Civilization 7 im Test auf der Playstation 5

Ein großer Wurf oder einfach nur verschlimmbessert?

Der Spieleklassiker Civilization hat eine siebte Auflage verpasst bekommen. Was taugt die jüngste Version? Die ersten Stunden beim Errichten einer Zivilisation lassen einen gemischten Eindruck zurück.

Das neue Civilization sieht in der höchsten Zoomstufe ausgesprochen hübsch aus.

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Das neue Civilization sieht in der höchsten Zoomstufe ausgesprochen hübsch aus.

Von Lukas Jenkner

Seit Jahrzehnten hält sich das Strategiespiel Civilization mit seinem im Kern unveränderten, liebenswert antiquierten Prinzip in den Herzen der Spieler: Mit einer einzelnen Siedlereinheit startet eine Zivilisation, entdeckt die Welt, breitet sich aus, gerät in Konflikte oder kooperiert mit anderen Zivilisationen, am Ende steht der Niedergang oder ein Sieg – kulturell, wissenschaftlich oder militärisch. Das alles passiert rundenbasiert, das heißt, ein Spieler macht seine Züge, verschiebt Einheiten auf der Karte, gibt Bauaufträge und verhandelt auf dem diplomatischen Parkett, um am Ende den Spielzug abzuschließen. Dann geht es in die nächste Runde.

Seit Anfang der 1990er Jahre funktioniert das sehr erfolgreich und die gute Nachricht lautet: Das soeben erschienene Civilization 7, die jüngste Auflage des Strategiespielklassikers, führt im Großen und Ganzen das Konzept fort. Allerdings gibt es ein paar Neuerungen, die sich als gewöhnungsbedürftig herausstellen, und bei der Präsentation hat das neue Civilization einigen Nachholbedarf.

Neue Kombinationsmöglichkeiten: Volk und Anführer frei wählen!

Die Neuerungen beginnen bereits bei der Auswahl des Volkes und dessen Oberhaupt. Anders als früher, als etwa eine Kleopatra mit dem Ägyptischen Reich und ein Bismarck mit dem Deutschen Reich verbunden war, können jetzt Volk und Anführer(in) beliebig miteinander kombiniert werden. Das macht optionsreiche Verbindungen möglich, die gut zur eigenen Spielweise passen, weil mit jedem Anführer und jedem Volk auch immer bestimmte Stärken und Boni verbunden sind – auch wenn sich das Konzept im Spiel etwas unauthentisch anfühlt.

Die nächste wichtige Neuheit: Eine Partie ist in Civilization 7 künftig grundsätzlich in drei Phasen unterteilt: Antike, Entdeckungszeit und Moderne. Während es in der Antike darum geht, die Grundlagen für das eigene Reich zu legen, Städte zu errichten und wissenschaftlichen Fortschritt zu erreichen, setzen die Reiche in der zweiten Phase die Segel, erobern die Ozeane, entdecken neue Landstriche, besiedeln diese und beuten sie wirtschaftlich aus. Die Moderne schließlich steht im Zeichen technischer Errungenschaften, der Industrialisierung und globalen Konflikten sowie Herausforderungen wie den Klimawandel.

Andere Neuerungen finden sich eher im Detail: Die Bautrupps gehören der Vergangenheit an, Siedlungen werden erst Gemeinden und dann zu Städten, Stadtausbauten können nun veralten und mit moderneren Versionen überbaut werden. Gewonnene und gehandelte Ressourcen werden auf die Siedlungen verteilt und erzeugen unterschiedliche Boni. Kleinst-Ereignisse erfordern regelmäßige Entscheidungen und bieten je nach Ausrichtung unterschiedlich nützliche Belohnungen. Letzteres kennen Fans schon aus dem Civilization-Ableger „Beyond Earth“.

Neuerungen im Gameplay: Fortschritt oder Rückschritt?

Die verschiedenen Spielmechanismen sind nach Jahrzehnten der Entwicklung und Erfahrung gewohnt komplex und umfangreich. Am Ende stellt sich die Frage: Was taugen die Neuerungen? Da fällt das Fazit gemischt aus.

