Eine Chance, schöne Erinnerung zu schaffen
Das Thema Kindergeburtstag ist ein weites Feld, das Familien viele Jahre begleitet. Die Möglichkeiten, die Feier für den Nachwuchs zu gestalten, sind dabei mannigfaltig. Manche Eltern überfordert die Organisation und sie lagern die Party aus, andere gehen darin richtiggehend auf.

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Entertainment vom Feinsten: Ohne Geburtstagskuchen und Partyprogramm geht bei Kindergeburtstagen nichts. Das Wichtigste dabei: Die Kinder sollen Spaß haben. Foto: Imago/blickwinkel
Von Nicola Scharpf
Backnang. Das Kind wird zwei – oder drei, vier, fünf. Es hat Geburtstag, was gefeiert werden will. Mindestens die ersten zehn Lebensjahre des Nachwuchses begleitet Familien das Thema Kindergeburtstag. So verschieden die Kinder, so verschieden die Möglichkeiten, einen Kindergeburtstag vorzubereiten und auszurichten. Schatzsuche, Schnitzeljagd, Topfschlagen und Spiele, Mottoparty, Übernachtungsparty, Überraschungsparty, Basteln zu Hause, Ausflug zu einer Event-Location: Die einen Eltern investieren viel Zeit oder viel Mühe oder viel von beidem, um eine Feier auf die Beine zu stellen. Die anderen Eltern investieren viel Geld, damit die Party zum Highlight wird. Die einen Eltern fühlen sich beim Thema Kindergeburtstag gestresst und überfordert, die anderen gehen dabei richtiggehend auf und finden darin sogar Beruf oder Berufung.
Michaela Leins und Tanja Layer gehören zur letzteren Art. Beide sind Mütter, die eine von fünf (fast) erwachsenen Kindern, die andere von zwei Kindern im Kindergartenalter, und beide sind Erzieherinnen in Aspach. Berufsbedingt haben sie einen großen Fundus an Themen, Spielen, Liedern, aus dem sie schöpfen können, und Lust, die Ideen umzusetzen. Michaela Leins erinnert sich an den Pippi-Langstrumpf-Geburtstag, als die Geburtstagsgäste zur Portion Spaghetti statt Besteck Scheren bekamen und ein Plüschexemplar des Pferdes Kleiner Onkel über ihre Köpfe stemmen durften – so stark wie die Pippi eben. Auch Leins’ 16-jährige Tochter kann sich noch gut an diese Feier erinnern. „Weil ich gespürt habe, mit wie viel Liebe sie vorbereitet war und dass die Mama sich ganz viel Mühe gegeben hat“, hat sie ihrer Mutter erklärt. Tanja Layer sieht noch die strahlenden Augen, als ihr Sohn eine Fußballparty zum vierten Geburtstag feiern durfte. „Da machst du das einfach gerne.“ Sie lässt ihre Kinder aktiv mit überlegen, wie die Feier gestaltet sein soll. Was ist den Kindern wichtig? Das sei eine zentrale Frage bei der Vorbereitung – ebenso wie dass das Fest auf das Geburtstagskind zugeschnitten sei; und wo man wohne. In einer Wohnung in der Innenstadt biete sich anderes an als beim Gartenfest auf dem Land. Michaela Leins’ Kinder sagen rückblickend, dass sie sich an die Geschenke beim Kindergeburtstag nicht mehr erinnern können. „Das Fest ist das Geschenk“, so Leins, die beobachtet, dass unter den Eltern der Geburtstagskinder manchmal richtiggehend ein Wettbewerb entsteht, wer die beste Party schmeißt.
