Erste Aroniabeeren-Ernte im Kreis
Familie Schwaderer vom Stiftsgrundhof baut das Superfood an – Die ersten Säfte sind gepresst und in Flaschen abgefüllt
„Die prallen Beeren ins Eimerchen, die trockenen ins Müsli“ – ganz unterschiedlich gereift hingen die Aroniabeeren von Schwaderers an den Sträuchern. Ihre erste Aroniasaat nach einem Test im Vorjahr ging gut auf. Zwei Wochen lang, genau während der großen Hitzewelle, wurde von Hand geerntet.

© Pressefotografie Alexander Beche
Thomas, Sieglinde und Stefanie Schwaderer ernten jede einzelne Beere von Hand und werfen sie in ein Eimerchen, das sie sich um die Hüfte gebunden haben. Fotos: A. Becher
Von Heidrun Gehrke
BACKNANG. „Oh ja, sehr saftig“ sagt Ursula Müller und zeigt ihre lila-bläulichen Handschuhe, mit denen sie die Beeren Ästchen um Ästchen abstreift. Die Erntehelfer tragen Handschuhe und alte Kleider. Die Aroniabeeren saften stark. Was ganz im Sinne von Schwaderers ist, deren Geschäftsmodell die Vermarktung von Aroniasaft vorsieht. Der Behang sei durchweg gut, auch wenn infolge der Hitze mit etwa einem Drittel Verlust gerechnet werden müsse. „Dass wir im zweiten Jahr mit den jungen Pflanzen so viel ernten können, hätten wir nicht erwartet“, sagt Thomas Schwaderer. Das Frühjahr mild, danach kein Frost, alles sei prima gelaufen. Einzig die Hitze hätten sie nicht so gut vertragen. „Sie kriegen auch den Sonnenbrand“, meint Sieglinde Schwaderer und zeigt auf einige Beeren, die verschrumpelt und ausgedörrt am Ast hängen. „Das gibt eben Müslibeeren“, nimmt sie es gelassen.
Süßer und
geschmackvoller Saft
Die heißen Tage hatten auch ihr Gutes: Mit 120 Öchsle liegen die Inhaltsstoffe im obersten Bereich. Ab 80 Öchsle gelten Aroniabeeren als erntefähig. „Es ist am Saft zu schmecken, der ist besonders geschmackvoll und süßer als vergangenes Jahr“, so Schwaderer.
Von einem guten Aroniajahrgang kann er dennoch nicht sprechen – es gebe wenige Vergleichsmöglichkeiten, da die „Apfelbeere“ in Deutschland noch ein wenig angepflanzter Geheimtipp sei. Schwaderers haben sich infolge des niedrigen Milchpreises bei der Suche nach einem zweiten Standbein auf unbekanntes Terrain begeben und mit der fast schwarzen Beere offenbar ins Schwarze getroffen. „Das ist das Anti-Aging des 21. Jahrhunderts“, sagt Erntehelferin Ursula Müller. Die Aroniabeere ist reich an dem Polyphenol OPC. Der Verzehr der Beere soll sämtliche Mineralstoff- und Vitaminspeicher des Körpers füllen, das Immunsystem stärken und Durchblutung und Nierenfunktion verbessern. Ursula Müller schwört seit drei Jahren drauf: „Meine Blutwerte haben sich verbessert“, berichtet sie. Als „Superfood“ und „Zellschützer“ macht der Saft positive Schlagzeilen, der hochpreisig in Reformhäusern oder übers Internet angeboten wird. Seit 2016 pflanzen die Vollerwerbslandwirte Sieglinde und Thomas, Sohn Denis und Schwiegertochter Steffi Schwaderer Aronia auf den eigenen Äckern. Die Bestäubungsarbeit erledigt sich von selbst. Die Bienen, die diesen Sommer gesichtet wurden, seien vom Klee angelockt worden, den Schwaderers zwischen die Reihen gesetzt haben. Der Pflegeaufwand sei gering, nur alle paar Jahre müsse nachgeschnitten werden.
Dafür ist die Beerenernte reinste Fieselarbeit. Auf drei Hektar stehen rund 12000 Stecklinge, die Plantage umfasst 15 Reihen zu je 400 Meter, da kommt einiges zusammen. Schwaderers bewirtschaften den Acker biologisch ohne Spritzmittel und Dünger – geerntet wird mit dem Handschuh am Arm. Einen Plastikeimer um die Hüfte gebunden, wandern sie Ästchen für Ästchen mit den Händen ab, streifen die Früchte von den Büscheln ab und lassen sie in den Eimer kullern. Der Termin sei wie bei allen Obst- und Beerensorten zwei Wochen nach vorne gerutscht – dadurch kamen die Pflücker mitten hinein in die Hitzephase. „Wir haben erst in den Abendstunden angefangen, dann noch zusammen gevespert, wir hatten’s gemütlich und lustig“, sagt eine Frau aus Leutenbach.
In dieser Woche soll alles abgeerntet sein. Die halbe Verwandtschaft, Bekannte und Nachbarn helfen mit. Einmal seien sie über 20 Helfer gewesen. „Wir standen auch einmal nur zu zweit da“, so Sieglinde Schwaderer. „Nebenher unterhalten wir uns über Kochrezepte und alle Probleme dieser Welt, gell“, wirft eine Frau amüsiert in die Runde. Marmeladenrezepte werden getauscht, jemand erzählt von Rosinenschnecken mit Aroniabeeren. „Ganz erfrischend und lecker ist auch der Saft im Sekt“, macht der nächste Tipp die Runde. Viele Möglichkeiten also, wo einem das mühsam gelesene und vitaminstrotzende Beerchen künftig begegnen kann.
Aroniasaft kaufen Info Wer es auf einige Liter vom Aroniasaft abgesehen hat, kann ihn ab dieser Woche dienstags und donnerstags in der Zeit zwischen 16 und 19 Uhr am Hof kaufen. Er ist in Drei-Liter-Tetraboxen zu haben oder in 0,5-Liter-Glasflaschen. Die Beeren presst Firma Weinbau Wagner in Weiler zum Stein, abgefüllt werden sie von der Safterei Luckert in Winnenden-Höfen. Nach Information von Sieglinde Schwaderer ist Aroniasaft auch außerhalb des Kühlschranks ungeöffnet bis zu drei Monate haltbar.
© Pressefotografie Alexander Beche
Diese kleinen, dunklen Beeren sollen viele Nährstoffe enthalten und deshalb sehr gesund sein.