Ein prüfender Blick auf Kühe und Kälber
Zu rund zehn Plankontrollen von Nutztierhaltungen im Kreis rücken die Tierärztinnen und Veterinärhygienekontrolleure des Veterinäramts in Backnang jeden Monat aus. Für den Milchviehbetrieb von Reinhard Wolf in Murrhardt haben sie viel Lob übrig und nur wenig zu bemängeln.
Von Florian Muhl
Murrhardt. Landwirtschaft macht Spaß. Diesen Eindruck vermittelt Reinhard Wolf beim Besuch seines Betriebs am Ortseingang des Murrhardter Teilorts Kieselhof zweifelsfrei. Aber Landwirtschaft macht auch eine Menge Arbeit. Das wird immer deutlicher, je mehr sich der 29-Jährige beim Hofrundgang in Details seiner täglichen Arbeit und Aufgaben verliert. Zusammen mit einem Mitarbeiter und seinem 60-jährigen Vater betreibt der Murrhardter seinen Milchviehbetrieb und versorgt insgesamt über 150 Tiere. Ober das alles auch wirklich zuverlässig macht und letztlich auch das Tierwohl im Auge behält? Denn viele Vorgaben und Gesetze sind zu beachten.
Um das zu beurteilen, gibt es Kontrollen. An diesem Tag sind Tierärztin Jutta Wilhelm und Veterinärhygienekontrolleurin (in Ausbildung) Lisa Jung unterwegs. Sie starten mit ihrer Kontrolle der Nutztierhaltung bei Landwirt Reinhard Wolf. Wie Thomas Pfisterer, Leiter des Rems-Murr-Veterinäramts in Backnang, im Kieselhof erklärt, gibt es im Kreis 3400 Nutztierhaltungen. „Derzeit sind 4,5 Vollzeitäquivalente als Tierärztinnen und drei Vollzeitäquivalente als Veterinärhygienekontrolleure bei uns im Einsatz, um entsprechende Kontrollen durchzuführen“, erläutert Pfisterer. Insgesamt sind es neun Beschäftigte.
„Es wird zwischen zwei Arten von Kontrollen unterschieden“, erklärt der Amtsleiter. „Da ist zum einen die planmäßige Routinekontrolle, die wir in Nutztierhaltungen durchführen, und die außerplanmäßige. Letztere findet dann statt, wenn das Veterinäramt eine Meldung bekommt oder sonstige Umstände eine Kontrolle erforderlich machen. Aus diesem Grund fahren Jutta Wilhelm und Lisa Jung anschließend zum Tierheim Großerlach.
EU-Recht schreibt vor, Haltungen von Nutztieren risikoorientiert zu überprüfen
Nach EU-Recht müssen alle Nutztierhaltungen überprüft werden und das risikoorientiert. „Jetzt ist es aber so, dass weder Land noch Bund uns Vorgaben machen, wie wir diese Risikoorientierung durchführen sollen. Deshalb haben wir die selber bei uns konzipiert“, sagt Pfisterer. Jeden Monat würden seine Mitarbeiter zu rund zehn Plankontrollen ausrücken. Ein typischer Fall sei die Kontrolle eines Milchviehbetriebs. Bei der Haltung der Tiere unterscheide man zwischen der Anbindehaltung und der Haltung in einem Laufstall.
Der Anbindestall ist ein Stall für Nutzvieh, in dem die Tiere an einem Platz angebunden sind. Laut Pfisterer haben im Kreis noch etwa 40 Prozent der Betriebe die Anbindehaltung, aber nur zehn bis 15 Prozent der Tiere werden so gehalten. Das heißt, dass vorwiegend Kleinbestände noch auf das „Auslaufmodell“ Anbindehaltung setzen. „Die ist natürlich nicht ideal, was das Sozialverhalten der Tiere anbetrifft“, erklärt der Amtsleiter. „Es ist aber auch nicht so, dass es deswegen von vornherein tierschutzrechtlich relevant ist. Wenn alles stimmt, wenn die Tiere versorgt werden, wenn sie entsprechende Liegeflächen und Platz haben, die Anbindevorrichtungen stimmen, dann ist das auch in Ordnung.“
Die Milchkühe laufen auch selbstständig zum Melkroboter, der dank des Chips, den jede Kuh im Ohr trägt, erkennt, wen er da vor sich hat. Sollte sich ein Rind zu oft anstellen, weil es als Belohnung Kraftfutter gibt, wird es einfach nicht gemolken, sondern wieder zum Verlassen des Melkstands aufgefordert, nach 30 Sekunden mittels eines minimalen Stromschlags.
Kälber werden spätestens nach 36 Stunden von der Mutterkuh getrennt
Jutta Wilhelm, die auch Fachbereichsleiterin Tiergesundheit im Veterinäramt ist, äußert sich sehr zufrieden über den modernen Rinderbestand, der computergestützt läuft. Bereits von den Kälbern, die spätestens nach 36 Stunden von der Mutterkuh getrennt werden und dann zunächst allein oder zu zweit in einem sogenannten Iglu aufwachsen, dann ab acht Wochen in einem Gruppeniglu, hat sie einen guten Eindruck. Sie sehen gesund, munter und gut genährt aus, die Gelenke sind in Ordnung und sie haben keinen Durchfall. Nur ein Kalb leide an der Kälberflechte, die Krankheit sei aber am Abheilen. Wilhelm schaut nach der Einstreu, „trocken, weich und bequem müssen sie liegen“, und moniert, dass der eine Auslauf nicht überdacht ist.
Große Zufriedenheit auch beim Großvieh. Dort sind überwiegend Fleckviehkühe im Laufstall. Besonders erkundigt sich die Tierärztin nach den Klauen und der Möglichkeit für die Kühe, dass sie sich nach dem Melken auf trockenem Untergrund hinlegen könnten. „Eigentlich sind Kühe Weichbodengänger“, sagt Wilhelm, aber das sei in einem Stall schlecht zu machen. Wolf weiß, dass es Gummimatten gibt, aber die guten seien leider auch sehr teuer.
Lisa Jung weiß aus Erfahrung, dass eine Kontrolle nicht immer so glatt läuft wie an diesem Tag. Nur einen Tag zuvor war ein Landwirt wenig kooperativ und einsichtig. „Deswegen war die Polizei mit dabei...“, sagt die Veterinärhygienekontrolleurin. „...als Zeugen und Personenschutz“.
Aber bei Reinhard Wolf geht es den Tieren gut, lautet das Fazit an diesem Tag.
Rind Als Rind werden alle weiblichen und männlichen Tiere bezeichnet.
Kalb Als Kälber werden männliche und weibliche Rinder bezeichnet, die jünger als sieben bis neun Monate sind.
Jungrind Jungrinder sind männliche und weibliche Rinder, die älter als acht und höchstens zwölf Monate alt sind.
Färse Eine Färse (Kalbin) ist ein weibliches Rind, das noch nicht gekalbt hat.
Kuh Kühe werden weibliche Rinder genannt, die bereits gekalbt haben.
Ochse Männliche kastrierte Rinder werden Ochsen genannt.
Bulle Bullen (oder auch Stiere) sind geschlechtsreife männliche Rinder.