Ein neuer Wildtierbeauftragter für den Rems-Murr-Kreis
Die Kreisverwaltung hat seit August einen neuen Wildtierbeauftragten. Dominic Hafner will für tierschutzgerechte Lösungen für das Zusammenleben von Mensch und Tier im Rems-Murr-Kreis sorgen. In drei Wochen wird er mit anderen Fachleuten zum Thema Wolf sprechen.
Von Anja La Roche
Rems-Murr. Ob Rotwild, Fuchs, Waschbär oder Nilgänse, der Mensch teilt sich seinen Lebensraum mit der Tierwelt. Dabei kommt es immer wieder zu Konflikten. Deshalb hat die Kreisverwaltung des Rems-Murr-Kreises nun einen hauptamtlichen Wildtierbeauftragten angestellt. Dieser soll nicht nur die Bevölkerung aufklären, sondern auch die Population und die Jagd von nicht geschützten, teilweise invasiven Tierarten dokumentieren. Aber auch der geschützte Wolf fällt in die Zuständigkeit des Wildtierbeauftragten, damit keine Probleme entstehen, wenn er denn mal im Kreis auftaucht.
Bisher hat der Förster Hans-Joachim Bek sich um das Thema Wildtiere im Kreis gekümmert. Er war als Revierleiter für den kommunalen Wald in Oppenweiler beim Landratsamt angestellt und hat aus persönlichem Interesse zusätzlich die Tätigkeit des Wildtierbeauftragten übernommen. Die Beauftragten erhalten regelmäßige Schulungen und sind etwa befähigt, Wolfsrisse zu identifizieren. Seit der Forstreform 2020 ist Bek allerdings nicht mehr beim Landratsamt, sondern bei ForstBW für den staatlichen Wald zuständig. Seine Tätigkeit als Wildtierbeauftragter beim Landratsamt hat er seither ehrenamtlich fortgeführt.
Das wollte Bek allerdings nicht mehr. Das Thema habe mehr Brisanz bekommen. Wegen Waschbären beispielsweise habe er teilweise zwei Anrufe am Tag erhalten. Deswegen hat das Landratsamt nun eine neue Stelle geschaffen: Der Förster Dominic Hafner ist seit August nun zu 50 Prozent als zusätzlicher Revierleiter, der die bisherigen Revierleiter als Springer unterstützen kann, und zu 50 Prozent für das Wildtiermanagement beim Landratsamt angestellt.
Der neue Wildtierbeauftragte ist zum Stadtjäger ausgebildet
Hafner (34) hat Forstwirtschaft studiert und von 2019 bis 2023 bei der unteren Forstbehörde in Heidenheim gearbeitet. Zur im Studium inkludierten Ausbildung zum Jäger hat er eine Zusatzausbildung zum Stadtjäger absolviert. Somit kann er die Kommunen bei Bedarf dabei unterstützen, störende Tiere zu vergrämen oder zu „entnehmen“, also zu töten – insofern die Tiere dem Jagd- und nicht dem Naturschutzgesetz unterstehen. Einige Kommunen haben allerdings selbst Stadtjäger beauftragt. Im Rems-Murr-Kreis ist das in Berglen, Kernen, Leutenbach, Plüderhausen, Schorndorf, Weinstadt und Winnenden der Fall.
Hafner will als Wildtierbeauftragter die Konflikte zwischen Mensch und Tier auf eine tierschutzgerechte Weise lösen, sagt er. Er sieht sich außerdem als Netzwerker zwischen den Verantwortlichen und den Bedürfnissen der Bürger.
„Wir werden das Tier nicht mehr los, sondern wir müssen uns irgendwie damit arrangieren“, sagt Bek. Es gehe darum, die Siedlungen unattraktiv für die kleinen Säugetiere zu gestalten, vor allem indem keine Futterquellen wie Müll oder Katzenfutter bereitgestellt werden. „Man geht davon aus, dass ihre Population in der Zivilisation zehnmal höher ist als in freier Natur“, sagt Bek über die Allesfresser, die einst aus Nordamerika eingeschleppt wurden. Im Jagdjahr 2022/23 wurden im Rems-Murr-Kreis 1148 Waschbären erlegt oder aber tot aufgefunden.
Doch auch die Nilgans, die zuletzt besonders in Fellbach ein Thema war, wird Hafner beschäftigen. Die invasive Vogelart wurde ins Jagdrecht überführt und darf somit vergrämt und zeitweise gejagt werden.
Bek hat selbst erst vergangenes Jahr im Herbst am Wasserschloss in Oppenweiler neun Nilgänse erlegt. Die Jagd musste er vorher anmelden, da es sich um einen befriedeten Bezirk handelt. Befriedet bedeutet, dass dort normalerweise nicht gejagt werden darf. Ob störende Nilgänse vertrieben oder gejagt werden, dürfe die Kommune beziehungsweise der Jäger aber letztendlich selbst entscheiden und komme auf den Einzelfall an, sagt Hafner. Selbiges gilt auch für Rabenkrähen, deren Jagd zuletzt in Backnang-Schöntal für Aufsehen gesorgt hatte (wir berichteten).
Großerlach überlegt, einen Wolfspfad anzulegen
Neben solchen den Menschen störenden Arten wird auch der Wolf auf die Tagesordnung von Häfner kommen, dessen Rückkehr ja durchaus erwünscht ist. So ist in Großerlach im Oktober eine Informationsveranstaltung geplant (siehe Infotext). Die Gemeinde überlegt zudem, einen Wolfspfad zur Information der Bürger einzuführen. An diesem Projekt will sich auch Bek beteiligen, der seinen Nachfolger sowieso noch als Netzwerker unterstützen will. „Ich habe gedacht, das ist so mein Abschlussprojekt als Wildtierbeauftragter.“ Bislang gibt es vier Wölfe in Baden-Württemberg. „Aber das wird sich natürlich in den nächsten Jahren noch steigern“, sagt Bek. Der Rems-Murr-Kreis biete Platz für ein Rudel und ein solches Rudel könne durchaus mal zehn Tiere umfassen.
Bek ist sich sicher, dass die Infoveranstaltung auf großes Interesse bei den Bürgern stoßen wird. Ziel sei es, den Leuten zu vermitteln: Ihr braucht euch keinen Kopf zu machen. Lediglich den Schäfereien und andere Tierhaltern könnten die Wölfe künftig Probleme bereiten, erklärt der Förster.
Termin Am Freitag, 13. Oktober, um 19.30 Uhr findet eine Veranstaltung zum Thema „Der Wolf im Spannungsfeld zwischen Schutz und Konflikt“ in der Schwalbenflughalle Grab in Großerlach statt.
Programm Nach dem Grußwort von Landrat Richard Sigel werden verschiedene Fachexperten, darunter der Wildtierbeauftragte, Vertreter der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt, der Kreisjägermeister, der Geschäftsführer des Naturparks Schwäbisch-Fränkischer Wald, ein Schäfer und weiter Personen referieren. Der Bürgermeister von Großerlach wird die anschließende Diskussion moderieren.