Dass Kindergeburtstag Stress sein kann, können die Erzieherinnen verstehen
Die Messlatte liegt also hoch. Man ist berufstätig, tut sich schwer, Ideen zu haben, mag kein Durcheinander im Haus und auch keinen Lärm. Man muss Kuchen backen, Abendessen zubereiten, Flecken von den Wänden wischen, Krümel vom Boden beseitigen und Saftlachen vom Tisch. Dass ein Kindergeburtstag auch Stress sein kann, können Leins und Layer nachvollziehen. Layer trägt daher schon seit einer Weile den Gedanken in sich, sich als Geburtstagsparty-Organisatorin zu betätigen und hat sich ein Konzept für fertig gepackte Mottokisten zum Ausleihen oder Kaufen überlegt. „Ich selbst würde auch mit zum Fest kommen und die Party umsetzen.“
Dass Eltern für derlei Entlastung dankbar sind, hat Miriam Hozak schon häufig erlebt, seit sie sich 2012 mit „Frischlufterlebnis“ selbstständig gemacht hat und als Naturpädagogin für das Programm bei Waldgeburtstagspartys gebucht werden kann. „Jeder will irgendwie mehr. Jeder will etwas Besonderes. Ich habe diese Suche der Eltern verbunden mit Natürlichkeit. Die Eltern sind entlastet, weil sie sich kein Programm überlegen müssen. Und ich kann den Kindern die Natur näherbringen.“
Diese Form des ausgelagerten Kindergeburtstags ist quasi der Gegenpol zum Besuch in Event-Locations wie Erlebnisbad, Kletterpark und Indoor-Spielplatz, der zwar die Nerven der Eltern schont, nicht aber deren Geldbeutel. „Es wird viel, viel gefeiert. Wir sind fast immer ausgebucht. Weil es immer voll ist, muss man zwei bis drei Wochen im Voraus buchen“, sagt Sultan Deniz. Seit 2015 ist er Inhaber des Funparks in Backnang-Waldrems, den Kindergeburtstagsgesellschaften aus dem gesamten Rems-Murr-Kreis und darüber hinaus ansteuern. Über 100 Kinder pro Woche, so schätzt Deniz, feiern im Funpark ihre Party, an den Wochenenden sogar in zwei Schichten. Es kämen schon die Jüngsten im Alter von zwei oder drei Jahren. Bis etwa zwölf Jahre bleibe der Indoor-Spielplatz populär. Deniz beobachtet, dass unterschiedliche Nationalitäten auch unterschiedlich feiern. Lade beispielsweise ein dreijähriges italienisches Kind zum Feiern ein, seien unter den Gästen vielleicht fünf Kinder und dazu noch 20 Erwachsene, weil Mamas und Papas oder auch Omas und Opas mitfeiern.
Michael Reegen hat Mottopartys zu seinem Erwerb gemacht, als er mit den Partystrolchen vor rund 16 Jahren einen der bundesweit ersten Online-Shops in diesem Bereich etablierte. Er ist vornehmlich Großhändler, betreibt in Backnang aber auch einen Laden und kennt die vielen Facetten eines Kindergeburtstags. Angefangen von den Einladungskarten über das Partygeschirr und die zum Motto passende Backform bis hin zu Luftballons, Mitgebseln und Kostümen zu einer Serie: Mottopartys stehen seit vielen Jahren hoch im Kurs und sie sollen möglichst aus einer Hand und aus einem Guss sein, sagt Reegen über einen Wunsch, der insbesondere die Eltern antreibt. Perfektionistisch? „Ja, absolut.“
Kinder wählen für ihre Feier anderes aus, als es die Eltern tun
Er ergänzt: „Für mich sollte eine Party bunt sein. Die Kinder wollen, dass sie einfach schön ist und gefällt. Dabei muss nicht alles zusammenpassen und durchgestylt sein, das machen nur die Eltern.“ Wenn ein Kind sich das Zubehör für seine Feier auswählen dürfte, käme dabei vermutlich eine ganz andere Party heraus, als wenn die Eltern das Aussuchen übernehmen. „Insbesondere kleine Kinder stehen auf knallige, volle Farben und nicht auf Pastelltöne“, rät er. Die Gepflogenheit, dass die Geburtstagsgäste kleine Geschenke mit nach Hause bekommen – die Mitgebsel – kennen Eltern aus ihrer eigenen Kindheit nicht, da sie vor rund 15 Jahren ihren Anfang nahm. Was in die Mitgebseltüten hinein soll? „Ich rate von Süßigkeiten ab. Das Mitgebsel ist als schöne Geste gedacht. Inhalt könnte etwas Nachhaltiges sein, mit dem die Kinder etwas anfangen können, wie zum Beispiel ein Bleistift mit Radiergummi.“ Schnell übersteige der Inhalt der Tütchen den Wert des Geschenks, das der Gast mit zur Party bringt. „Da muss man aufpassen.“ Reegen plädiert an Eltern, die Kinderparty selbst zu stemmen, statt sie an eine Event-Örtlichkeit zu verlagern: „Man vertut sich als Eltern sonst eine Chance, den Kindern etwas mitzugeben. Durch einen Kindergeburtstag lässt sich eine schöne Erinnerung schaffen. Wer selbst schöne Erinnerungen an seine eigenen Kindergeburtstage hat, dessen Eltern haben vieles richtig gemacht.“
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Max Leuchtmann, sieben Jahre: Eine Schatzsuche mit Süßigkeiten und kleinen Geschenken im Schatz ist für mich das Wichtigste am Kindergeburtstag. Sogar als mein Kindergeburtstag wegen Corona nicht stattfinden konnte, habe ich trotzdem eine Schatzsuche bekommen. Dass meine Freunde mitfeiern, ist auch sehr wichtig; und dass sich niemand verletzt. Zu meinem achten Geburtstag wünsche ich mir eine Pokémon-Party mit viel Pokémon-Dekoration.