FDP-Fraktion reicht Klage gegen Haushalt ein

dpa/lsw Stuttgart. Zwar regiert die FDP in Berlin mit den Grünen. Doch im Südwesten nimmt Fraktionschef Rülke darauf kaum Rücksicht. Er will den jüngsten Nachtragshaushalt der grün-schwarzen Koalition noch zu Fall bringen.

Hans-Ulrich Rülke, Fraktionsvorsitzender der FDP im baden-württembergischen Landtag. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild

Hans-Ulrich Rülke, Fraktionsvorsitzender der FDP im baden-württembergischen Landtag. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild

Die FDP-Landtagsfraktion löst ihr Versprechen ein und geht juristisch gegen den jüngsten Nachtragshaushalt der Koalition aus Grünen und CDU vor. „Wir reichen die Klage am Montag ein“, sagte der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Die Liberalen wollen vor dem Verfassungsgerichtshof klären lassen, ob Grün-Schwarz mit Verweis auf die Corona-Krise erneut die Ausnahmeklausel der Schuldenbremse in Anspruch nehmen durfte. Die Koalition hatte sich im dritten Nachtrag für den Doppeletat 2020/2021 etwa 940 Millionen Euro an Kreditrechten gesichert, um sich für die Risiken der Corona-Krise zu wappnen.

Obwohl die FDP seit kurzem mit den Grünen in einer Ampel im Bund regiert, will Rülke hier keine Rücksicht nehmen. Das ist pikant, weil Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) 60 Milliarden Euro in einen Energie- und Klimafonds umschichten will, die noch von der großen Koalition wegen der Corona-Krise 2021 als Kredite genehmigt waren, aber nicht aufgenommen wurden. Rülke sagte dazu, dieser Schritt sei „kein Herzenswunsch“ der FDP gewesen. „Meine Politik orientiert sich am Wohl des Landes Baden-Württemberg und nicht an irgendwelchen Vorwürfen, die die Grünen an die Adresse von Berlin erheben.“

Die Grünen im Land verweisen darauf, dass die FDP im Bund eine Haushaltspolitik mittrage, gegen die die Liberalen im Land klagen wollten. Der Bundesrechnungshof hält Lindners Umschichtungspläne denn auch für „verfassungsrechtlich zweifelhaft“, die Union will deshalb nach Karlsruhe ziehen.

In Baden-Württemberg ist es andersherum: Der Landesrechnungshof hat juristische Bedenken gegen den grün-schwarzen Nachtragsetat, und die FDP geht dagegen vor. Rechnungshofpräsident Günther Benz hatte im Sommer erklärt, das Land verfüge noch über einen Kassenüberschuss in Höhe von 3,2 Milliarden Euro aus dem Jahr 2020, den es auch verwenden könne. Dem hatte Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) vehement widersprochen.

Allerdings hat die Koalition nach der Steuerschätzung im November angekündigt, den Nachtragsetat mit Hilfe der Mehreinnahmen wieder schuldenfrei machen zu wollen. „Damit fällt die Kritik der Opposition wie ein Kartenhaus in sich zusammen“, hatte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz daraufhin gesagt.

Denn auch die AfD klagt gegen die Haushaltspolitik der Koalition. Am kommenden Donnerstag will der Verfassungsgerichtshof über die Klage der AfD-Fraktion gegen den zweiten Nachtrag entscheiden. Kurz nach Beginn der Corona-Krise hatte die Koalition 13,5 Milliarden Euro aufgenommen, um die Folgen des Lockdowns zu bewältigen.

Die Schuldenbremse in der Landesverfassung schließt neue Kredite nicht generell aus, es gibt aber strenge Kriterien. Im Fall einer Naturkatastrophe oder bei einer außergewöhnlichen Notsituation kann das Land neue Schulden aufnehmen, muss aber einen Tilgungsplan vorlegen.

Die Schuldenbremse erlaubt zudem, auf konjunkturelle Schwankungen zu reagieren. Wegen des coronabedingten Abschwungs konnte die Regierung im dritten Nachtrag nochmals 255 Millionen Euro Schulden aufnehmen. Jedoch müssen diese Kredite schnell wieder zurückgeführt werden, wenn die Konjunktur erneut anzieht.

© dpa-infocom, dpa:220116-99-727009/3

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Erstellt:
16. Januar 2022, 08:08 Uhr

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