Der dichtende Pater
Ein Mönch, der Limericks liebt
Pater Albert Schmidt hat bei den Benediktinern eine steile Karriere hingelegt. In Italien leitete er lange eine Hochschule. Er pflegt ein ungewöhnliches Hobby.
Von Uli Fricker
Hinter Klostermauern wird nicht nur gebetet und gearbeitet. Manches seltene Talent entfaltet sich unter der schützenden Hand einer Ordensregel. Eines dieser Talente ist Albert Schmidt, der zu den Benediktinern in Beuron (Kreis Sigmaringen) gehört. In seinem Heimatkloster an der Donau wurden ihm schon viele wichtige Aufgaben übertragen. Sein Orden hat ihn wegen seiner Fähigkeiten in die Welt geschickt und in die höchsten Ämter gehoben. Zuletzt wirkte er als Abtpräses der Beuroner Kongregation, einem Dachverband europäischer Klöster. Doch sein größtes Hobby sind Limericks. Einen ganzen Stapel dieser komischen Dichtungen hat der Pater bereits geschrieben.
Das Schreiben von Limericks ergibt sich fast von selbst. Pater Albert beobachtet genau, hört zu, ordnet ein, legt ab. Die besten Gedanken kommen ihm beim Zuhören. „Sie können mich nachts um zwei Uhr wecken und drei Stichworte sagen und ich mache einen Limerick draus“, sagt er. Er muss also nicht über jedem Halbsatz brüten und die Silben zählen. Es läuft einfach – viel besser als zum Beispiel bei seiner Doktorarbeit, für die er acht Jahre brauchte. Das waren seine acht römischen Jahre.
Jeden Morgen begrüßt er um 5 Uhr den Tag
Später legte er ein weiteres römisches Jahrzehnt drauf. Doch nicht erneut als Doktorand. Dieses Mal schickte ihn sein Orden an die Hochschule Sant’ Anselmo, die er als Rektor leitete. Die Zeit in Italien hat der geborene Badener in bester Erinnerung, und doch kam er gerne ins stille Donautal zurück. Bei seiner Verabschiedung sagte er zu seinen römischen Brüdern: „Acht Jahre durfte ich aus dem goldenen Becherlein der Prominenz trinken. Jetzt freue ich mich auf die schwäbische Keramik.“
Auch wer es weit nach oben gebracht hat, sollte irgendwann den Weg zurückfinden, denkt Pater Albert. Er spricht leise, doch sitzt jeder Halbsatz. Nach dem Einsammeln von hohen akademischen Ehren sitzt er als Bruder unter Brüdern im Chorgestühl. Er steht jeden Morgen um fünf Uhr in der Reihe der Mönche, wenn der Konvent den neuen Tag begrüßt. Und schnell dichtet der Benediktiner einen neuen Limerick – mal absurd, mal liebevoll reimend. Oder auch nachdenklich. Zum Mauerfall reimte er: „Wir spüren mit seligem Schauer / Die Weltgeschichte ist schlauer. / Sie bietet die Stirn / dem mächtigsten Hirn / keine menschliche Mauer hat Dauer!“Als ein Bruder im Kloster einen lässigen Slogan für die Klostermetzgerei brauchte, dichtete Pater Albert auf die Schnelle folgendes: „Willst du frische Kräfte tanken, iss‘ Klosterwurst nach Art der Franken.“ Das Versmaß holpert zwar, doch lockte der saftige Reim über Jahrzehnte die Kunden an.