Katastrophenschutz
Europa wappnet sich für die Krise
Die EU will die Abwehrbereitschaft der Gesellschaft im Fall einer Katastrophe stärken. Dazu hat sie eine Strategie erarbeitet und darin die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie verarbeitet.

© ISU Galati Romanian Emergency Se/dpa
Die EU will besser auf Katastrophen vorbereitet sein. Dazu hat Brüssel nun einen Aktionsplan präsentiert.
Von Knut Krohn
Europas Zeitalter der Sorglosigkeit ist vorüber. Was die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen etwas verharmlosend als eine „neue Realität“ bezeichnet, ist nicht anderes als die Bedrohung der Menschen durch Kriege, Naturkatastrophen oder Pandemien. Aus diesem Grund wurde jetzt in Brüssel eine „Strategie für eine Vorsorgeunion“ präsentiert.
Konkrete Anweisungen für die Bevölkerung
Darin sind auch konkrete Anweisungen für die Bevölkerung enthalten, wie sich jeder einzelne auf Katastrophen vorbereiten kann. Ziel müsse es sein, alles bereit zu haben, „was man braucht, um 72 Stunden lang zu überleben“, sagte die EU-Kommissarin für Krisenmanagement, Hadja Lahbib. Geplant ist eine Liste von etwa zehn Gegenständen, die in eine solche Notfalltasche gehören. Sie reicht von einer Wasserflasche über Ausweispapiere und Streichhölzer bis hin zu einer Taschenlampe. Ziel sei es, nicht mehr nur auf Krisen zu reagieren, sondern überzugehen zu „einer Kultur der Resilienz in der gesamten Gesellschaft“, die bestmöglich auf einen Ausnahmezustand vorbereitet ist.
Erfahrung aus der Corona-Pandemie verarbeitet
In die EU-Strategie sind auch die Erkenntnisse aus der Coronapandemie geflossen. Damals zeigte sich sehr schnell, dass die Koordination zwischen den Staaten zur Bewältigung der Krise äußerst schlecht war. Das soll sich durch Absprachen und Übungen zwischen den möglichen Einsatzkräften über alle Grenzen hinweg nicht mehr wiederholen. Zudem soll ein EU-Krisenzentrum eingerichtet werden, das die bestehenden Strukturen bündeln und die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten verbessern soll. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Zusammenarbeit mit Unternehmen. Eine öffentlich-private Taskforce soll Notfallprotokolle entwickeln, um die Versorgung mit wichtigen Gütern und Dienstleistungen in Krisen zu sichern.
Bei der Planung wurden auch Erfahrungen aus Finnland berücksichtigt, das seine Bevölkerung seit Jahren auf einen möglichen Krieg mit dem Nachbarland Russland vorbereitet. Finnlands Ex-Präsident Sauli Niinistö hatte der Kommission bereits im Herbst einen Bericht mit Vorschlägen übergeben.
EU plant eine Notfallreserve für Medikamente
Ein Ziel der Strategie ist es, die in einer Krise anfälligen Versorgungsketten zu stärken. So zeigte sich während der Pandemie, dass Medikamente und Masken oft nicht lieferbar waren. In Zukunft soll im Katastrophenfall die Versorgung mit allen notwendigen Dingen gesichert sein. Das heißt, dass gezielt daran gearbeitet wird, Notfallreserven – etwa für wichtige Medikamente – aufzubauen. Verbessert werden soll auch das Frühwarnsystem. Risiken sollen künftig besser und schneller erkannt werden. Geplant ist auch die Einführung eines „nationalen Vorbereitungstages“ in der EU, um die Bürgerinnen und Bürger für Krisensituationen zu sensibilisieren.
Lena Düpont (CDU), innenpolitische Sprecherin der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, betont, dass die Krisenvorsorge nicht nur Aufgabe des Staates oder der Behörden sein könne. „Krisenvorsorge ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die alle in die Verantwortung nimmt.“
EU will Katastrophen gemeinsam meistern
EU-Kommissarin Hadja Lahbib betonte, dass die geplanten Maßnahmen keine Panik in der Bevölkerung schüren sollen – ganz im Gegenteil. „Zu wissen, was man im Ernstfall tun muss, bedeutet, Panik zu vermeiden.“ Sie erinnerte daran, dass während der Corona-Pandemie die Menschen „in die Geschäfte gestürmt sind, um Toilettenpapier zu kaufen“. Die Erfahrung aus vielen Ländern zeige: „Wenn wir vorbereitet sind, haben wir auch weniger Angst.“ Hadja Lahbib unterstrich in Brüssel, dass eine erfolgreiche Krisenbekämpfung nur auf europäischer Ebene gelingen könne, wenn Unternehmen, Institutionen und Bürger über die Grenzen hinweg gemeinsam handeln.