Eintauchen in die weite Welt der Maki
Serie Mitgemacht: Vegetarisches Sushi zuzubereiten, ist unter fachkundiger Anleitung gar nicht so schwierig und schmeckt super
Fisch in vielerlei Variationen? Immer her damit. Einfach weil es schmeckt, nicht nur wegen den gesunden Omega-3-Fettsäuren. Auch ein leckeres Carpaccio darf es durchaus sein. Aber roher Fisch, der in Form und Farben wie ein Kunstwerk eines kreativen Konditors oder begabten Bonbon-Bastlers daherkommt? Für Redakteur Steffen Grün ein No-Go wie saure Kutteln. Ein Glück, dass sich der Kurs der Backnanger Volkshochschule den vegetarischen Sushi-Varianten widmet.
Von Steffen Grün
Es ist keineswegs so, dass ich auf Durchzug schalten würde, wenn die Kollegin von den vielen Vorteilen der in ihrem Fall sogar veganen Ernährung schwärmt. Das klingt alles schlüssig und die von ihr zum Sonntagsdienst bereits ab und an mitgebrachten Probierhäppchen sind superb. Trotzdem lassen eine knackige Rote mit würzigem Senf und frischem Weißmehlbrötchen mein Herz immer noch höherschlagen als ein veganer roter Linsenaufstrich. Selbiges gilt für den saftigen Rostbraten im Vergleich zum gegrillten Tofu – immerhin sind ja die Zwiebeln vegan.
Weil Sushi bislang aber zu den wenigen Dingen zählt, die ich nach dem alten Motto von dem Bauern, der nicht (fr)isst, was er nicht kennt, links liegen gelassen habe, bin ich in diesem Fall nicht böse, dass sich der VHS-Kurs explizit den vegetarischen, in weiten Teilen sogar veganen Abwandlungen der fernöstlichen Leckerei zuwendet. Roher oder geräucherter Fisch ist in der tipptopp ausgestatteten und blitzsauberen Küche nirgends zu sehen. Stattdessen vielerlei Gemüse: Paprikas, Tomaten, Gurken, Karotten, Radieschen, Zucchini, Spinat, Sprossen, Zwiebeln. Dazu Avocados, die – so viel Google-Wissen muss an dieser Stelle sein – zu den Beeren zählen und damit ein Obst sind, und zerkleinerte Erdnüsse. Frischkäse, Paprikamark oder Basilikumpesto stehen bereit, insgesamt sei vegetarisches Sushi „ideal für die Resteverwertung“, wirft Kursleiterin Katrin Erwerle ein gutes Argument ein, um das Wegwerfen von Lebensmitteln einzudämmen. Sie legt uns aber auch ein paar spezielle Zutaten ans Herz: eine japanische Sojasoße, Reisessig, die scharfe Wasabipaste und den nicht minder würzigen eingelegten Ingwer namens Gari.
Es ist viel Schnibbelarbeit nötig, bis die Nori-Blätter nach Herzenslust belegt werden dürfen
Und dann ist da vor allem Reis. Reichlich Reis. Spezieller Sushi-Reis. „Den gibt es in jedem Supermarkt“, beruhigt die Expertin den Ahnungslosen, für den Reis bislang Reis war. Für eine Tasse der weißen Teilchen braucht es zwei Tassen Wasser, erklärt Katrin Erwerle und kocht, was das Zeug hält. Bevor wir in die Welt der Maki und damit der so vielfältigen gerollten Sushi-Formen eintauchen, ist aber noch eine Menge Schnibbelarbeit angesagt. Ich darf die Zwiebeln für den asiatischen Gurkensalat schneiden – eine nicht allzu komplexe Aufgabe für den einzigen Mann unter etwa einem Dutzend Frauen, doch die Ringe meiner Mitstreiterin wirken optisch ansprechender. Was bleibt da noch? Das gespülte Besteck einräumen oder die auf den Boden gefallenen Stückchen aufwischen – kurzum: ein Beitrag zur Küchenhygiene.
Mit dem Verteilen der Nori-Blätter steige ich die Hierarchieleiter wieder hoch, ohne die essbaren Meeresalgen geht nichts. Obwohl wir Anfänger sind, dürfen wir sofort mit dem Gold-Standard hantieren. Etwas anderes kommt einer Perfektionistin wie der Kursleiterin nicht in die Tüte. „Mit der rauen Seite nach oben“, erklärt sie und schreibt den Blättern einen hohen Anteil an Mineralien und Omega-3-Fettsäuren zu. So weit, so gut. Dagegen verstehe ich nur Bahnhof bei der Frage, wie Sushi in Bezug zu Ayurveda zu werten ist. Mir soll es vor allem schmecken, daran arbeiten wir nun. Den Reis auf dem dunkelgrünen Algenteppich zu verteilen, klingt aber simpler, als es ist. Das liegt am hohen Pappfaktor des Reises, der sich in Teilen standhaft weigert, die Finger wieder zu verlassen. Ihn trotzdem „gleichmäßig zu verteilen, bis in die Ecken und an die Ränder“, wie Erwerle anmahnt, ist eine Herausforderung. Klappen kann es nur, wenn man die Hände immer wieder ins Wasserbad taucht – bei mir wird es tatsächlich von Mal zu Mal besser und nähert sich der Qualität der Kolleginnen an. Was die Füllung anbelangt, ist alles erlaubt, was einem persönlich gefällt. Nur „crunchig und würzig“ solle es sein, rät die Expertin, bevor die Blätter aufgerollt werden.
Die Futo-Maki klappen ganz ordentlich, die an kleine Schiffchen erinnernden Gunkan-Maki sind schon etwas komplizierter hinzukriegen und die Eistüten ähnelnden Temaki sind überhaupt nicht mein Fall. Jeder hat seinen eigenen Favoriten, „meiner sind die Inside-out-Maki“, verrät Erwerle, „weil ich zuerst den Reis schmecke. Das ist mir lieber, als zuerst das Nori-Blatt zu schmecken.“ Maria Hergesell pflichtet ihr bei, denkt dabei aber auch an die Optik: „Das sieht nach totalem Könner aus“, meint die 38-jährige Backnangerin zu dieser Variante, bei der der Reis an der Außenseite klebt, was zum Beispiel für Leute, die einen Hamburger mit Messer und Gabel bearbeiten, ein Problem darstellt.
„Wenn ihr die Technik verstanden habt, könnt ihr das mit allem machen“, verdeutlicht die Fachfrau, dass der vegetarische Sushi-Kurs auch die Basis für die Varianten mit Fisch legt. In Japan gebe es für die komplexe Thematik sogar eine mehrjährige Ausbildung, in der Volkshochschule in Backnang geht es um den Hausgebrauch. „Super macht ihr das“, lobt Katrin Erwerle ihre Schützlinge. „Das sieht gut aus.“ Das Lob steigert das Selbstvertrauen der Teilnehmer. „Es ist sehr spannend und total einfach, wenn man weiß, wie es geht“, stellt Carolin Albrecht fest. Die 33-jährige Auenwalderin wurde nach einem Töpferkurs auf die Sushi-Sache aufmerksam, sie hat es nicht bereut. Das gilt für alle, auch für mich. Die Köstlichkeit aus Fernost, die sich längst in Europa etabliert hat, gibt es sicher auch mal daheim. Eher ohne Fisch.
Für die Serie „Mitgemacht“ testen Redakteure unserer Zeitungen verschiedene Kurse
und berichten über ihre Erfahrungen.