Erdbeersaison endet früher als sonst
Ungewöhnlich hohe Temperaturen, wenig Regen und teilweise fehlende Erntehelfer machen Erdbeeranbauern zu schaffen
Klein, süß und lecker: Frische Erdbeeren direkt vom Feld schmecken nach Sommer. Durch das anhaltend gute Wetter mit hohen Temperaturen gibt es in ganz Deutschland eine wahre Erdbeerflut. Doch durch fehlende Erntehelfer kommen die Bauern mit der Ernte nicht mehr oder nur unter großen Anstrengungen nach. Auch im Rems-Murr-Kreis. Die Folge: Die Erdbeersaison endet in diesem Jahr wohl schon früher als sonst.

© Pressefotografie Alexander Beche
Körperlich anstrengende Arbeit bei großer Hitze: Die Erntehelferinnen der Bioland-Gärtnerei Dänzer in Backnang haben in diesem Jahr besonders viel zu tun. Fotos: A. Becher
Von Silke Latzel
BACKNANG. Schon seit Mitte Mai gibt es auf dem Obst- und Gemüsehof Häußermann in Backnang Freilanderdbeeren – früher als sonst. „Das Wetter ist seit Wochen zu warm und zu gut“, so Matthias Häußermann. „Wir kommen mit dem Pflücken kaum noch nach.“ Dies sei allerdings nicht ungewöhnlich, je nach Wetterlage reifen Erdbeeren ab einem gewissen Zeitpunkt in jedem Jahr zu schnell für die Ernte. „Wir pflücken dann auch nicht jede einzelne Beere, das wäre wirtschaftlich einfach nicht rentabel, weil es zu viel Zeit kostet“, erklärt er.
Weitere Schwierigkeiten bereitet vielen Obstbauern indes eine andere Herausforderung: genug Erntehelfer zu finden. Der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer sieht in diesem Punkt bereits seit Jahren Handlungsbedarf. Aktuell wurde bei fast zwei Drittel der Betriebe im süddeutschen Bereich vom Verband ein mäßiger oder deutlicher Rückgang bei der Verfügbarkeit von Saisonkräften verzeichnet.
Matthias Häußermann hat für seinen Betrieb in diesem Jahr genug Helfer gefunden. „Zu uns kommen aber auch schon seit einigen Jahren immer die selben Leute aus Rumänien.“ Veränderungen konnte aber auch er feststellen: „Früher hatten wir polnische Helfer, die gehen mittlerweile aber lieber nach Österreich oder in die Schweiz.“ Meist seien es Frauen, die auf den deutschen Feldern arbeiten, kaum Männer. „Und auch engagierte Leute zu finden, die mitdenken, wird immer schwieriger.“
Diese Erfahrungen teilt auch Heidrun Binder von der Bioland-Gärtnerei Dänzer in Backnang. „Wir haben ein paar fest angestellte rumänische Familien und Ehepaare, die mittlerweile seit vier Jahren zu uns kommen. Zusätzlich brauchen wir meistens noch zwei bis vier Saisonkräfte, die dann immer nur ein paar Wochen bei uns arbeiten.“ Die Suche nach solchen Helfern habe sich in diesem Jahr etwas schwierig gestaltet, berichtet Binder. „Wir wollten eigentlich noch zwei Männer haben, konnten aber keine finden.“ Deshalb arbeiten bei Bioland Dänzer auch überwiegend Frauen. „Die Leute versuchen natürlich, direkt zu Beginn der Saison Arbeit zu finden, das geht meistens alles recht schnell. Und wenn die Betriebe sich dann zu spät auf die Suche machen, haben sie das Nachsehen.“ Auch die Hitze habe die Arbeit in diesem Jahr etwas erschwert. „Unser größtes Problem ist die Bewässerung. Erdbeeren brauchen viel Wasser, und es hat seit Wochen nicht mehr richtig geregnet. Wir hoffen, dass es jetzt noch einmal Niederschlag gibt“, so Binder. Grundsätzlich verlief die Saison passabel. „Unsere Verluste halten sich in Grenzen, wir haben glücklicherweise viele Selbstpflücker, die fleißig ernten.“
Glück im Unglück hat, was Wetterlage und Zahl der Erntehelfer angeht, auch der Obstbaubetrieb Schaaf in Allmersbach am Weinberg. „Wir sind ein kleiner Betrieb und haben nur wenig Erdbeeren angebaut, quasi im Mini-Stil“, sagt Johannes Schaaf. „Dadurch war die Lage für uns relativ entspannt. Wir haben immer dieselbe Anzahl Helfer, es kommen auch seit Jahren meistens die gleichen Leute. Ein polnischstämmiger Mitarbeiter, der mittlerweile in Deutschland wohnt, vermittelt uns immer weitere Helfer. Häufig sind das seine Freunde oder Teile seiner Familie, die wir auch kennen.“ Schaaf habe sich allerdings mit Kollegen aus anderen Teilen des Landes ausgetauscht, denen sowohl die Wetterlage als auch die Probleme mit den fehlenden Erntehelfern schwer zu schaffen machen. „Das betrifft Höfe unserer Größe natürlich nicht im selben Maß, aber Betriebe, die beispielsweise große Supermarktketten versorgen müssen, haben mit solchen Bedingungen teilweise viel mehr zu kämpfen“, sagt er. Für ihn ist das Saisonende bereits in greifbarer Nähe. „Wir werden jetzt noch ein paar Tage arbeiten, dann ist vermutlich Schluss.“ Was, wie bei der Bioland-Gärtnerei Dänzer, noch Probleme bereiten könnte, sei der ausbleibende Niederschlag. „Leichter Regen wäre ideal. Hagel oder starker Regen wiederum beschädigt die reifen Erdbeeren.“

© Pressefotografie Alexander Beche
Überreife oder bereits verschimmelte Erdbeeren sind derzeit kein seltener Anblick auf den Feldern.