Eine duftende Tradition aus Bayern in Oppenweiler

Am 15. August ist Mariä Himmelfahrt. An diesem Tag werden nach katholischer Tradition besonders in Bayern Sträuße aus Kräutern geweiht. Die Landfrauen Oppenweiler binden aus Freude am Brauchtum und an den duftenden Pflanzen ihre eigenen Kräuterbuschen.

Traudel Schützendorf (links) und Marianne Demel suchen sich die Gräser, Blumen und Kräuter zusammen, die sie in ihre Kräuterbuschen einflechten wollen. Dabei achten sie darauf, mit Farben und Aromen abzuwechseln. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Traudel Schützendorf (links) und Marianne Demel suchen sich die Gräser, Blumen und Kräuter zusammen, die sie in ihre Kräuterbuschen einflechten wollen. Dabei achten sie darauf, mit Farben und Aromen abzuwechseln. Fotos: Alexander Becher

Von Anja La Roche

Oppenweiler Ein süßer Duft liegt in der Luft der Scheune. Besonders intensiv sticht der Lavendel heraus, aber auch Pfefferminze, Majoran, Rosmarin und viele weitere Kräuter verströmen ihr Aroma bis hinaus auf den Schiffrainer Hof. Dieser gehörte einmal Brunhilde Kübler, inzwischen gehört er ihrem Sohn. Sie ist Gründungsmitglied der Landfrauen Oppenweiler und heute erneut Gastgeberin zum gemeinsamen Kräuterbuschenbinden. Etwa ein Dutzend weitere Landfrauen sind in der Scheune am Werk, erfreuen sich an den duftenden Pflanzen und binden daraus die Buschen. Damit bezeichnet man in Bayern und Österreich ein Bündel aus Zweigen oder einen Blumenstrauß. Bereits seit 2017 lassen die schwäbischen Landfrauen mit den Buschen eine katholische Tradition aufleben.

Die fertigen Buschen spiegeln die Vielfalt der Natur wider.

© Alexander Becher

Die fertigen Buschen spiegeln die Vielfalt der Natur wider.

Brigitte Vogelmann etwa, zweite Vorstandsfrau des Vereins, will sich aus der Sammlung an gepflückten Kräutern und Blumen gleich drei Buschen zusammenstellen. Einen für ihre Tochter, die auch einige der Pflanzen gesammelt und vorbeigebracht hat, einen für ihre katholische Freundin aus Bayern und einen für ihr eigenes Haus. Traudel Schützendorf aus Aichelbach achtet darauf, dass ihr Strauß gut riecht und dass er bunt ist, wie sie erklärt. Für die knalligen Farben sorgen bunte Blüten wie die gelben des Rainfarns. An Farbe würden die Pflanzenbündel sowieso noch verlieren, wenn sie später getrocknet werden, sagt sie. Aber auch Wilde Möhre und Currykraut, welche in ihrem Garten wachsen, bindet sie in ihren Strauß ein.

Die Religion steht nicht im Vordergrund

Die meisten der Frauen sind nicht katholisch, sondern evangelisch, und widmen sich den Kräuterbuschen nicht aus religiösen Gründen, sondern weil es ihnen Freude bereitet. Angefangen hatte es mit einem Kurs beim Kräuterzentrum Wasenhof in Großerlach. Die Idee zur Anmeldung hatte Ursula Scheib. Die erste Kräuterweihe erlebten die Landfrauen Oppenweilers in der katholischen Kapelle in Kleinaspach. „Das sah wunderschön aus“, erinnert sich Scheib an die vielen Kräutersträuße in der kleinen Kapelle. Ihnen hatte es der Brauch angetan.

Für die katholische Kirche bereiten ein paar der Frauen Kräuterbuschen vor, die für Mariä Himmelfahrt geweiht werden. Die meisten Sträuße nehmen die Landfrauen aber ohne Weihung mit nach Hause. Doch auch wenn die evangelischen Teilnehmerinnen sie nicht aus dem Glaube heraus zusammenstellen, kennen sie die eigentliche Bedeutung der Weihbüschel: Nach der Marienlegende sollen sich Kräuter am leeren Grab von Maria befunden haben. Die Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt dient unter anderem als Glaubensbeweis und soll vor Unglück schützen (siehe Infotext). „Ich finde die alten Bräuche sehr schön“, erklärt Marianne Demel, die sich zwei Buschen zusammenbindet. Für heute hat sie unter anderem Gräser, Schafgarbe und Witwenblumen gepflückt.

Herzliches Miteinander

Neben der Tradition und dem Duft der Kräuter sind die Aktion in der Scheune der Küblers und das gemeinsame Basteln der Sträuße vor allem ein tolles Ereignis für die Gemeinschaft der Frauen. „Ich muss sagen, wir sind eine besonders nette Truppe“, freut sich Traudel Schützendorf. Zwischen 60 und 80 Jahre alt sind die Teilnehmerinnen. Beim Buschenbinden mit dabei ist auch die erste Vorsitzende Cornelia Meyer. Das Miteinander ist herzlich und freundschaftlich.

Die jüngeren wie auch die männlichen Mitglieder des Vereins – zirka 100 Landfrauen und -männer soll er zählen – seien weniger interessiert an dem Angebot. Aber die Landfrauen Oppenweilers bieten ja auch noch jede Menge andere Aktivitäten wie Linientanz, Kaffeeklatsch oder Ausflüge aller Art an. „Für jeden Geschmack ist etwas dabei“, findet Schützendorf, die inzwischen ihren Kräuterbuschen fertig gebunden hat. Nachher wird sie ihn daheim in einen passenden Krug stellen und einige Tage später dann zum Trocknen aufhängen. Der Anblick und der Duft werden sie erfreuen, bis sie ihn im Winter oder Frühjahr entsorgt und Platz für einen frischen Kräuterstrauß schafft.

Die Legende hinter der bayerischen Tradition

Marienlegende Als die Gottesmutter Maria gestorben war, kamen die Apostel drei Tage später an ihr Grab, doch das Grab war leer. Sie war mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden. Aus dem Grab strömten die Düfte von Rosen, Lilien und Heilkräutern.

Kräuter Je nach Region werden unterschiedliche Kräuter in den Buschen geflochten. Begonnen wird meist mit dem Mittelpunkt, der Königskerze. Die Anzahl der Kräuter soll immer eine mystische Zahl sein, von sieben (Schöpfungstage) bis 99 (dreimal 33, als Symbol der heiligen Dreifaltigkeit).

Nach der Weihe Die gesegneten Kräuter sollen als Tee eine besondere Heilwirkung haben, als Viehfutter die Tiere gesund und kräftig halten und unter das Kopfkissen gelegt das Eheglück erhalten. Verbrannt sollen sie Gewitter fernhalten.

Frauendreißiger Der Zeitraum ab Mariä Himmelfahrt bis 15. September wurde früher Frauendreißiger genannt. In dieser Zeit haben Heilkräuter besonders viele Inhaltsstoffe und wurden von Frauen gesammelt, um die Familie zu versorgen.

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Erstellt:
11. August 2023, 06:00 Uhr

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