Ausstellung im Albert-Schweitzer-Haus
Ehrfurcht vor dem Leben
Albert Schweitzers Wirken ist heute noch spürbar: in seinen Veröffentlichungen etwa – und in seiner Wahlheimat Königsfeld im Schwarzwald. Ein Besuch zum 150. Geburtstag des Humanisten.
Von Annette Frühauf
Das Haus in der Schramberger Straße in Königsfeld strahlt mit seinen gelben Schindeln im Sonnenlicht. Es ist ein gemütliches Heim im idyllischen Luftkurort, das Albert Schweitzer für seine Frau Helene und die gemeinsame Tochter Rhena 1923 bauen ließ. Vor dem Eingang ins Schwarzwaldhaus weist das Modell von Lambaréné bereits auf Schweitzers Lebenswerk und -mittelpunkt hin. 1913 gründeten der in Kayserberg (Elsass) gebürtige Arzt und seine Frau das Spital auf der Missionsstation der Pariser Evangelischen Mission. Wegen des Ersten Weltkriegs mussten die Schweitzers vier Jahre später – als deutsche Staatsbürger – die französische Kolonie Gabun jedoch verlassen. Die gesundheitlichen Folgen der anschließenden Internierung in Frankreich zwangen Helene fortan zu einem Leben im Schwarzwald – Heilklima statt Tropenluft. Heute führt ein Audioguide Besucherinnen und Besucher durch das Erdgeschoss ihres ehemaligen Wohnhauses.
Inwiefern die Weltanschauung Albert Schweitzers immer noch aktuell ist, lässt sich wohl am besten in den Räumen sechs und sieben erahnen. Sein Lebensmotto „Du kannst nicht alle Not der Welt lindern, aber du kannst einem Menschen Hoffnung geben“, drückt Schweitzers Verantwortungsgefühl gegenüber hilfsbedürftigen Mitmenschen aus. Wichtig sei ihm auch sein geistiges Erbe gewesen, „seine Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben“, erklärt Wolfgang Schaible, Vorsitzender des Historischen Verein Königsfeld und mitverantwortlich für das Albert-Schweitzer-Haus. In Zeiten von Klimawandel, Kriegen und Konflikten seien seine Werte wichtiger denn je – für den Fortbestand der Menschlichkeit.
Königsfelder Ehrenbürger
Die Ausstellung in Königsfeld erinnert an Schweitzers Tätigkeit als „Urwalddoktor“. Nach seinen Promotionen in Philosophie und Theologie begann er im Alter von 30 Jahren Medizin zu studieren, um den Ärmsten der Armen in Afrika zu helfen. Während seiner Besuche in Königsfeld widmete sich Schweitzer neben der Schriftstellerei der Musik. Die Erlöse aus seinen Orgelkonzerten, Vorträgen und Tantiemen finanzierten das Leben seiner Familie sowie das Spital in Afrika. Auch Helene ist ein Zimmer gewidmet. Sie trug Albert Schweitzers Lebenstraum aus der Ferne mit. Da ihre Eltern jüdischer Konfession waren, verbrachte sie die Zeit des Nazi-Regimes in der Schweiz, den USA und in Lambaréné.
Im Jahr 1949 wurde Albert Schweitzer Ehrenbürger von Königsfeld. 1954 bekam der Arzt, Philosoph, Musiker, Seelsorger und Theologe den Friedensnobelpreis verliehen. 1965 starb Albert Schweitzer im Alter von 90 Jahren in Lambaréné, wo sich auch das Grab seiner 1957 verstorbenen Frau befindet.
Auf dem Weg durchs Erdgeschoss erfährt man von Schweitzers glücklicher Kindheit, die für ihn keine Selbstverständlichkeit war, sondern Anlass, um Bedürftige zu unterstützen. Durch den ehemaligen Wintergarten geht es in den Garten, wo der Weg zu einer Bank führt – vielleicht einst Lieblingsplatz des Urwalddoktors?
Öffnungszeiten und eine Übersicht über die Veranstaltungen im Jubiläumsjahr sind unter www.albertschweitzer-haus.de und www.albert-schweitzer-heute.de zu finden.