Erster runder Tisch bespricht die Krise im Weinbau
Sinkende Erträge, steigende Kosten und gestiegener Pflanzenschutz fordern die Betriebe heraus. Die Folge sind verwilderte Rebflächen.
Rems-Murr. Im Weinbau findet aktuell ein Strukturwandel statt. So sorgen beispielsweise sinkende Erträge, steigende Produktionskosten oder gestiegene Pflanzenschutzanforderungen dafür, dass die Anzahl der Weinbaubetriebe immer stärker sinkt.
„Die Bewirtschaftung der Weinberge ist aktuell vielerorts akut in Gefahr. Deshalb haben wir einen runden Tisch Weinbau ins Leben gerufen“, sagte Landrat Richard Sigel. An diesem haben Vertreter des Landratsamts und des Kreistags, der Weinbaukommunen, Weingärtnergenossenschaften, privater Weingüter, des Weinbauverbands sowie des Remstaltourismus teilgenommen. „Die Weinberge gehören neben den Streuobstwiesen quasi zur DNA des Remstals und der Backnanger Bucht“, betonte Sigel.
Vor Ort wurde deutlich, dass steigende Produktionskosten und sinkende Erträge auch die Weingärtner im Rems-Murr-Kreis in Bedrängnis bringen und sich der Weinbau insbesondere für Nebenerwerbslandwirte oft nicht mehr lohnt. Hermann Morast vom Württembergischen Weinbauverband betonte in diesem Zusammenhang, dass die Betriebe in den letzten 25 Jahren weitgehend an die Grenze der noch nutzbaren Flächen stoßen und die Absätze auch durch ein Überangebot an Weinen aus dem In- und Ausland sinken. So ist auch im Rems-Murr-Kreis immer mehr zu beobachten, dass frei werdende Rebflächen nicht mehr übernommen werden. In diesem Zusammenhang ist feststellbar, dass Weinberge entweder gar nicht mehr oder nicht mehr ordnungsgemäß bewirtschaftet werden und in der Folge verwildern. Eine mangelnde Pflege der Weinberge kann zur Folge haben, dass die benachbarten Rebflächen beispielsweise durch Pilzkrankheiten oder aufgrund überhängender Triebe stark beeinträchtigt werden.
Wie soll man mit den verwilderten Weinbergen umgehen?
Deswegen beschäftigte sich der runde Tisch Weinbau auch hauptsächlich mit der Frage, wie mit den nicht oder schlecht bewirtschafteten, verwilderten Weinbergen zukünftig umzugehen ist. Michael Stuber, Leiter des Landwirtschaftsamts, und der kreisübergreifende Weinbauberater Phillipp Mayer aus dem Landratsamt Ludwigsburg wiesen auf die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht hin, Rebflächen ordnungsgemäß zu bewirtschaften und zu pflegen. Demnach müssen Bewirtschaftende oder Eigentümer der Rebflächen sicherstellen, eine sogenannte Mindestpflege der Weinberge durchzuführen. Andernfalls müssen sie mit Sanktionen rechnen. Zuständig für die Durchsetzung dieser Pflicht sind die Kommunen. Deswegen wurde beschlossen, dass die Kreisverwaltung den Kommunen künftig Merkblätter und rechtliche Hinweise bereitstellt, um über bestehende Probleme zu informieren und für sie zu sensibilisieren. „Das Landwirtschaftsamt versteht sich auch als Anlaufstelle, wenn Eigentümer Weinberge nicht mehr bewirtschaften können“, so Stuber, der selbst einen Weinberg bewirtschaftet.
Stuber und Mayer machten deutlich, dass diese Pflicht auch dann gilt, wenn bestehende Bewirtschaftungsverhältnisse aufgelöst, Pachtverträge gekündigt oder keine Bewirtschafter mehr für die Weinbauflächen gefunden werden. Auch wenn eine Bewirtschaftung nicht mehr möglich ist, sollte der Weinberg dennoch gerodet und anschließend mindestens einmal jährlich abgemäht oder beweidet werden. Das bedeutet, dass sich das Landschaftsbild im Kreis in den nächsten Jahren stark ändern könnte. Die Brachflächen könnten jedoch als Biodiversitätsflächen genutzt werden.
Der Landwirtschaftsdezernent Gerd Holzwarth stellte bei dem runden Tisch auch Projekte vor, die die Kreisverwaltung des Rems-Murr-Kreises im Bereich Weinbau unterstützt. Das Spektrum reicht von der Ausbildung der Nebenerwerbsweingärtner an der Berufsfachschule in Backnang über die Hagelabwehr zum Schutz der Rebflächen bis hin zu geförderten Trockenmauersanierungen. pm