Sondervermögen und Schuldenbremse

Finanzpaket: Worauf sich Union und SPD mit den Grünen geeinigt haben

Friedrich Merz kann erleichtert sein. Seine Fraktion, SPD und Grüne haben eine Lösung zum Finanzpaket gefunden. Was nun beschlossen werden soll und was noch schiefgehen kann: der Überblick.

Mit der Einigung ist Friedrich Merz seiner  Kanzlerschaft einen großen Schritt nähergekommen.

© dpa/Michael Kappeler

Mit der Einigung ist Friedrich Merz seiner Kanzlerschaft einen großen Schritt nähergekommen.

Von Tobias Peter und Rebekka Wiese

Union, SPD und Grüne haben hart miteinander gerungen. Doch nun sind sich die drei Parteien einig über die drei Grundgesetzänderungen zur Reform der Schuldenbremse, die vor allem mehr Geld für Verteidigung und Infrastruktur ermöglichen sollen. Unionsfraktionschef Friedrich Merz, der in einer schwarz-roten Koalition Kanzler werden möchte, sagte, das Paket sende eine klare Botschaft, dass es künftig an keiner Stelle mehr am Geld fehlen werde, um Freiheit und Frieden zu verteidigen. „Deutschland ist zurück“, sagte Merz.

Worauf haben sich die Parteien bei den Verteidigungsausgaben geeinigt?

Die Schuldenbremse wird für Verteidigungsausgaben gelockert. Auf Druck der Grünen gilt das nicht nur für Geld für die Bundeswehr, sondern auch für Mittel für die Cybersicherheit, den Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie für die Nachrichtendienste. Alle Ausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen, werden nicht mehr auf die Schuldenbremse angerechnet. Das bedeutet: Für Verteidigung sind die Ausgabemöglichkeiten nach oben offen.

Wirkt sich das auf die Ukraine-Hilfe aus?

Nicht angerechnet auf die Schuldenbremse werden auch Ausgaben, die zur Unterstützung völkerrechtswidrig angegriffener Staaten dienen. So könnte der Weg für ein lange gefordertes zusätzliches Drei-Milliarden-Euro-Paket für die Ukraine frei werden. Der amtierende Kanzler Olaf Scholz hat dies bislang blockiert, weil aus seiner Sicht die Finanzierung unklar war. Merz sagte, er habe Signale aus dem Kanzleramt, dass Scholz das Geld nun freigeben werde.

Auf welchen Punkt haben die Grünen beim 500-Milliarden-Euro schweren Sondervermögen für Infrastruktur besonders viel Wert gelegt?

Den Grünen war besonders wichtig, dass das Geld aus dem Sondervermögen nicht einfach die Ausgaben in die Infrastruktur ersetzt, die im Haushalt dafür vorgesehen wären. Sie wollten ausdrücklich festhalten, dass es sich um zusätzliche Investitionen handelt, damit Union und SPD nicht auf diesem Weg Freiräume im Haushalt schaffen, um Wahlversprechen zu finanzieren – ohne dass die Infrastruktur davon profitiert. Jetzt wurde vereinbart, dass es sich um zusätzliche Ausgaben handeln muss.

Wie viel Geld fließt in den Klimaschutz?

Von den 500 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sollen nach der Einigung 100 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) gehen. Das ist der Geldtopf, der nach dem Haushaltsurteil des Verfassungsgerichts im November 2023 plötzlich deutlich leerer wurde. Zum Beginn ihrer Regierungszeit hatte die Ampelkoalition vereinbart, Geld aus ungenutzten Corona-Hilfen umzuwidmen und in den KTF übergehen zu lassen, mit dem zum Beispiel die Energiewende finanziert werden soll. Doch das Verfassungsgericht entschied, dass es nicht möglich sei, das Geld einfach umzuwidmen – und brachte die Ampelregierung damit in ihre folgenschwere Haushaltskrise. Nun wird der Fonds wieder aufgefüllt. Außerdem wird festgelegt, dass die Investitionen aus dem Sondervermögen dem Ziel der Klimaneutralität bis 2045 dienen müssten.

Was können die Länder erhoffen?

Die Länder sollen sich stärker verschulden dürfen als bisher. Sie sollen Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des BIP aufnehmen dürfen. Außerdem sollen sie auch vom Sondervermögen profitieren – indem sie 100 der 500 Milliarden Euro erhalten.

Was bedeutet die Einigung für Friedrich Merz?

Merz hat im Wahlkampf den Eindruck erweckt, die meisten Finanzprobleme könnten durch Einsparungen behoben werden. Jetzt steht er als Wortbrecher da. Das ist aber besser, als ein Kanzler zu sein, dem von Anfang an permanent das Geld fehlt. Ein Scheitern der Gespräche mit den Grünen hätte die Regierungsbildung zur Hängepartie gemacht. Jetzt kann Merz aufatmen.

Können die Grünen zufrieden sein?

Die Grünen haben viel für sich herausgehandelt. Die Bundesvorsitzende Franziska Brantner zeigte sich am Freitag zufrieden. „Nach intensiven Verhandlungen haben wir eine Einigung erzielt, die Zukunftsinvestitionen, Sicherheit, Klimaschutz und Hilfe für die Ukraine fest absichert“, sagte die Grünen-Parteichefin dieser Redaktion. „Jetzt liegt es an Union und SPD, diesem Anspruch auch in der Umsetzung gerecht zu werden.“ Sie betonte, dass die Zusätzlichkeit nun fest verankert sei und auch die Ukraine-Hilfe nicht auf der Strecke bleibe. Sie zeigte sich auch zufrieden mit den 100 Milliarden Euro für den KTF. „Klimaschutz scheitert nicht mehr am Geld, sondern – wenn überhaupt – am politischen Willen“, so Brantner. „Jetzt muss die Koalition beweisen, dass sie es kann.“

Kann das Projekt noch scheitern?

Ja. Zunächst kommt es darauf an, dass Union, SPD und Grüne die Zwei-Drittel-Mehrheit auch tatsächlich zustande bekommen. Es stimmt noch der bisherige Bundestag ab – wegen Eilbedürftigkeit, wie es heißt. Wahr ist aber auch: Sobald sich der neue Bundestag konstituiert, wäre die Mehrheit noch schwieriger zu erreichen. Allerdings: Im bisherigen Bundestag gibt es eine Reihe Abgeordneter, die nicht mehr dem kommenden Parlament angehören. Weichen sie von der Fraktionslinie ab, hat die Führung kein Druckmittel. Auch die Länder müssen im Bundesrat noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen.

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Erstellt:
14. März 2025, 17:00 Uhr

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