FCA-Trainer Baum heißt die Schiris Dilettanten

Der Videobeweis erregt wieder mal die Gemüter in der Bundesliga

Stuttgart /DPA/SID - Kalibrieren, lamentieren, diskutieren – der Videobeweis lenkte in einigen Partien wieder mal vom eigentlichen Fußball in der Bundesliga ab. Früher ging es darum, ob der Referee richtig oder falsch lag, heute geht es darum, ob der Videobeweis richtig oder falsch eingesetzt wird – es fällt schwer, aus der Veränderung der Debatte einen Fortschritt abzuleiten. Es wird gemotzt. Trainer Manuel Baum vom FC Augsburg witterte einen „Skandal“ und verspottete die Unparteiischen als „Dilettanten“. Verteidiger Enrico Valentini vom 1. FC Nürnberg fühlte sich „beraubt“ und sprach von einem „Witz“. Die Verantwortlichen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) stehen trotzdem auf dem Standpunkt, dass der Sport durch den Videobeweis gerechter werde. Doch nahezu an jedem Wochenende gibt es Protagonisten, die das Gegenteil behaupten. Das Rad wird allerdings nicht mehr zurückgedreht werden. Drei Clubs fühlten sich am 19. Spieltag massiv benachteiligt. Werder Bremen Der SV Werder und Eintracht Frankfurt boten zwar beim 2:2 eine rassige Partie und tolle Tore, Bremens Trainer Florian Kohfeldt tobte aber an der Außenlinie herum, bis Schiedsrichter Markus Schmidt ihn auf die Tribüne schickte. „Es ist von mir kein böses Wort gefallen – über die kompletten 90 Minuten nicht“, beteuerte Kohfeldt und meckerte: „Ich bin nicht zufrieden, dass bei diversen Entscheidungen nicht eingegriffen wurde.“ Vor dem 1:1 der Frankfurter hatte er ein klares Handspiel gesehen, das nicht geahndet wurde. Weder von Schmidt noch vom Video-Schiri in Köln. „Das geht so nicht“, tobte Kohfeldt. Immerhin: Den Handelfmeter für Frankfurt bestätigte er als „klaren Elfmeter“. Und – sozusagen als späte Einsicht – räumte der Werder-Coach ein: „Glück hatten wir, dass wir in der Nachspielzeit keinen zweiten Elfmeter bekommen haben.“ 1. FC Nürnberg Bei der 1:2-Niederlage des Schlusslichts in Mainz zogen die Video-Assistenten im Kölner Keller zwei sogenannte Kalibrierungslinien. Wegen einer Fußspitze im Abseits wurde der Treffer von Adam Zrelak zur vermeintlichen 2:1-Führung für die Franken aberkannt – es war eine Zentimeterentscheidung, die mit dem bloßen Auge im Stadion nicht erkennbar gewesen war. Das wäre unmöglich gewesen. „Wenn das über solche Dinge entschieden wird, dann ist der Grundsatz eines Videobeweises ad absurdum geführt. Es war mit normalem Menschenauge nicht zu erkennen. Wenn es trotzdem wieder bewertet wird, ist die Frage: Wann beginnt eine spielentscheidende Szene und wann endet sie?“, kritisierte Trainer Michael Köllner.

Die Franken thematisierten nach der verdienten Niederlage nur die Szene und die Auswirkungen. „Ich will es nicht auf eine Szene reduzieren, aber im Endeffekt war ja nicht viel mehr“, stellte Enrico Valentini fest. Er fühlte sich um die Punkte „beraubt“. Torwart Christian Mathenia erklärte: „Für uns war es ein Brustlöser, endlich mal zu führen. Der Umschwung war brutal für uns. Wir haben das nicht mehr weggesteckt.“ Nach Zrelaks Treffer standen alle Kicker schon in ihrer jeweiligen Hälfte, doch das war nichtig, genauso wie der 1:2-Stand auf der Anzeigetafel. FC Augsburg Völlig außer sich war Manuel Baum. Der FCA-Trainer tigerte im Spielertunnel von links nach rechts und fluchte laut. „Ein Skandal! Was ist mit diesem Schiedsrichter los? Ein Witz ist das!“, brüllte der Coach, der erst wutentbrannt in Richtung Kabine stürmte, dann umkehrte und Referee Harm Osmers suchte und eine Minute später mit kaum besserer Laune wieder zurückkehrte. Osmers und seine Assistenten seien „Dilettanten ohne Ende, die ihre eigenen Regeln nicht kennen“, meinte Baum. Streitpunkt war das Tor zum 0:1 durch Oscar Wendt (78.), das die 0:2-Niederlage bei Borussia Mönchengladbach einleitete. Borusse Lars Stindl stand dabei eher im aktiven als im passiven Abseits, Baums Ärger war nachvollziehbar. „Stindl behindert Danso, als er den Fuß hochhebt. Danso muss rechts und links am Stindl vorbeischauen“, sagte der Coach, Osmers und Kollegen seien offensichtlich „in den Regeln nicht sattelfest. Der Linienrichter hat es angezeigt, der Schiedsrichter war zu faul, aus Köln kam nichts. Unfassbar.“ Schiedsrichter-Experte Markus Merk bezeichnete die Situation als „diskutabel“. Schiri Osmers half vielleicht das, was WM-Referee Felix Brych in einem Interview kürzlich verraten hatte: „Unter Schiedsrichtern gilt: Alles sehen, nicht alles hören!“

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Erstellt:
29. Januar 2019, 11:22 Uhr

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