Nach Tod dreier Mädchen in Pforzheim

Turm soll gesichert und wieder eröffnet werden

Schon nach einem Suizid im Sommer hat es erste Überlegungen zu einer besseren Absicherung des Turms beim Pforzheimer Stadtteil Hohenwart gegeben. Jetzt soll sie kommen.

Der Aussichtsturm Hohe Wart ist ein Ort der Trauer.

© Florian Dürr

Der Aussichtsturm Hohe Wart ist ein Ort der Trauer.

Von Eberhard Wein

Der Aussichtsturm Hohe Warte bei Pforzheim bleibt mindestens bis zum Herbst geschlossen. Das hat der Pforzheimer Baubürgermeister Tobias Volle vor 150 Bürgern bei einer Informationsveranstaltung im Ortsteil Hohenwart angekündigt. So lange werde die Ausarbeitung des neuen Sicherheitskonzepts dauern. Vor zwei Monaten waren drei 15-jährige Schülerinnen dort aus 40 Metern Höhe in den Tod gestürzt.

Der Turm sei nur Mittel zum Zweck und nicht der Anlass für Suizide, betonte Volle. „Eine Abrissdiskussion wollen wir nicht führen.“ Allerdings werde die Aussichtsplattform erst wieder geöffnet, wenn eine vollständige bauliche Sicherung erfolgt sei. Auch der Treppenaufgang erhalte ein „Antikletterdesign“. Ob dies mittels Einhausung geschehe oder durch Auffangnetze hänge auch davon ab, was die Statik zulasse. „Am Geld wird es nicht scheitern“, versprach Volle. Zudem sollten Schilder auf Hilfseinrichtungen wie die Telefonseelsorge hinweisen.

Bei den Bürgern erntete das Konzept überwiegend Zustimmung. Allerdings meldeten sich in der Hohenwarter Mehrzweckhalle auch kritische Stimmen zu Wort, darunter der Berliner Influencer Christian Stahl, der den Fall im Internet deutschlandweit thematisiert hatte. Die vorgestellten Maßnahmen seien richtig. Aber „die Politik hätte viel früher reagieren müssen. An Ihren Händen klebt Blut“, rief Stahl.

Verärgerung über den Influencer

Der Ortschaftsrat Gordon Janske wies den Vorwurf der Untätigkeit in seiner Wortmeldung zurück. Nachdem sich im Sommer ein ehemaliges Mitglied des Gremiums an gleicher Stelle in den Tod gestürzt hatte, habe man Maßnahmen besprochen. „Es ist so schlimm, aber die Kinder sind uns zuvorgekommen.“ An Stahl gewandt, setzte er unter starkem Applaus hinzu: „Wir brauchen kein Sprachrohr wie Sie!“

Das Todesermittlungsverfahren ist mittlerweile abgeschlossen. Laut Polizei gibt es keine Hinweise auf ein Fremdverschulden oder einen Unfall. Auch Mobbing ist dem Vernehmen nach auszuschließen. Inwiefern die Plattform Tiktok eine Rolle gespielt hat, blieb offen. „Weder Mitschüler noch Lehrer haben das kommen sehen“, sagte der Pforzheimer Stadtkirchen-Pfarrer Hans Gölz-Eisinger, der den Abend moderierte. In dem Gymnasium der drei Mädchen war er als Notfallseelsorger im Einsatz. Viele Kinder hätten heute ein Grundgefühl der Angst. Sein Appell: „Wir Erwachsenen dürfen unsere Sorgen nicht auf die Kinder übertragen. Wir sind die Felsen in der Brandung.“

Der Schwarzwaldverein äußert sich

Bei den meisten Besuchern herrschte im Anschluss Zufriedenheit über den Austausch. „Ich frage mich nur, wann der Turm wieder zu einem Ort der Erholung werden kann“, sagte die Einwohnerin Stephanie Vetter. Noch prägt Trauer den Turm. Am Absperrzaun hängen Holzkreuze und andere Erinnerungsstücke. Dass dort am Vatertag wieder das „Turmfest“ des Schwarzwaldvereins gefeiert werden soll, wie es noch im örtlichen Vereinsterminkalender angekündigt ist, kann sich kaum einer vorstellen.

Auch er tue sich mit dieser Vorstellung „furchtbar schwer“, sagte der Schwarzwaldvereinschef Reinhold Ochs gegenüber unserer Zeitung. Man müsse sich nun mit dem Musikverein zusammensetzen, der als Co-Veranstalter der Traditionsveranstaltung fungiert. Es sei möglich, dass man das Fest ausfallen lasse. „Vielleicht finden wir aber auch einen anderen Platz und einen anderen Namen.“ Denn ein Fest könne das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken. Und das könne dem Ort in seiner Trauer auch guttun.

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 und unter https://ts-im-internet.de/ erreichbar. Eine Liste mit Hilfsangeboten findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: https://www.suizidprophylaxe.de/

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Erstellt:
6. Februar 2025, 16:56 Uhr
Aktualisiert:
6. Februar 2025, 17:05 Uhr

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