Einsturz der Carolabrücke
Erste Vermutung zur Ursache bestätigt
Die Dresdner Carolabrücke ist eine der ersten großen Spannbetonbrücken der DDR. Ihre Defizite waren bekannt. Bei der Suche nach der Einsturzursache hat sich eine Vermutung bestätigt.
Von red/dpa
Bei der Untersuchung der Dresdner Carolabrücke hat sich die Anfangsvermutung, dass Korrosion wesentlich zum Teileinsturz beigetragen hat, bestätigt. „Das konnten wir schon belegen“, berichtete Brückenexperte Steffen Marx im Bauausschuss des Stadtrats.
Bei der Analyse der damit beauftragten Wissenschaftler des Instituts für Massivbau an der TU Dresden steht die Korrosion der Spannglieder im Hauptfokus. Es gebe aber „noch eine Menge anderer möglicher Einsturzursachen, die sehr genau geprüft und zumindest ausgeschlossen werden müssen.“
Erkenntnisse aus Video des Geschehens
Ein Video, das den Moment des Einsturzes zeigt, belegt Marx zufolge den Bruch über dem Hauptpfeiler. „Wir können sehr genau sehen, wie sich diese sogenannte kinematische Kette eingestellt hat“. Es erhärte sich immer mehr die Gewissheit, „dass es die Korrosion in dem Überbau war“. Demnach steht fest, dass über 80 Prozent der Spannglieder schwere Vorschäden hatten, korrodiert und in Teilen schon gebrochen waren. „Das Problem ist, das war vorher nicht erkennbar.“ Das System habe gerade noch so zusammengehalten und sei erst im Moment des Bruchs kollabiert.
Zug C der Carolabrücke mit Straßenbahngleisen, Rad- und Fußweg war am Morgen des 11. September eingestürzt. Verletzt wurde niemand. Einige Reste des Brückenstrangs wurden wegen des erwarteten Hochwassers kontrolliert zum Einsturz gebracht, die Arbeiten gehen in der kommenden Woche weiter.
Wetter spielte eine Rolle
Die Brücke war durch die Wärme in den beiden Wochen sehr stark aufgeheizt, erklärte Marx das untypische Versagen ohne Verkehrslast. Aufgrund starker Abkühlung in der Nacht des Einsturzes konnten sich Beton und Stahl im äußeren Bereich demnach aber nicht zusammenziehen, weil es innen noch heiß war. „Dadurch entstehen zusätzlich große Zugspannungen und die haben sehr wahrscheinlich den Einsturz initiiert.“
Messdaten zeigten, dass die Brücke kurz nach Überfahrt der letzten Straßenbahn einen Ruck bekommen habe. Durch Kopplung der drei Brückenstränge in Querrichtung sei der Bereich von Strang C wohl nicht sofort eingestürzt, sondern habe sich noch eine Zeit lang über der Koppelstelle am Nachbarstrang festgehalten. „Wir folgen noch anderen Hypothesen, um es sauber aufzuklären.“
Erkenntnisse mit Bedeutung über Dresden hinaus
Dazu gehört auch die Prüfung geborgener Spannglied-Proben. „Wir wollen wissen, ob das nur auf einem Querschnitt passiert ist oder verteilt war in der ganzen Brücke“, sagte Marx. Das sei wichtig zur Bewertung der noch stehenden Züge A und B sowie für Schlussfolgerungen für andere Bauwerke dieser Art. „Das hat auch Bedeutung für ganz Deutschland hinsichtlich von Sofortmaßnahmen.“ Die Bundesanstalt für Materialprüfung ist in die Analysen eingebunden.
Bis Ende November oder Anfang Dezember wollen die Brückenexperten möglichst belastbare Ergebnisse für eine Entscheidung über die Züge A und B vorlegen. „Die Carolabrücke stürzte spontan ein, es gab keine Ankündigung, auch deshalb können sie nicht einfach freigegeben werden.“ Beide Züge werden unter anderem mit Schallemissionsmessungen über den Standard hinaus zerstörungsfrei auf Brüche und Schäden geprüft. „Also wir hören einfach die Brüche und wenn nicht, ist die Schädigung mindestens gestoppt.“ Auch Spannglieder werden geöffnet. „Wir nehmen die Brücke nicht wieder in Betrieb, wenn wir irgendwelche Zweifel haben.“