Nato-Treffen
Europäer irritiert über Trumps Ukraine-Vorstoß
In der Nato werden die Verhandlungen des US-Präsidenten Donald Trump mit Moskau kritisiert. Europa will nicht nur am Katzentisch sitzen.
![Europäer irritiert über Trumps Ukraine-Vorstoß Für den US-Verteidigungsminister Pete Hegseth (Mitte) gibt es bei seinem ersten Nato-Treffen viel zu erklären. Hier spricht er mit dem deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius (rechts) und dem finnischen Verteidigungsminister Antti Hakkanen.](/bilder/fuer-den-us-verteidigungsminister-pete-hegseth-mitte-gibt-873578.jpg)
© dpa/Geert Vanden Wijngaert
Für den US-Verteidigungsminister Pete Hegseth (Mitte) gibt es bei seinem ersten Nato-Treffen viel zu erklären. Hier spricht er mit dem deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius (rechts) und dem finnischen Verteidigungsminister Antti Hakkanen.
Von Knut Krohn
Die Nato-Verteidigungsminister aus Europa warteten gespannt auf ihren neuen Kollegen aus den USA. Zum ersten Mal nahm Pete Hegseth an einem Treffen der Verteidigungsallianz teil. Der ehemalige Fernsehkommentator eilte schließlich selbstbewusst durch das Hauptquartier am Stadtrand von Brüssel und setzte im Auftreten ganz andere Akzente als einst sein eher zurückhaltender Amtsvorgänger Antony Blinken. Immer wieder postete er Fotos von seinem Auftritt auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Der Verteidigungsminister verteidigt Trump
Pete Hegseths Hauptaufgabe war bei seinem Antrittsbesuch allerdings klar umrissen. Er war gekommen, um seinen Chef zu verteidigen. US-Präsident Donald Trump hatte kurz zuvor mit Russlands Präsident Wladimir Putin über einen möglichen Frieden in der Ukraine telefoniert – über die Köpfe von Kiew und der Europäer hinweg. „Das ist kein Verrat“, betonte der US-Verteidigungsminister am Donnerstag am Rande des Nato-Treffens. Dann hob er die Unterstützung der USA für die Ukraine hervor, kein Land habe mehr für Kiew getan. Aber es sei im Interesse aller, dass dieser Krieg so schnell wie möglich zu einem Ende komme, zitierte der Minister erneut seinen obersten Dienstherrn Donald Trump. Dafür müssten beide Seiten Dinge anerkennen, die sie nicht wollten. Der US-Präsident habe durch seine Telefonate mit Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gezeigt, dass er der Einzige sei, der beide Seiten für einen Frieden zusammenbringen könne, sagte Hegseth weiter.
Deutliche Kritik von Seiten der Europäer
Bei dem Nato-Treffen betonten allerdings viele Verteidigungsminister, dass es keine Abmachungen ohne die Zustimmung der Ukrainer oder auch der Europäer geben dürfe. „Ein Deal hinter unserem Rücken wird nicht funktionieren“, unterstrich die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in Brüssel. „Jede Vereinbarung muss die Ukraine und Europa einbeziehen“, forderte sie.
Die ehemalige Premierministerin von Estland gehört seit Beginn des Krieges zu den Befürwortern einer härteren europäischen Gangart gegenüber Moskau. Auch am Donnerstag warnte Kaja Kallas mit deutlichen Worten, Beschwichtigungsversuche gegenüber Russland seien zum Scheitern verurteilt. Sie benutzte dabei das Wort „Appeasement“ und verglich die Lage mit dem Jahr 1938. Kallas spielte damit auf das Münchner Abkommen an, mit dem Italien, Frankreich und Großbritannien versucht hatten, den deutschen Diktator Adolf Hitler in der sogenannten Sudetenkrise auf Kosten der Tschechoslowakei von weiteren Gebietsansprüchen abzuhalten.
Pistorius kritisiert Telefonat mit Putin
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kritisierte am Rande des Nato-Treffens den Verlauf des Telefonats zwischen Trump und Putin – vor allem, dass der US-Präsident öffentlich bereits weitgehende Zugeständnisse gemacht habe. „Aus meiner Sicht wäre es besser gewesen, über eine mögliche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine oder über mögliche Gebietsverluste des Landes erst am Verhandlungstisch zu sprechen – und es nicht vorher vom Tisch zu nehmen“, sagte Pistorius. Und er verlangte, dass die Europäer bei solchen Verhandlungen „nicht am Katzentisch sitzen“ dürfen. Schließlich seien sie ein wesentlicher Teil einer neuen Ordnung.
Genährt werden solche Bedenken, da aus dem Kreml verlautet, dass bei den Gesprächen mit den USA nicht nur über die Situation in der Ukraine, sondern auch über die „Sicherheit in Europa“ verhandelt werde. „Alle Themen, die in Verbindung mit der Sicherheit auf dem europäischen Kontinent stehen, vor allem diejenigen, die unser Land, die Russische Föderation, betreffen, sollten umfassend besprochen werden“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag im Moskau.
Wieder Streit um höhere Verteidigungsausgaben
Thema beim Nato-Treffen war auch der Streit um höhere Verteidigungsausgaben der europäischen Nato-Länder. US-Präsident Donald Trump hatte immer wieder eine Quote von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) eingefordert und mit einem Ende des Nato-Beistandspakts gedroht. Diese Zahl scheint inzwischen aber nicht in Stein gemeißelt, denn US-Verteidigungsminister Hegseth zeigte sich in Brüssel offen für eine Stufenlösung.
Die bisherige Nato-Quote von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) könne zunächst auf drei und dann vier Prozent steigen, sagte er am Donnerstag. Aber auch dann zitierte er seinen Chef, letztlich seien aber „fünf Prozent Verteidigungsausgaben entscheidend, wie es Präsident Trump gesagt hat“. Einen Zeitraum für den Anstieg nannte Hegseth nicht.