Unverheiratete Eltern

Familie gründen ohne Trauschein: Bringt das Nachteile?

Sorgerecht, Steuern und mehr. Was zu beachten ist, wenn man ohne Trauschein eine Familie gründet. Ein Überblick.

Mit oder ohne Trauschein?

© Adobe Stock/ Darren Whittingham

Mit oder ohne Trauschein?

Von Sandra Markert

Erst heiraten, dann Kinder kriegen: Früher war das der normale Weg in die Familiengründung. Inzwischen kommen in vielen Bundesländern wie Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern mehr als die Hälfte der Kinder zur Welt, ohne dass ihre Eltern verheiratet sind.

In Baden-Württemberg waren es im Jahr 2023 dem Statistischen Landesamt zufolge rund 24 Prozent – und damit fast dreimal so viele wie noch im Jahr 1990. Rechtlich wie finanziell müssen unverheiratete Eltern einige Dinge klären, die für Ehepaare automatisch geregelt sind.

Vaterschaftsanerkennung und Sorgerecht

Ein Kind verheirateter Eltern hat rechtlich gesehen automatisch einen Vater und eine Mutter. Das Sorgerecht liegt bei beiden gemeinsam. „Ist ein Paar nicht verheiratet, muss der Vater die Vaterschaft anerkennen und auch das Sorgerecht muss beantragt werden“, sagt Argiris Balomatis, Rechtsanwalt aus Tübingen und Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein. Beides ist kostenlos beim Jugendamt möglich und kann auch schon vor der Geburt erledigt werden. Auch Notare können beide Beurkundungen machen, hier kosten sie jedoch.

Durch die Anerkennung der Vaterschaft werden Väter unterhaltspflichtig und der Nachwuchs zu Erben. Auch können sie erst dann Elterngeld beziehen – vorausgesetzt, sie leben mit dem Kind in einem Haushalt. Außerdem kann ohne anerkannte Vaterschaft kein gemeinsames Sorgerecht beantragt werden. „Erst damit bekomme ich als unverheirateter Vater aber ein gewisses Mitspracherecht“, sagt Balomatis. Erst mit einer gemeinsamen Sorgerechtserklärung kann der Nachwuchs auch den Nachnamen des Vaters tragen.

Adoption

Ein verheiratetes Paar kann gemeinsam ein Kind adoptieren. Bei unverheirateten Paaren dagegen kann dies zunächst nur einer der beiden Partner tun, der andere kann es nur im Nachgang annehmen (sogenannte Sukzessivadoption). Hinzu kommt: Viele Jugendämter vermitteln Adoptivkinder vorrangig an Ehepaare. „Vor Gericht ist die Stabilität einer Beziehung bei einer Adoption wichtig und als ungeschriebenes Kriterium gilt hier die Ehe“, sagt Argiris Balomatis.

Steuer

Verheiratete Paare können eine gemeinsame Steuererklärung abgeben. Verdient ein Ehepartner mehr, profitieren sie vom Ehegattensplitting und können Steuern sparen. „Auch bei der Höhe des Elterngeldes kann es eine Rolle spielen, welche Steuerklasse man hat“, sagt Argiris Balomatis. Bei Unverheirateten macht jeder seine eigene Steuererklärung, in der Regel gilt die Steuerklasse 1 mit den höchsten Abzügen.

Erben

Für die Kinder macht es keinen Unterschied, ob ihre Eltern verheiratet sind oder nicht – sie beerben diese auf jeden Fall (beim Vater unter der Voraussetzung, dass er die Vaterschaft anerkannt hat). Anders sieht es für den Partner aus. „Ein gesetzliches Erbrecht gibt es nur für den Ehepartner“, sagt Argiris Balomatis.

Wer sich als unverheiratetes Paar als Erbe einsetzen möchte, muss dies testamentarisch regeln. Zudem gelten höhere Steuersätze. Unverheiratete müssen mehr Erbschaftsteuer zahlen als Verheiratete, der Freibetrag liegt bei lediglich 20 000 Euro, bei verheirateten Paaren dagegen bei 500 000 Euro.

