Wahlkampf um Migration

FDP hofft auf Last-Minute-Verständigung bei Migration

Nicht einmal mehr drei Wochen sind es bis zur Bundestagswahl, die Fronten insbesondere in der Migrationspolitik sind betonhart. Die FDP wirbt dennoch für eine Einigung kurz vor Ende der Wahlperiode.

FDP macht Vorschlag für "Migrationspakt der Mitte". (Archivbild)

© Fariha Farooqui/dpa

FDP macht Vorschlag für "Migrationspakt der Mitte". (Archivbild)

Von dpa

Berlin - Im Streit über die Migrationspolitik unternimmt die FDP einen neuen Versuch für eine Einigung der ehemaligen Ampel-Parteien und der Union noch vor der Bundestagswahl. Für einen "Migrationspakt der Mitte" wollen die Liberalen die Inhalte des am Freitag im Bundestag gescheiterten Zustrombegrenzungsgesetzes in das Gesetz für die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems überführen. 

"Am letzten Sitzungstag vor der Bundestagswahl werden beide Gesetze zusammen mit den Stimmen der breiten demokratischen Mitte des Bundestags beschlossen", schlägt FDP-Fraktionschef Christian Dürr in einem Schreiben an seine Amtskollegen von SPD, Union und Grünen vor. Es liegt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor. Die FDP-Fraktion schreibt dazu, das "inhaltlich unstrittige Gesamtpaket" könne am Freitag dieser Woche in einer Sondersitzung des Innenausschusses abgeschlossen werden - "unter Verzicht von Union und SPD auf das Verlangen einer Anhörung". Es könne dann am 11. Februar im Bundestag als Gesetz beschlossen werden. 

SPD hat verfassungsrechtliche Zweifel an Teilen des Unions-Gesetzentwurfs

Der Gesetzentwurf der Union zur Begrenzung der Migration war am Freitag im Bundestag trotz der Zustimmung der AfD gescheitert. SPD und Grüne hatten dagegen gestimmt. Die Sozialdemokraten hatten verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Der umstrittenste Punkt des Gesetzentwurfs war die Aussetzung des Familiennachzugs zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus. Das sind häufig Kriegsflüchtlinge, zum Beispiel aus Syrien. 

CDU-Chef Friedrich Merz - Kanzlerkandidat der Union - hatte zuvor schon für Empörung gesorgt, weil er am Mittwoch im Bundestag in Kauf nahm, dass sein Fünf-Punkte-Plan zur Migrationspolitik nur dank AfD-Stimmen eine Mehrheit bekam. Eine bindende Wirkung hat dieser Beschluss allerdings nicht. 

Weitere Proteste auf den Straßen angekündigt

Der beispiellose Vorgang hatte bundesweit Hunderttausende Menschen zu Demonstrationen gegen Rechtsextremismus auf die Straße getrieben. Die Organisatoren wollen ihren Druck aufrechterhalten. "Die Protestwelle wird bis zur Bundestagswahl anhalten", sagte das Vorstandsmitglied des Kampagnenbündnisses Campact, Christoph Bautz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). 

Im Schreiben von Dürr heißt es: "Wenn wir nicht wollen, dass Populisten und Radikale am Ende als Sieger hervorgehen, müssen wir jetzt zeigen, dass wir zu Lösungen aus der Mitte heraus imstande sind." Der FDP-Fraktionschef sagte dazu der dpa: "Union, Grüne und SPD haben nun die Chance zu beweisen, dass sie es ernst meinen und tatsächlich eine andere Migrationspolitik umsetzen wollen."

Merz gab sich seinerseits zuversichtlich, dass sich Union und SPD trotz harter Kontroversen nach der Bundestagswahl auf Schritte in der Migrationspolitik verständigen können. "Nach der Wahl werden wir uns auf diese Themen, die in unserem Gesetzentwurf vorhanden waren, einigen, zumal sie im Wahlprogramm der SPD stehen", sagte Merz dem TV-Sender Phoenix. Bei Welt-TV sagte der CDU-Chef mit Blick auf die Zeit nach der Wahl: "Danach reden wir miteinander, ist doch völlig klar." 

Bundestags-Abstimmungen der Union mit der AfD sollen sich nach den Worten von Merz nicht wiederholen. Bei RTL/ntv sagte Merz, diese Situation sei nur dadurch entstanden, weil es keine Regierungsmehrheit mehr im Bundestag gebe. "Sobald wir eine Regierungsmehrheit haben, wird sich so eine Situation ohnehin nicht mehr stellen. Das war in der letzten Woche eine Ausnahme", sagte der CDU-Chef. Auf dem Parteitag betonte er mit Blick auf die AfD: "Es gibt keine Zusammenarbeit, es gibt keine Duldung, es gibt keine Minderheitsregierung, gar nichts."

Werbung um Vertrauen für stabile Regierung

CDU-Bundesvize Karin Prien mahnte wie auch Dürr eine Verständigung von demokratischen Parteien der Mitte an, um nach der Wahl gegebenenfalls koalitionsfähig zu sein. "Alle, die es mit dem Land gut meinen, müssen jetzt aufeinander zugehen. Es braucht eine Vertrauensbasis, um nach dem 23. Februar zu einer stabilen Regierung zu kommen und eine Politikwende umzusetzen", sagte Prien dem Portal web.de. 

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein verteidigte das Vorgehen von Merz, im Bundestag die migrationspolitischen Vorschläge der Union zur Abstimmung zu stellen. "Die Bürger wissen jetzt, wer es ernst meint mit der Begrenzung der illegalen Migration und wer es nicht ernst meint, wer nur spricht und wer handelt", sagte Rhein im ZDF-"heute journal". 

Keine Einbußen für Union in Umfrage

Die gemeinsamen Abstimmungen von CDU/CSU und AfD im Bundestag haben der Union einer neuen Umfrage zufolge nicht geschadet. Die Union kommt der Befragung des Insa-Instituts für "Bild" in der Sonntagsfrage unverändert auf 30 Prozent. Die AfD als zweitstärkste Kraft bleibt bei 22 Prozent. Erhoben wurden die Daten von Freitag bis Montag, befragt wurden 2.004 Wahlberechtigte. 

SPD und Grüne können sich im Vergleich zur Vorwoche demnach leicht um je 0,5 Prozentpunkte auf 16 beziehungsweise 13 Prozent steigern. Die FDP verharrt bei 4,5 Prozent und würde somit knapp den Wiedereinzug in den Bundestag verfehlen. Dagegen kämen die Linke (5 Prozent/+0,5) und das Bündnis Sahra Wagenknecht (5,5 Prozent/-0,5) ins Parlament.

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Erstellt:
4. Februar 2025, 05:12 Uhr

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