Corona-Krise: fast 1,7 Millionen Kurzarbeiter im Südwesten

dpa/lsw Stuttgart. Die Kurzarbeit macht sich bezahlt - sie rettet derzeit im Südwesten Arbeitsplätze. Doch wie lange noch? Das ist die bange Frage, die sich Politik, Arbeitgeber und Arbeitnehmer derzeit hauptsächlich stellen.

Blick auf die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA). Foto: Daniel Karmann/dpa/Symbolbild

Blick auf die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA). Foto: Daniel Karmann/dpa/Symbolbild

Der Druck, den die Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt ausübt, ist enorm. Im Südwesten hat die Arbeitslosigkeit im April kräftig zugelegt. Die Zahl der Menschen ohne Job lag bei 250 275, knapp 17 Prozent mehr als im Vormonat und sogar 32,7 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote stieg von 3,1 Prozent im Vorjahr auf 4 Prozent. Da der Stichtag der Erhebung stets in der Monatsmitte liege - diesmal am 14. April - sei außerdem noch Luft nach oben, hieß es bei Arbeitsmarktexperten. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte aktuell schon höher liegen.

Die Zahlen zur Kurzarbeit hingegen stammen vom 26. April und überwältigen schon jetzt: Für fast 1,7 Millionen Beschäftigte im Südwesten wurde Kurzarbeit beantragt. Noch vor einem Jahr waren nur rund 7000 Menschen in Kurzarbeit.

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sagte zu den am Donnerstag veröffentlichten Zahlen: „Das Kurzarbeitergeld bewährt sich als hervorragendes arbeitsmarktpolitisches Instrument und hat eine größere Welle von Entlassungen verhindert.“ Es sei derzeit jedoch noch nicht möglich, Ausmaß und Dauer der Kurzarbeit und der Arbeitslosigkeit abzuschätzen. Das zentrale Ziel des Kurzarbeitergeldes sei es, den Betroffenen zu helfen und ein Abrutschen in die sozialen Sicherungssysteme zu vermeiden.

Auch Martin Kunzmann, Chef des Südwest-Ablegers des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) lobte das Instrument - es habe bisher einen Dammbruch auf dem Arbeitsmarkt verhindert. Deshalb müsse Kurzarbeit zur Verhinderung von Massenarbeitslosigkeit wetterfest gemacht werden: Die vom Bund beschlossenen Verbesserungen bei der Höhe des Kurzarbeitergeldes seien richtig, aber nicht ausreichend. „Den Menschen fehlt heute ein Drittel oder mehr vom Netto“, sagte Kunzmann. Die Zuzahlung müsse vom ersten Monat an erfolgen statt im vierten und siebten Monat.

Das Allheilmittel ist die Kurzarbeit jedoch nicht - vonseiten der Wirtschaft wird auch die Corona-App zur Erfassung der Bewegungen von Menschen gefordert. „Entscheidend wird jetzt sein, ob es gelingt, mit dem schrittweisen Auslaufen der Lockdown-Maßnahmen relativ rasch in einen halbwegs soliden Wirtschaftsaufschwung zu kommen“, sagte Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeber Baden-Württemberg. Es sei von überragender Bedeutung, dass es zu keiner erneuten Infektionswelle komme. „Deshalb brauchen wir nun rasch eine funktionsfähige Tracing-App, um neue Infektionsherde schnell eingrenzen zu können.“

Zu den Arbeitslosenzahlen sagte der baden-württembergische Arbeitsagentur-Chef Christian Rauch: „Seit 1997 ist der Anstieg im Vorjahresvergleich nur 2009 noch höher gewesen.“ Experten ziehen derzeit oft den Vergleich zur schweren Rezession während der Weltfinanzkrise, die vor gut zehn Jahren die globale Wirtschaft erschüttert hatte.

Vom starken Anstieg der Arbeitslosenzahlen seien alle Personengruppen im Südwesten betroffen, vor allem die Branchen der Zeitarbeiter sowie Handel, Kfz-Gewerbe und das Gastgewerbe. „Allerdings konnten wir bereits vor Ausbruch der Corona-Krise eine gebremste Konjunkturentwicklung feststellen“, sagte Rauch. Nun aber sei wegen Corona auch die sonst übliche Frühjahrsbelebung ausgeblieben.

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Erstellt:
30. April 2020, 04:54 Uhr

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