Trennung

Trennt sich ein verheiratetes Paar, gilt bei einer Scheidung der sogenannte Zugewinnausgleich. Dem Bundesjustizministerium zufolge bedeutet das: Der Ehepartner, der während der Ehe mehr Vermögen hinzuerworben hat als der andere, muss den Vermögensunterschied zur Hälfte ausgleichen. Man kann hier jedoch über einen Ehevertrag andere Regelungen treffen.

Entsprechend ist dies auch über Partnerschaftsverträge bei Nichtverheirateten möglich. Ansonsten gilt bei Nichtverheirateten im Fall einer Trennung: Jeder bekommt die Dinge, die ihm gehören oder die er während des Zusammenlebens angeschafft hat, wieder zurück.

Rente

Stirbt ein Ehepartner, steht dem anderen eine Hinterbliebenenversorgung über die gesetzliche Rentenversicherung zu. „Wer sich als unverheiratetes Paar gegenseitig absichern möchte, muss dagegen privat vorsorgen, etwa über eine Lebensversicherung“, sagt Argiris Balomatis. Im Fall einer Scheidung kommt es bei Verheirateten zu einem sogenannten Versorgungsausgleich: Rentenpunkte, die während der Dauer der Ehe erworben wurden, werden so ausgeglichen, dass beide Ehepartner gleich viele mitnehmen.

„Auch das gibt es bei Nichtverheirateten nicht“, so Balomatis. Hat ein Partner beispielsweise wegen der Kinderbetreuung einige Jahre nicht oder weniger gearbeitet, hat er im Fall einer Trennung keinen automatischen Anspruch, dass der Partner die Rentenlücke mit schließt. Auch solche Dinge muss man als unverheiratetes Paar vertraglich regeln.

Wohnen

Zieht ein unverheiratetes Paar gemeinsam in eine neue Wohnung und unterschreiben beide den Mietvertrag, ergeben sich daraus für beide die gleichen Rechte und Pflichten. Der Vertrag kann nur gemeinsam gekündigt werden. Anders sieht es aus, wenn der Mietvertrag nur von einem Partner unterschrieben ist. Zieht der andere Partner dazu, muss der Vermieter informiert werden – beim Ehepartner gilt dies nicht. Kommt es zur Trennung, kann der Partner ohne unterschriebenen Mietvertrag einfach vor die Tür gesetzt werden.

Unverheiratete Paare gelten vor dem Gesetz als Fremde – und sind auch beim gemeinsamen Kauf einer Immobilie anders abgesichert als Verheiratete. Hilfreich ist auch hier eine Absicherung etwa über einen Partnerschaftsvertrag oder man erwirbt eine Immobilie in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Wichtig ist zudem, dass sich beide Partner im Grundbuch eintragen lassen.

Gesundheitsfragen

Seit dem 1. Januar 2023 gibt es für akute Krankheitssituationen ein gesetzliches Ehegattennotvertretungsrecht für Gesundheitsangelegenheiten. Es gilt nur für nicht getrennt lebende Verheiratete. Ärztinnen und Ärzte sind dann von ihrer Schweigepflicht entbunden.

Liegt der Partner im Koma, kann der Ehepartner beispielsweise in ärztliche Untersuchungen einwilligen. Bei unverheirateten Paaren gilt dies nicht. Für sie ist es noch wichtiger, eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung zu erstellen.

Info

PartnerschaftsvertragÄhnlich wie bei einem Ehevertrag, kann ein nichtverheiratetes Paar über einen so genannten Partnerschaftsvertrag Vereinbarungen treffen, etwa über die finanziellen Verhältnisse des Zusammenlebens, über das Vorgehen bei Trennung, Krankheit oder Tod. Damit der Vertrag rechtlich bindend ist, muss er notariell beurkundet werden. Möchten sich Nichtverheiratete gegenseitig als Erben einsetzen, empfiehlt sich zusätzlich ein Testament oder ein Erbvertrag.

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Erstellt:
17. November 2024, 09:08 Uhr

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