Warum sich die Entwickler für die drei Phasen Antike, Entdeckungszeit und Moderne entschieden haben, erklären sie schlüssig in ihrem Tagebuch. Wenn es bei einem Spieler am Anfang einer Partie Civilization aufgrund einer zufallsgenerierten Karte in Kombination mit einem Volk zu gut oder zu schlecht läuft, bauen sich Erfolge und Misserfolge in einer Art Schneeballeffekt auf, was letztlich dazu führt, dass man Partien bereits nach kurzer Zeit abbrechen kann, weil die Niederlage absehbar ist – oder das Spiel keine Herausforderung mehr darstellt.

Außerdem haben die Völker verschiedene Stärken und Schwächen, die mitunter erst spät im Spielverlauf zum Tragen kommen und dann kaum noch wirken oder keinen Sinn ergeben. In Civilization 6 war es zum Beispiel möglich, als japanisches Großreich eine Elektronikfabrik zu errichten, ohne überhaupt die Elektrizität entdeckt zu haben.

Die Zeitalter haben also durchaus einen Sinn, weil sie dafür sorgen, dass alle Reiche im Wettstreit in etwa auf demselben Stand agieren. Der Nachteil ist allerdings, dass jede Phase bestimmte Leitplanken setzt, um den Sieg zu erreichen, was dem Spiel gefühlt ein bisschen Freiheit nimmt. Am Ende bleibt es wohl Geschmacksache.

Präsentation von Civilization 7: Teilweise schön, aber unübersichtlich!

Nachholbedarf hat Civilization 7 allerdings bei der Präsentation. Es ist schwer zu durchschauen, was auf der Karte passiert? Einheiten kommen abhanden und sind einfach verschwunden? Spielerische Zusammenhänge bleiben unklar? Wissenschafts- und Fortschrittsbäume erscheinen gestalterisch wie im Entwurf? Wer solche Erfahrungen macht: Das liegt nicht am Spielenden. Im nahen Zoom sieht das neue Civilization auf der Karte zwar sehr hübsch aus, aber beim Ausbau der Städte geht leider schnell die Übersicht verloren. Und wer beim Spiel nicht aufmerksam zuschaut, dem entgeht, dass besiegte Einheiten nicht mehr da sind.

Warum sich Ressourcen per Drag and Drop einfach auf verschiedene Siedlungen verteilen lassen, bleibt unklar. Ebenso, warum beim Übergang in ein anderes Zeitalter manche Siedlungen wieder zu Gemeinden werden, andere aber Städte bleiben. Wo sich veraltete Stadtausbauten finden, die mit neuen Gebäuden modernisiert werden können, lässt sich nur mühsam auf der Karte herausfinden, ein alternativer Weg ist nicht ersichtlich. Es gibt zwar ausführliche Tutorials, die aber zum einen sehr textlastig und zum anderen wenig intuitiv sind. Es wird viel erklärt, aber nicht auf den Punkt gebracht.

Diese Kritikpunkte machen das neue Civilization 7 beim Einstieg zu einer erstaunlich sperrigen Erfahrung. Vielleicht sind die Spielerinnen und Spieler inzwischen aber auch einfach anderes gewohnt: 2017 portierte Firaxis das damals aktuelle Civilization 6 aufs iPad und schuf mit der Steuerung per Finger eine fast einzigartige intuitive Erfahrung. Der jüngsten Auflage darf man nur wünschen, dass sie ebenfalls den Weg aufs Tablet findet.

Die gute Nachricht für die Besitzer von Videospielkonsolen lautet immerhin: Civilization 7 lässt sich mit dem Controller sehr gut steuern, die PC-Maus, eigentlich das natürliche Spielgerät für das komplexe Strategiespiel, fehlt nicht wirklich.

Fazit: Vielversprechende Neuerungen, aber auch Schwächen

Wie lautet also das Fazit zum neuen Civilization 7? Die Neuerungen sind so vielfältig, dass es sich auch für Spieleveteranen lohnt, die neueste Version anzuschauen. Ob alle Spielkonzepte überzeugen und funktionieren, muss sich jedoch zeigen. Grafisch ist das neue Civ größtenteils sehr hübsch anzusehen, aber bei der Nutzeroberfläche und der Übersichtlichkeit gilt es nachzuarbeiten.

Civilization 7 ist auf allen gängigen Konsolen und dem PC erschienen und kostet je nach Version rund 70 Euro und aufwärts.

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Erstellt:
18. Februar 2025, 17:22 Uhr

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