Gesundheit

Ein Rauchverbot, das kein Verbot sein soll

Die EU-Gesundheitsminister stimmen für drastische Einschränkungen beim Rauchen im Freien. Die Umsetzung ist mehr als fraglich.

Nach dem Willen der Europäischen Union soll das Rauchen im Freien in Zukunft drastisch eingeschränkt werden.

© dpa/Jens Büttner

Nach dem Willen der Europäischen Union soll das Rauchen im Freien in Zukunft drastisch eingeschränkt werden.

Von Knut Krohn

Die Situation ist etwas paradox. Die EU-Gesundheitsminister stimmten am Dienstag in Brüssel mehrheitlich für einen Vorschlag der EU-Kommission, die Rauchverbote an Spielplätzen, Bushaltestellen und in der Außengastronomie empfohlen hatte. Allerdings betonen die Minister, dass sie das Rauchen im Freien gar nicht verbieten wollen. Österreichs Gesundheitsminister Johannes Rauch sagte: „Europa verbietet gar nichts. Das muss einmal festgehalten werden.“ Und auch die ungarische Ratspräsidentschaft erklärte: „Die Empfehlung des Rates enthält kein obligatorisches Verbot.“

Die EU-Staaten sind zu nichts verpflichtet

Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich durch den nicht immer leicht zu durchschauenden Kompetenzdschungel in der Europäischen Union. Denn: Der Vorschlag der EU-Kommission ist lediglich eine Empfehlung und die vorangegangene Resolution des EU-Parlaments bloß eine Absichtserklärung. Nichts davon verpflichtet ein EU-Land direkt zum Handeln. Das heißt, es ist mehr als fraglich, dass solche Rauchverbote umgesetzt werden. Grund ist, dass für Gesundheitspolitik allein die Mitgliedstaaten zuständig sind.

Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Thomas Steffen, verwies in Brüssel sogar darauf, dass für Rauchverbote in Deutschland die Länder zuständig sind - in Baden-Württemberg gelten andere Regeln als etwa in Nordrhein-Westfalen. Die Bundesländer hätten die nun beschlossene Empfehlung als zu undifferenziert kritisiert, sagte Steffen während der Sitzung. „Insbesondere die Ausweitung der Rauchverbote in Außenbereichen der Gastronomie wird abgelehnt.“ Aus diesem Grund hat sich Deutschland bei der Abstimmung enthalten.

Scharfe Kritik kommt aus dem EU-Parlament

Auch im Europaparlament war der Text der EU-Kommission heftig umstritten. So befürchtet Daniel Caspary, der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, dass der Ruf der EU durch diese „unsinnige Empfehlung“ Schaden nehmen könnte. „Während die europäische Wettbewerbsfähigkeit weiter schwächelt und in unserer Nachbarschaft ein blutiger Krieg tobt, sollten wir uns nicht mit unsinniger Verbotspolitik beschäftigen müssen“, wetterte Caspary.

Die EU-Kommission verteidigt aber ihre Empfehlung. Weitere Rauchverbote würden insbesondere Nichtraucher vor schädlichem Zigarettenqualm schützen. „Passivrauchen hat eindeutige negative Auswirkungen auf die Gesundheit“, erklärte die neue EU-Vizekommissionspräsidentin Teresa Ribera nach der Entscheidung am Dienstag. Die EU-Gesundheitsminister sprachen sich zudem mehrheitlich dafür aus, E-Zigaretten mit herkömmlichen Zigaretten gleichzusetzen. Die Mitgliedstaaten sollen demnach erwägen, auch das Rauchen elektronischer Vapes stark einzuschränken. Auf diese Weise sollen vor allem die jungen Menschen geschützt werden, für die die oft aromatisierten Tabake der Einstieg zum noch gesundheitsschädlicheren Rauchen sein könne.

Rauchen fordert hohe Kosten für den Staat

Auch volkswirtschaftliche gibt es genügend Argumente gegen das Rauchen. „Die zahlreichen durch das Rauchen verursachten Krankheits- und Todesfälle verursachen dem Gesundheitswesen und der Volkswirtschaft jährlich 97,24 Milliarden Euro Kosten“, schreibt das deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) im Tabak-Atlas 2020. Eine Packung Zigaretten müsste 22,80 Euro kosten, um die direkten und indirekten Kosten des Rauchens zu kompensieren. Aktuellere Zahlen liegen laut DKFZ nicht vor. Nach Angaben aus dem Bundesfinanzministerium nahm der Staat 2023 14,67 Milliarden Euro aus der Tabaksteuer ein.

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Erstellt:
3. Dezember 2024, 15:04 Uhr

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