackt in seiner Wohnung gehabt haben soll. Die Anklage daraus: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und deren Besitz.

Ohne Führerschein und Versicherung bekifft auf dem Radweg Auto gefahren

Unter Drogeneinfluss, so Staatsanwalt Wanjelik, sei der Winnender am 26. Februar 2020 kurz nach 23 Uhr mit einem nicht versicherten Auto auf dem Radweg zum Edeka-Markt seiner Heimatstadt unterwegs gewesen. Und das auch noch ohne Führerschein, der dem 28-Jährigen bereits entzogen worden war. Zwischen dem 4. September und dem 4. Oktober 2019 soll der Angeklagte in seinem Wohnort einen Schlüssel für einen Motorroller gestohlen haben. Anschließend sei er mit dem Roller im Wert von rund 2000 Euro davongefahren.

In der Wohnung seiner damaligen Freundin ging es der nächsten Anklage zufolge am 26. Oktober 2019 ziemlich heiß her, als der Angeschuldigte dort einen Mann am Hals gepackt und mit einem Kantholz zu Boden geschlagen haben soll. Der Freundin soll er mit etwa 0,8 Promille Alkohol im Blut eine brennende Zigarette auf die nackte Schulter gedrückt haben.

Vom Jugendschöffengericht Waiblingen, das lediglich gegen einen jüngeren Mittäter verhandelt und den Angeklagten abgetrennt hat, übernimmt das Landgericht Stuttgart eine Sache mit Tatort Friedrichstraße Backnang, wo der 28-Jährige am 30. Oktober 2019 gegen 23.30 Uhr mit Mittätern einen Teleskopschlagstock und ein Messer als Drohmittel benutzt haben soll, um einen Mann zu zwingen, seine Haustür aufzumachen. Das angeblich auch unter Androhung von Schlägen. In die Wohnung des Geschädigten gelangt, soll der Angeklagte einen Tresor mit 200 Euro und ein Handy erbeutet haben, strafbar als gemeinschaftlicher Privatwohnungseinbruchsdiebstahl in Tateinheit mit Nötigung.

Therapie nicht durchgestanden

Die mit zwei Berufs- und zwei Laienrichtern besetzte Kammer hat die Anklagen gebündelt, weil sie das für sachdienlich hält. Der Beschuldigte, so teilte Richter Skujat mit, sei bis November vergangenen Jahres in anderer Sache in Haft gewesen. Bereits verurteilt zu einer Freiheitsstrafe mit Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, habe der Winnender die Therapie im Maßregelvollzug nicht durchgestanden und die Reststrafe im Gefängnis verbüßen müssen.

Was das Verbrechen der besonders schweren räuberischen Erpressung betrifft, sieht die Kammer keinen dringenden, sondern lediglich einen hinreichenden Tatverdacht. Den letzten Haftbefehl hat das Landgericht gegen strenge Auflagen wie Führungsaufsicht und Meldepflicht bei einem Polizeirevier außer Vollzug gesetzt.

Ein Verständigungsgespräch lehnt der Angeklagte ab und schweigt stattdessen

Zu seinem Prozess kam der Angeklagte freiwillig und pünktlich. Die Freundin, auf deren Haut die brennende Zigarette ausgedrückt worden sein soll, so informierte Richter Skujat alle Anwesenden, habe sich selbst für ein Betäubungsmitteldelikt verantworten müssen. Einem von der Kammer angebotenen Verständigungsgespräch habe sich der Winnender nicht zugänglich gezeigt. Dieser wolle zu den gesammelten Werken von Anklageschriften erst einmal lieber schweigen.

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Erstellt:
3. Mai 2023, 06:00 Uhr

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