Rüstungslieferungen
Europa muss von den USA unabhängig werden
Enttäuschte europäische Verbündete können den weltweit größten Waffenlieferanten USA deutlich schwächen, kommentiert Franz Feyder. Mit gravierenden Folgen für Machthaber Donald Trump.

© imago//Sergey Bobylev
Die Ukraine ist von den USA militärisch stark ausgestattet worden.
Von Franz Feyder
Der aktuelle Bericht der internationalen Wissenschaftler des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes Sipri über den weltweiten Waffenhandel im Jahr 2024 zeigt vor allem eines: wie verletzlich die USA sind. 43 Prozent der Waffenexporte rund um den Globus wurden im vergangenen Jahr von den Vereinigten Staaten abgewickelt. Das spülte 293,6 Milliarden Euro in die Kassen von US-Rüstungsunternehmen – etwa 1,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes der Nation.
Hauptkunden der US-Waffenschmieden waren die Türkei, Israel und Rumänien – und nicht etwa, wie Machthaber Donald Trump lügend oder unwissend kürzlich sagte, die Ukraine. Im Zusammenhang mit dem vom russischen Diktator Wladimir Putin am 24. Februar 2014 überfallenen Land droht Trump zum Sargnagel der eigenen Rüstungsindustrie zu werden: Trump ließ den Fe uerleitrechner des Mehrfachraketenwerfers Himars abschalten, womit das Waffensystem nur noch eingeschränkt genutzt werden kann, denn Ziele werden nicht mehr präzise bekämpft.
Misstrauen unter den Verbündeten
Die Systeme waren wichtig für die ukrainische Verteidigung: Mit ihnen wurden Ziele wie russische Artilleriestellungen, Munitionsdepots und Kommandozentralen punktgenau zerstört. 39 Himars lieferten die Vereinigten Staaten seit Beginn des Überfalls auf die gesamte Ukraine im Februar 2022, drei kamen aus Deutschland.
Trumps Vorgehen gegenüber der Ukraine schürt Misstrauen unter den Verbündeten. Deutschland orderte 35 Kampfjets des Typs F-35 A in den USA. Der Tarnkappen-Mehrzweckjet gilt als modernstes Kampfflugzeug der Welt. Von 2026 an soll es vom deutschen Taktischen Luftwaffengeschwader 33 in rheinland-pfälzischen Büchel geflogen werden. Auch, um im Ernstfall Atomwaffen der nuklearen Teilhabe Deutschlands in der Nato einzusetzen. 8,3 Milliarden Euro wird der Kauf dieser Kampfjets kosten; hinzu kommen weitere Milliarden für die Infrastruktur.
Nur: Was nutzt Deutschland das Waffensystem, wenn die USA es mit einem Mausklick unbrauchbar machen? Etwa wenn sich die Bundesregierung nicht so verhalten sollte, wie es Washington genehm ist? Solche und ähnliche Fragen stellen sich Militärs und Politiker nun in den meisten Hauptstädten der 31 Nato-Mitgliedsstaaten außerhalb der USA – und die sind der größte Waffenlieferant des Bündnisses.
Dieser Vertrauensverlust wird die USA lange schwächen. Trump regiert mit Dekreten am Parlament vorbei, weder gestoppt von der eigenen republikanischen Partei, noch von der Opposition, noch durch den Rechtsstaat. Er zerstört das Vertrauen der Verbündeten, deren Militärs an der Seite der USA gestorben sind: Alleine 632 britische, 158 kanadische, 89 französische und 59 deutsche Soldaten und Soldatinnen verloren seit 2003 ihr Leben in den von den USA geführten Kriegen im Irak und in Afghanistan.
Jeder neue US-Präsidentenkandidat wird sich fragen lassen müssen
Dieses Vertrauen wird auch nicht zurückkehren, wenn Trump – möglicherweise – in vier Jahren aus dem Weißen Haus auszieht. Jeder neue Kandidat für das Präsidentenamt, besonders jeder republikanische, wird sich fragen lassen müssen, warum er dem irrlichternden Trump erst spät in den Arm gefallen ist – wenn übe rhaupt. Warum er nicht verhindert hat, dass die USA zu Mördern ukrainischer Frauen, Männer und Kinder wurden, indem sie zugesagte Hilfe verweigerten, gelieferte Waffensysteme unbrauchbar machten und sich auf die Seite Putins stellten.
Für Trump wiederum dürfte nur eines zählen: In den USA werden massiv Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und Profit verloren gehen, wenn die Nato, wenn Europa, wenn Deutschland sich von den US-Waffenarsenalen unabhängig machen.