Eigeninitiative mit Schotter und Schippe

Eine Gruppe Bürger hat sich der Feldwege rund um Kurzach angenommen, um einerseits der Gemeinde bei der Wegeunterhaltung zu helfen und einen Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten. Andererseits demonstrieren die Beteiligten so ihre Unzufriedenheit mit dem Zustand der Wege.

Statt den Maibaum zu stellen, wie andernorts vielfach geschehen, gingen Bürger aus Kurzach und Nassach mit Schaufeln, Rüttelplatte und anderem Gerät zu Werke, um die Feldwege neu zu schottern und Schlaglöcher auszubessern. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Statt den Maibaum zu stellen, wie andernorts vielfach geschehen, gingen Bürger aus Kurzach und Nassach mit Schaufeln, Rüttelplatte und anderem Gerät zu Werke, um die Feldwege neu zu schottern und Schlaglöcher auszubessern. Foto: Alexander Becher

Von Nicola Scharpf

Spiegelberg. Eine andere Art der Freizeitbeschäftigung hat eine Gruppe von rund acht Bürgern aus den Spiegelberger Teilorten Kurzach und Nassach am vergangenen Wochenende für sich gewählt: Während vielerorts am Samstag die Maibäume gestellt wurden, machten sich die Dorfbewohner mit Schippe und Schotter auf den Feldwegen rund um Kurzach zu schaffen. Ihnen, die als Grundstücksbesitzer allesamt die Feldwege mit ihren Fahrzeugen nutzen, war es ein Anliegen, den Zustand der Schotterpisten zu verbessern, insbesondere Schlaglöcher zu beseitigen. Ihnen, die Bürger einer finanzschwachen Gemeinde mit einem umfangreichen Netz an Feldwegen sind, ist bewusst, dass die Kommune nicht alles in Sachen Wegebau und Wegeunterhalt stemmen kann. Zugleich wollten sie öffentlich thematisieren, dass aus ihrer Sicht ein Mangel bei der Instandhaltung der Kurzacher Feldwege besteht.

Also beschlossen die an der Gemeinschaftsaktion Beteiligten Ende vergangenen Jahres: Das geht auf Dauer so nicht mehr; sie wollen gegen die Schlaglochpisten etwas tun. „Wir haben vor Weihnachten den Beschluss gefasst und es in die Hand genommen“, sagt Anita Zell, die zusammen mit Gerhard Schuh die Initiative ergriffen hatte. „Die Bürger werden aktiv, weil sie sehen, dass die Gemeinde es nicht leisten kann oder will. Man kann nicht so viel verlangen vom Staat“, finden Susanne und Heinrich Schneider, die sich der Initiative angeschlossen haben. „Es ist ein positives Vorangehen.“

Heinrich Schneider fasst es in fast literarische Worte: Die Gemeinde Spiegelberg sei reich an alten Buchenwäldern, steilen Hängen, tiefen Schluchten, klaren Bächen, guter Aussicht, sauberer Luft, Laienspielgruppen, Teilorten, Ausdehnung, trockenem Scheitholz, vielfältigem Streuobst, kurvenreichen Strecken für Motorräder und Sportwagen, einem kleinen Bergwerk, vielen kleinen Stein- und Sandbrüchen, einem vielfältigen Angebot an Weihnachtsbäumen – und einem umfangreichen Wegenetz, das von Wandersleuten und Radfahrern gerne genutzt werde.

Ihr Reichtum werfe der Gemeinde Spiegelberg aber wenig Geld ab. Deshalb würden ihre Einnahmen nicht reichen, um das Wegenetz der acht Ortsteile zu aller Zufriedenheit zu unterhalten. Deshalb habe die Gruppe der Gemeinde bei der Wegeunterhaltung unter die Arme gegriffen. Radlader, Rüttler, Schlepper, Werkzeug und Arbeitskraft seien für die Gemeinde kostenlos zum Einsatz gekommen.

Die Beteiligten haben knapp 40 Tonnen Schotter auf den Wegen ausgebracht

Den benötigten Schotter – um die 40 Tonnen – hatte der Baggerbetrieb Schick aus Neulautern gespendet und bereits vor ein paar Wochen angeliefert. Bis auf einen kleinen Rest haben ihn die Beteiligten auf den Wegen verschafft.

Begonnen habe man laut Gerhard Schuh mit den Wegen, die auch als Wanderstrecken ausgewiesen sind. „Das sind die, die im schlechtesten Zustand waren.“ Wer mit Schippe und schwerem Gerät weniger gut umgehen konnte, beteiligte sich durch das Zubereiten von Vesper und Bereitstellen von Getränken an der Aktion, sodass nach getaner Arbeit alle zufrieden waren mit dem Geleisteten und darüber, dass die wandernde Allgemeinheit bereits tags darauf, am 1. Mai, von den instand gesetzten Wegen profitieren konnte.

Darüber hinaus sollte die Aktion ein Zeichen sein dafür, „dass wir auch noch leben in Kurzach“, sagt Gerhard Schuh. Die Jagd sei verpachtet und ein Teil der Jagdpacht sollte Verwendung finden für die Instandhaltung der Feldwege, findet er. „Die Waldwege sind okay. Aber die Feldwege sind eine Katastrophe. Und es passiert nichts.“

Bürgermeister Uwe Bossert, der im Vorfeld nicht von der Aktion in Kenntnis gesetzt worden war, sagt, dass vonseiten der Gemeinde immer wieder Wegebau stattfinde – auch im Spiegelberger Teilort Kurzach. Es könne aber sein, dass ein paar Schlaglöcher nicht gleich und sofort zugeschüttet wurden. Dafür würden die Bürger in Kurzach nun anderes bekommen: Erdverkabelung, Glasfaser, neue Straßenbeleuchtung. Generell steht er Bürgeraktionen wie dieser aufgeschlossen gegenüber: „Eigeninitiative ist grundsätzlich zu begrüßen.“

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Erstellt:
3. Mai 2022, 06:00 Uhr

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