Eine Milliarde Euro für Verwaltung

Rekord bei Geldverschiebung der Jobcenter – Immer mehr für Aus- und Weiterbildungen gedachtes Geld landet andernorts

Berlin (dpa). Die Jobcenter in Deutschland haben im vergangenen Jahr erstmals mehr als eine Milliarde Euro für die Wiedereingliederung Arbeitsloser zur Deckung von Verwaltungskosten benutzt. Das geht aus einer Antwort auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Das unter anderem für Weiterbildungskurse gedachte Geld wurde also etwa zur Bezahlung von Personal verwendet. Bei der seit Jahren üblichen Praxis der Mittelverschiebung gab es 2018 somit einen neuen Rekord.

Bereits früher hatten Jobcenter zunehmend Geld aus dem Budget für Eingliederung für Verwaltungskosten verwendet. 2018 verschoben sie mit 1030 Millionen Euro fast ein Viertel des Eingliederungsbudgets, das etwa für Umschulung, Ausbildung und Training genutzt wird. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann, die die Anfrage gestellt hatte, sagte: „Statt Erwerbslose weiterhin aufs Abstellgleis zu schieben und zu drangsalieren, muss ausreichend Geld zur Förderung bereitgestellt werden.“ Etwa Langzeitarbeitslose und Ältere bräuchten mehr Weiterbildung.

Die Regierung betont in ihrer Antwort hingegen, das Gesetz erlaube den Jobcentern aus gutem Grund, die Mittel nach Bedarf einzusetzen. Jobcenter entschieden jeweils, „ob eher eine maßnahmenorientierte Eingliederungsstrategie – die zulasten des Eingliederungstitels geht – oder eher eine intensive Betreuung durch die Beschäftigten des Jobcenters – die die Verwaltungskosten belastet – zielführender erscheint“. Die Bundesagentur für Arbeit nannte als einen Grund für wachsende Verwaltungskosten steigende Lohnkosten. Zudem bräuchten Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge oft intensive Betreuung. Mit Schwankungen steigen die Verwaltungskosten seit Jahren.

Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Pascal Kober (FDP), sagte: „Die Bürokratie seit Jahren nur zu beklagen hilft nicht weiter.“ Daher sollten die Kosten der Unterkunft und Heizung als Pauschale bezahlt werden, anstatt sie spitz abzurechnen. Zudem sollten unter anderem einheitliche Regelsätze für Alleinstehende und Ehepaare eingeführt werden, so dass die gängige Überprüfung des Zusammenlebens unnötig wird.

Nach einem Vorschlag des Ifo-Instituts sollen Hartz-IV-Bezieher künftig ferner mehr ohne Abzüge dazuverdienen können. Die Beschäftigung in Deutschland könnte so um 216 000 Vollzeitstellen erhöht werden, wie das Institut am Montag in Berlin mitteilte. Heute bleibe netto zu oft nicht mehr übrig, wenn Betroffene ihr Bruttoeinkommen steigerten. „Das muss beseitigt werden“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Andreas Peichl, Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik, sagte, mit Kindern, insbesondere bei Alleinerziehenden, führe mehr Bruttoeinkommen manchmal sogar zu weniger Nettoeinkommen. „Warum sollte dann jemand mehr arbeiten?“ Im Kern schlägt das Ifo-Institut vor, dass bei niedrigen Einkommen ab 630 Euro pro Monat nur noch 60 Prozent der Grundsicherung abgezogen werden. Heute dürften Hartz-IV-Bezieher 100 Euro ohne Abzüge hinzuverdienen. Bei Verdiensten zwischen 100 und 1000 Euro werden 80 Prozent abgezogen.

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Erstellt:
19. Februar 2019, 03:04 Uhr

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