Eigentümer sorgen sich um geplantes Energiegesetz
Bundestagsabgeordnete Inge Gräßle tauscht sich mit Bürgern, Betroffenen und Fachleuten zum Thema Heizungserneuerungen aus.
Von Kristin Doberer
Backnang. Dass Wohnungen knapp sind, ist schon lange ein Thema. Nicht nur in den Großstädten, sondern auch in der Region Backnang ist das ein Problem. Bundestagsabgeordnete Inge Gräßle (CDU) ist besorgt, dass es in der Zukunft noch schlimmer werden könnte. „Ich frage mich, wo die Leute wohnen sollen“, meinte sie bei einer Diskussionsrunde, die am Freitagmittag im Backnanger Bürgerhaus stattgefunden hat.
Der Auslöser für ihre Sorge: eine Neuauflage des Gebäudeenergiegesetzes, die gerade von der Bundesregierung geplant wird. Unter anderem ist darin vorgesehen, dass neu eingebaute Heizungen ab dem 1. Januar 2024 mindestens einen Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien haben müssen. Das gilt sowohl für länger geplante Austauschmaßnahmen als auch dann, wenn die bestehende Heizung kaputtgeht. Für bestehende Heizungsanlagen gilt diese Regelung nicht – allerdings soll die zulässige Betriebsdauer rein fossiler Heizungen schrittweise auf 20 Jahre reduziert werden. Eine klare gesetzliche Regelung gibt es noch nicht, diese sei gerade in Arbeit, weiß die Bundestagsabgeordnete. Trotzdem ist für sie schon jetzt klar: „Das wird noch Probleme machen.“
Wo genau diese Probleme liegen, das haben die anderen Teilnehmer der Diskussionsrunde aus unterschiedlichen Blickpunkten beleuchtet. So berichtete der gerade betroffene Hausbesitzer Klaus Peter Koch davon, wie teuer der Heizungstausch für seine Wohnung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) werde. „Früher hätte der Tausch des Gaskessels für die 35 Wohneinheiten vielleicht 20000 bis 30000 Euro gekostet.“ Für den Wechsel von der Gas- zur Pelletheizung habe die WEG nun Schätzungen von über 200000 Euro auf dem Tisch liegen. Angesichts der Kosten nur für den Heizungstausch stellen sich für Koch noch weitergehende Fragen.
Lohnt sich eine Immobilie noch?
„Jahrelang hieß es, man soll privat fürs Alter vorsorgen, die Leute sind auf die Einnahmen angewiesen.“ Bei solchen Investitionen aber bleibe für die Hausbesitzer kaum noch etwas von Mieteinnahmen übrig. Das fürchtet auch Fabian Lutz, Vorstandsmitglied der Innung Sanität und Heizung SHK Rems-Murr. „Das Gesetz wird einige Leute in Bedrängnis bringen, die sich das wirtschaftlich nicht leisten können“, meinte er. Besonders weil es mit einer neuen Heizungsanlage oft nicht getan ist, dazu kommen oft Dämmungen, im Altbau muss beim Einsatz einer Wärmepumpe die Elektrik oft überarbeitet werden, es brauche oft einen neuen Zählerplatz und vieles mehr. „Das zieht eine Kettenreaktion nach sich, die den Normalverbraucher an ein Limit bringen wird“, meint Lutz. Vor allem, weil es aufgrund der aktuell hohen Strompreise auch keine Ersparnis durch die Wärmepumpe gibt, eher sei diese fast teurer als fossile Brennstoffe. Gerade beim Thema Wärmepumpen, die durch das Gesetz besonders gefördert werden sollen, gebe es außerdem einiges zu bedenken. So seien nicht nur die Hersteller mit der hohen Nachfrage überfordert, auch gebe es lange nicht genug Fachkräfte, um die Wärmepumpen zu installieren. Außerdem warnt er vor einer Überlastung des Stromnetzes, wenn zu viele Häuser einer Straße Wärmepumpen und noch dazu E-Autos nutzen.
„Klimaschutz muss auch kosteneffizient und wirksam sein“
„Klimaschutz ist notwendig, aber er muss auch kosteneffizient und wirksam sein“, stimmte Jürgen Schwab, Vorsitzender von Haus und Grund Backnang zu. Er rät Eigentümern, sich einen konkreten und individuell auf das Gebäude angepassten Sanierungsplan zu erarbeiten, Förderungen auszuschöpfen und die Nahwärmeplanungen in der Kommune im Blick zu behalten.
Für viele Eigentümer stelle sich die Frage, ob sich diese Investitionen überhaupt lohnen. „Neben dem Umweltaspekt wohl erst mal nicht“, meinte Steffen Köngeter von der Volksbank Backnang. Besonders für ältere Eigentümer, die für diese Maßnahmen dann sogar Kredite aufnehmen müssten – und das bei den aktuellen Zinsen –, werde das ein Problem. Die Anwesenden befürchten auch, dass die Kosten für einen Heizungsaustausch vielen Eigentümern zu hoch sein könnten – und dass diese kaum eine andere Wahl als den Verkauf oder den Leerstand haben könnten. „Dann überfluten die ganzen Wohnungen den Markt und sind nichts mehr wert“, meinte Koch. „Ich habe Sorge, dass hier ein Mechanismus in Gang gerät, der uns überrollt“, so Gräßle. „Wichtig ist, dass wir Wohnraum haben.“
Die Erkenntnisse aus der Diskussionsrunde will Gräßle nun mit nach Berlin nehmen und an ihre Kollegen im Ausschuss weitergeben. Auch auf die Ausführungen des Gesetzes hofft sie Einfluss nehmen zu können. „Mit den Infos will ich im laufenden Verfahren mitreden und den Finger in die Wunde legen“, verspricht sie den Bürgerinnen und Bürgern. Außerdem will sie für die Eigentümer in Backnang im Sommer eine ähnliche Veranstaltung noch mal in größerer Runde stattfinden lassen, damit die Hausbesitzer „auch erfahren, was auf sie zukommt“, so die Bundestagsabgeordnete.