Neue Studien des Naturkundemuseums Stuttgart
Einer der ältesten Dinosaurier Europas in neuem Licht
Plateosaurus trossingensis ist einer der Stars des Naturkundemuseums am Löwentor. Obwohl die Spezies schon seit mehr als 100 Jahren bekannt ist, hat ein Stuttgarter Forscher jetzt neue Details über den Pflanzenfresser von der Schwäbischen Alb herausgefunden.
Von Markus Brauer
Im Jahr 1912 grub der Stuttgarter Geologe und Paläontologe Eberhard Fraas (1862-1915) in Trossingen auf der Schwäbischen Alb das erste vollständige Skelett eines Plateosaurus aus. 1926 wurde der Pflanzenfresser, der in der Obertrias von 217 bis 201 Millionen Jahren Europa bewohnte, erstmals wissenschaftlich beschrieben.
Plateosaurus trossingensis – ein Star des Museums am Löwentor
Die historischen Grabungen in Trossingen förderten in den Jahrzehnten danach insgesamt 80 Skelette zutage, von denen der größte Teil im Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart aufbewahrt wird. Daneben lagern auch Skelette in Tübingen, New York und an der Harvard University. Insgesamt gibt es über 250 Funde von Plateosaurier-Individuen aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich.
Nun hat Joep Schaeffer, Paläontologe am Naturkundemuseum Stuttgart, das Fossil von Plateosaurus trossingensis erneut untersucht und wichtige Details zu den Merkmalen dieser bekannten Dinosaurierart, ihrer Biologie und den Beziehungen zu anderen frühen Dinosauriern vorgelegt. Diese Analyse ist die erste seit fast 100 Jahren. Die Studie ist im Fachmagazin „Journal of Systematic Palaeontology“ veröffentlicht.
Redescription of the type specimen of Plateosaurus trossingensis: https://t.co/uA4Ej5Eqk1 [Osteological redescription of the holotype of Plateosaurus trossingensis (Dinosauria: Sauropodomorpha) from the Upper Triassic of SW Germany and its phylogenetic implications]! pic.twitter.com/892qVUWSop — Fang ( Commissions Open) (@Fang83768513) May 24, 2024
Einer der größten Dinosaurier aus der späten Trias
Plateosaurus konnte bis zu zehn Meter lang werden und bis zu vier Tonnen wiegen. „Anhand neuer Funde und Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte konnte ich neue Aspekte in meiner Analyse berücksichtigen und wichtige Details zur Anatomie des Schädels und des restlichen Skeletts liefern“, erklärt der Urzeit-Forscher.
Außerdem habe er die Position von Plateosaurus trossingensis im Stammbaum überprüft und aktualisiert sowie die Verwandtschaftsbeziehungen dieses frühen Dinosauriers mit anderen aufgezeigt. „Die Neubeschreibung ist eine wichtige Grundlage für zukünftige Fragestellungen in der Dinosaurierforschung und für die Bewertung anderer fossiler Funde“, so Joep Schaeffer.
Puzzleteilchen ergeben Gesamtbild der Spezies
Eine Verletzung an den Schwanzknochen des Dinosauriers erregte das Interesse des Wissenschaftlers und der anderen Paläontologen. Dies veranlasste das Forscherteam aus Paläontologen und einem Veterinärmediziner dazu, weitere Skelette zu analysieren. Diese zweite Studie ist Fachzeitschrift „PLOS ONE“ veröffentlicht.
Happy to share the second chapter of my PhD about "Paleobiological implications of chevron pathology in the sauropodomorph Plateosaurus trossingensis from the Upper Triassic of SW Germany" Thanks to all my co-authors for their wonderful work. https://t.co/AGlpKQl03X — Joep Schaeffer (@JoepSchaeffer) July 31, 2024
Fast 15 Prozent der untersuchten Plateosaurus-Fossilien wiesen diese Verletzungen auf, die zwar nicht zum Tod der Tiere führten, aber erhebliche Schäden hinterließen. „Wir wissen bereits viel über Plateosaurier, zum Beispiel wie schwer sie wurden, was sie aßen oder auch wann sie geschlechtsreif wurden.“
Auch über ihren Lebensraum wisse man dank der Analyse der Gesteine, in denen die Fossilien gefunden wurden, schon sehr viel. „Jedes Puzzlestück hilft uns, mehr über die Biologie und Ökologie der Tiere zu erfahren. Deshalb ist es für uns besonders spannend, die Verletzungen zu identifizieren und die Ursache herauszufinden“, erläutert Schaeffer.
Woher stammen die Verletzungen am Schwanz des Sauriers?
Doch wie kam es zu den Verletzungen? Die Wissenschaftler ziehen verschiedene Szenarien in Betracht:
- Die Tiere könnten im Schlamm stecken geblieben sein und sich die Verletzungen zugezogen haben, als sie sich mit dem Schwanz daraus befreien wollten.
- Eine zweite Möglichkeit ist, dass sich die Dinosaurier bei sozialen Kontakten den Schwanz stießen.
- Angriffe von Raubtieren sind eine dritte Hypothese.
Waren Jäger die Ursache für die Verletzungen des Plateosaurus?
„Ein Raubtier, das die Verletzungen verursacht haben könnte, ist der fleischfressende Dinosaurier Liliensternus, aber angesichts seiner Größe könnte er nur junge Plateosaurus-Individuen verletzt haben. Andere potenzielle Fressfeinde waren Phytosaurier und Krokodilvorfahren“, berichtet Schaeffer.
Diese urzeitlichen Verwandten der Krokodile griffen ihre Opfer in der Regel von unten und von hinten an, was zu den Verletzungen an den Knochen passen würde, so der Stuttgarter Forscher weiter. Bislang seien in Trossingen allerdings keine derartigen Fossilien gefunden worden.
„Allerdings sind einige Exemplare von anderen Fundorten bekannt. Um diese Frage zu klären, müssen wir also weitere Funde abwarten“, ergänzt Eudald Mujal, Paläontologe mit den Schwerpunkten Fossilerhaltung und Paläoökologie am Naturkundemuseum Stuttgart.