Eine realistische Chance für das Weissacher Pflegeheim
Bei einer Podiumsdiskussion des Offenen Grünen Treffs wird das Ergebnis einer architektonischen Feinplanung für das Heim öffentlich gemacht.
Von Melanie Maier
Weissach im Tal. Vorsichtig optimistisch ist Josef Voss, was das Weiterbestehen des Pflegeheims in Unterweissach betrifft. Der erste große Schritt zu einer Einigung mit dem Betreiber des Heims, dem Alexander-Stift, sei getan, so der Vertreter der Interessengemeinschaft (IG) Gemeindepflegehaus Weissach im Tal – eine große Neuigkeit für die Tälesgemeinde sowie die Eigentümerinnen und Eigentümer der Pflegezimmer des Hauses, das wie zahlreiche andere Pflegeheime in Baden-Württemberg von den Auswirkungen der Landesheimbauverordnung betroffen ist (wir berichteten).
Details machte Reinhard Knüdeler vom Offenen Grünen Treff am Donnerstagabend bei der gut besuchten Podiumsdiskussion „Gemeinsam alt werden in Weissach“ in der Seniorenbegegnungsstätte in Unterweissach öffentlich. Er las aus einer E-Mail vor, welche die IG tags zuvor unter anderem auch an Weissachs Bürgermeister Daniel Bogner verschickt hatte. Daraus gehen die Ergebnisse einer Feinplanung hervor. Diese hatte die IG in Auftrag gegeben, um herauszufinden, welche baulichen Änderungen an dem Heim notwendig sind, damit es über 2026 hinaus betrieben kann.
Feinplanung sieht 44 Pflegeplätze vor
Der E-Mail der IG zufolge, die auch der BKZ vorliegt, sieht der von der IG und dem Fachplaner bevorzugte Lösungsansatz 44 Pflegeplätze vor. In Haus 7 müssten dazu zwei kleine Zimmer zusammengelegt werden. In Haus 9 könnten die Doppelzimmer ohne Umbau zu Einzelzimmern gemacht werden. Die geforderten Gemeinschaftsflächen seien vorhanden, ein Anbau sei nicht nötig. Drei Küchen müssten aber gebaut werden. Die ermittelten Gesamtkosten belaufen sich laut IG auf 215.000 Euro – rein rechnerisch also rund 5.000 Euro pro Eigentümer; weitaus weniger als bisher angenommen. Allerdings hat das Alexander-Stift einige weitere Anpassungen wie die Klimatisierung von Gemeinschaftsflächen gefordert, die nicht in die Rechnung mit eingeflossen sind. Nun liege es beim Alexander-Stift, zu entscheiden, ob der Ansatz für den Träger zukunftsfähig ist, so die IG, „für die Zeit bis 2031, gegebenenfalls 2036 oder auch länger“.
Liege eine Einigung vor, so könne der Träger bei der Heimaufsicht einen Antrag stellen, erläuterte Roman Böhnke. Er leitet das Ordnungsamt des Landratsamts, zu dem die Heimaufsicht des Kreises gehört. „Einige Ausnahmegenehmigungen würden fällig“, sagte er. Doch dann sei ein Weiterbetrieb des Heims nach 2026 auch möglich.
Angesichts dieser Neuigkeit rückte die eigentliche Veranstaltung etwas in den Hintergrund. Dabei ging es ebenfalls um das Weissacher Pflegeheim, aber nicht nur. Fünf Referenten sollten das Thema Altern aus verschiedenen Perspektiven in je fünf bis zehn Minuten beleuchten (woran sich nicht alle hielten). Nach einer Begrüßung durch Barbara Malburg-Graf und Alexander Ludwig vom Offenen Grünen Treff, dem Veranstalter, und einem digitalen Grußwort von Bürgermeister Bogner war als Erstes Barbara Steiner von der Dualen Hochschule Heidenheim an der Reihe. Sie plädierte vor allem dafür, Pflege neu zu denken und zum Beispiel Generationennetzwerke zu bilden. Angesichts des Fachkräftemangels und der Finanzierungskrise in der Pflege müsse man sich darauf einstellen, dass es nicht weitergehen könne wie bisher.
Kreis erwartet an 2035 fehlende Pflegeplätze
Melanie Schwarz von der Stabsstelle Sozialplanung Seniorinnen und Senioren beim Landratsamt referierte hauptsächlich über den Kreispflegeplan, der 2022 vom Kreistag verabschiedet wurde. Besonders hervor hob sie, dass im Rems-Murr-Kreis in sämtlichen Bereichen der Pflege bis 2035 gesteigerte Bedarfe beziehungsweise fehlende Plätze erwartet werden – „und da sind die Coronadaten noch nicht mal eingeflossen“. Zudem erklärte sie, wie der Kreis den Kommunen bei der Stärkung der Pflege vor Ort hilft.
Martina Zoll, die Geschäftsführerin der Diakoniestation Weissacher Tal, brachte in einem knackigen Vortrag auf den Punkt, an welchen vier Bereichen in Weissach im Tal angesetzt werden könnte. Ihr zufolge sollte das betreute Wohnen weiterentwickelt, die Tagespflege weiter ausgebaut werden. Zudem müsse der bürgerschaftliche Bereich gestärkt werden (zum Beispiel mit einem Alltagshelferprojekt). Und man könne sich überlegen, einen weiteren Dienstleister wie die katholische Nachbarschaftshilfe ins Boot zu holen. Der Bedarf sei da, so Zoll.
Ortsseniorenrat wünscht sich Austausch
Zu den Plänen, ein neues Pflegeheim mit 75 Plätzen oder mehr in Weissach zu bauen, erklärte sie: „Eine Erweiterung um mehr als das Doppelte wäre für die Diakoniestation eine Katastrophe, ganz klar.“ Die stationäre Versorgung, sagte sie, würde bezüglich der Fachkräfte in direkter Konkurrenz stehen.
Der ehemaliger Seniorenfachberater von Leinfelden-Echterdingen, Peter Löwy, legte der Gemeinde nahe, einen Altenhilfeplan mit den Bürgern zu erarbeiten. Mit Maßnahmen und Projekten wie einer Alzheimersprechstunde oder einem Männertreff könne auf die Bedürfnisse älterer Menschen eingegangen und ihnen das Gefühl gegeben werden, „noch etwas wert zu sein“.
Als letzter Referent stellte Rolf-Jürgen Hägebarth die Sichtweise des Ortsseniorenrats (OSR) vor. Dieser würde sich wünschen, dass sich aus jeder Weissacher Gemeinderatsfraktion eine Person mit dem Thema Alter beschäftigt, „um in einen Austausch zu kommen“. Wichtig sei es außerdem, den Faktor Mensch nicht zu vergessen, betonte Hägebarth. „Ob ein Pflegezimmer einen Quadratmeter mehr oder weniger hat, ist unwichtig, solange die Versorgung stimmt.“
Die Frage, was gut für Weissach im Tal ist, könne am Ende nur von Weissachern beantwortet werden, fasste Alexander Ludwig am Ende zusammen. Gute Lösungen zu finden sei außerdem nur möglich, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen.