Fair bezahlen
An Flächentarifverträgen führt in der Altenpflege kein Weg vorbei
Spätestens seit dem letzten Bundestagswahlkampf hat die Politik die Altenpflege als eine der großen Herausforderungen der rasch alternden Gesellschaft erkannt. Als zentrales Problem wurden ungünstige Bedingungen für die Beschäftigten ausgemacht. Offenkundig ist nun auch den Regierenden klar, dass die Entlohnung dieses wichtigen Dienstes am Menschen nicht mehr stagnieren darf – während die Arbeit an der Maschine seit etlichen Jahren immer höher vergütet wird.
Folglich muss die Politik jetzt liefern. Ihr Part besteht darin, die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu verändern, dass auf diesem Fundament eine angemessene Bezahlung entstehen kann. Da geht es insbesondere um die Finanzierungsfrage, in die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine wohltuende Dynamik hereinbringt. Um faire Löhne auszuhandeln, braucht es aber in erster Linie mitziehende Sozialpartner. Denn an Flächentarifen führt in der zerklüfteten Pflegebranche kein Weg vorbei.
Die Chance, einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag zu erreichen, war noch nie so groß. Sie darf nicht verspielt werden. Insofern hat die Gewerkschaft Verdi mit ihrem konkreten Forderungskatalog einen wichtigen Schritt getan, um rasche Tarifverhandlungen mit einem neuen Arbeitgeberverband in Gang zu bringen. Dass sie sich dabei am öffentlichen Dienst orientiert, ist zwar optimistisch, aber logisch. Dass es der Markt schon richtet, wie der Verband der kommerziellen Arbeitgeber in seinem Kampf gegen „Zwangstarife“ weismachen will, ist falsch. Denn der Markt bringt auch Dumpinglöhne hervor. Die Ziellinie ist aber erst erreicht, wenn sich neben den kirchlichen Trägern vor allem die privaten Anbieter dem Druck des künftigen Flächentarifs nicht mehr entziehen können.
matthias.schiermeyer@stzn.de