Ein gutes Jahr für die Kiwiernte in Bruch
In Bruch wächst im Garten von Gerhard Schneider seit vielen Jahren eine Kiwipflanze. Er wird in diesem Herbst eine Rekordernte einfahren. Bis zum Verzehr muss er sich jedoch noch bis zum Winter gedulden.
Von Carolin Aichholz
Weissach im Tal. Eine wirklich schöne Aussicht genießt zurzeit Gerhard Schneider in seinem Garten. Seit ungefähr 15 Jahren wächst hier eine Kiwipflanze und aktuell hängen besonders viele Früchte an den Ästen. Die Kiwi, die eigentlich in China, Neuseeland oder im Iran wächst, hat nun auch ihren Weg in die deutschen Gärten gefunden, so wie hier in Bruch.
„Meine verstorbene Frau hat unseren Garten nach ihren Wünschen gestaltet, daran hatte sie immer viel Freude und sie mochte vor allem exotische Pflanzen“, sagt Gerhard Schneider. Aus dem kleinen Setzling entwickelte sich im Lauf der Jahre eine stattliche Ranke mit einem dennoch überraschend dünnen Stämmchen. In ihren ersten Jahren bildete sie noch gar keine Blüten aus. Seit ein paar Jahren reicht sie nun um die ganze Pergola, die seine Terrasse beschattet und bekommt stetig mehr Blüten. Doch Gerhard Schneider bemerkt: „So viele wie jetzt waren es noch nie.“
Die Pflanze ist erstaunlich pflegeleicht
Dabei benötigt die Kiwiranke recht wenig Pflege. Eine ausreichende Menge Wasser ist wichtig, rund 20 Liter vergießt Gerhard Schneider im Moment an die Kiwi. Doch davon sei genug da: Er fängt das Regenwasser seines Gartenhauses in einem 1000-Liter-Fass auf. Mehr Aufmerksamkeit benötigt sie nicht, er düngt die Kiwi nicht und spritzt sie auch nicht mit Pflanzenschutzmitteln. Zweimal im Jahr muss er die Pflanze allerdings zurückschneiden. „Das mache ich nach Gutdünken, ich bin kein Gärtner oder Botaniker, aber größer kann sie jetzt eben nicht mehr werden“, sagt er schmunzelnd.
Die Pflege seines Gartens und seiner Katze überlässt der Besitzer eines Wohnmobils auch gelegentlich seiner zuverlässigen Nachbarin und begibt sich mehrere Wochen auf Tour. „Das kann ich nur machen, weil ich weiß, dass meine Nachbarin hier nach dem Rechten sieht und dafür bin ich ihr auch sehr dankbar.“
Nach dem Tod seiner Frau wollte Gerhard Schneider vom Haus und Garten mitsamt Kiwipflanze zunächst nichts mehr wissen und stieg wieder in sein Wohnmobil. So war er in der zweiten Jahreshälfte 2022 auf großer Europareise. „Das war mein Jakobsweg, so habe ich das für mich verarbeitet“, sagt er. Bei seiner Rückkehr war ihm dann bewusst, dass all diese Erlebnisse alleine zwar schön sind, „aber zu zweit ist es eben viel schöner“.
Im Februar wagte er sich, wenige Tage nach dem ersten Kennenlernen, mit Ella Mann auf eine zehnwöchige Reise mit dem Wohnwagen durch Spanien. Dort lernten sich beide gegenseitig besser kennen und mittlerweile ergänzen sie sich so gut, dass die 63-Jährige nun im Garten ihres Lebensgefährten das Kommando übernommen hat. Ihr macht die Gartenarbeit zwar mehr Spaß als Gerhard Schneider, dennoch kümmert er sich um seinen Rasen, schneidet die Hecke, die seinen Garten umsäumt und schaut natürlich nach seiner Kiwipflanze.
Dass die Ranke überhaupt Früchte ausbilden kann, ist ein großes Glück, denn normalerweise wird sowohl eine männliche als auch eine weibliche Pflanze dafür benötigt. Bei Gerhard Schneiders Exemplar handelt es sich allerdings um eine Kiwi, die sich selbst befruchtet. Und die hellgelben Blüten machen die Pflanze bereits im Frühjahr zum Blickfang, für die Bestäubung sorgen dann die Bienen. „Im Frühling hat es hier nur gesummt und gebrummt“, erinnert sich Gerhard Schneider.
Die einzige Gefahr für die jungen Knospen ist Kälte im Frühjahr. Die hiesigen Sorten sind zwar winterhart, gerade junge Triebe sollten jedoch im Winter und Frühjahr noch vor Frost geschützt werden. „Auch in diesem Jahr habe ich mir Sorgen gemacht, dass die Blüten erfrieren könnten“, sagt Gerhard Schneider. Doch es blieb mild und die Früchte begannen zu reifen. Wie viele Kiwis die Pflanze überhaupt trug, wurde dem 72-Jährigen erst bewusst, als er einige der zahlreichen Blätter der Pflanze entfernte. „Dann habe ich erst gesehen, wie voll schon einzelne Äste hingen.“
Auf die Ernte freut er sich schon jetzt, weil die Früchte nicht nur sehr gesund sind, sondern natürlich auch besser schmecken als die, die man im Supermarkt kaufen kann. Ein weiterer Unterschied: Ihre Größe kann variieren. Manche werden nur walnussgroß, schmecken aber genauso gut wie die großen Kiwis.
Die Ernte wird freudig erwartet
Gerhard Schneider hat bei der Erntefrage aber noch Bedenken, denn ursprünglich lautete der Plan des Paares, im Herbst mit dem Wohnwagen nach Spanien ans Mittelmeer zu fahren, aber „die Kiwis müssen ja auch geerntet werden“. Das durchaus ernst gemeinte Angebot der Redakteurin, gegen einen kleinen Anteil der Kiwis als Erntehelferin mit anzupacken, steht noch im Raum.
Denn pflücken kann man die Früchte im Herbst, wenn es kälter wird und die Pflanze damit beginnt, ihre Blätter abzuwerfen. Die Kiwis sind noch hart; Gerhard Schneider packte sie in den letzten Jahren in einen Karton und ließ sie in seiner Waschküche nachreifen, bis sie genießbar wurden. In diesem Jahr wird er einen sehr großen Karton brauchen und oft „nachfühlen“ müssen, welche Kiwis weich genug zum Verzehr sind. Über eine Verwendung, die über den Eigenverbrauch und das Verschenken an seine Kinder und ihre Familien hinausging, musste er sich bislang keine Gedanken machen. Er kann sich jedoch vorstellen, auch Marmelade daraus zu kochen. Seine neue Lebensgefährtin erhebt allerdings Einspruch: „Sie sind viel zu schade, um sie zu verkochen.“ Da die Kiwis über einen Zeitraum von bis zu vier Wochen verteilt reifen, hofft Gerhard Schneider einfach, dass immer genau so viele Kiwis reif werden, wie er verzehren kann. Dann können er und seine Lieben alle Früchte des Baums genießen.