JVA Bruchsal
Mörder zur Flucht verholfen? - Haft für möglichen Komplizen
Trotz Bewachung türmt ein Häftling bei einem Ausgang, bis er fernab von Deutschland gefasst wird. Auch ein Helfer soll nun ins Gefängnis.
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© dpa/Uwe Anspach
Der Häftling der JVA Bruchsal war im Oktober 2023 bei einem Ausgang in ein Waldgebiet geflohen.
Von red/dpa
Mehr als ein Jahr nach der Flucht eines verurteilten Mörders ins Ausland hat das Amtsgericht Landau (Pfalz) einen mutmaßlichen Komplizen zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht habe es als bewiesen angesehen, dass der Angeklagte den Häftling der JVA Bruchsal (Baden-Württemberg) nach der Flucht Ende Oktober 2023 in seinem Auto durch Tschechien nach Polen gebracht habe, sagte die Vorsitzende Richterin. Der 46-Jährige weist die Vorwürfe zurück. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Der Häftling hatte sich bei einem bewachten Ausgang an einem See in Germersheim (Pfalz) mit seiner Frau und zwei Kindern getroffen. Trotz einer elektronischen Fußfessel und der Bewachung durch zwei JVA-Bedienstete floh er in ein Waldgebiet - indem er so tat, als hole er das Spielzeugflugzeug seiner Kinder hinter einem Hügel zurück.
Fußfessel sauber durchtrennt
Zielfahnder nahmen den 45-Jährigen erst neun Monate später in der südosteuropäischen Republik Moldau fest. Entflohener und Angeklagter kennen sich aus gemeinsamer Haft. Das Amtsgericht verurteilte den 46-Jährigen aus dem Kreis Germersheim wegen Vollstreckungsvereitelung.
Es sah bewiesen, dass der Angeklagte mit seinem Wagen unweit des Sees wartete und den Entflohenen nach Tschechien und Polen fuhr, wie die Richterin sagte. Dafür spreche auch, dass die Fußfessel sauber durchtrennt am Straßenrand auf der Beifahrerseite gefunden worden sei. Der Entflohene habe nach seiner Festnahme bei einer Vernehmung gesagt, der Angeklagte habe ihn abgeholt und nach Tschechien und Polen gefahren. Obwohl er dies später als „Missverständnis“ bezeichnet habe, gehe man davon aus, dass es stimme.
Den Angaben der Schwester des Angeklagten, dass dieser zur Tatzeit bei ihr in Mannheim war, sowie der Frau des Entflohenen, dass sie und nicht der Angeklagte wesentlich an der Flucht beteiligt gewesen war, schenke man keinen Glauben.
Der Angeklagte sei „erheblich strafrechtlich vorbelastet“ und habe unter Bewährung gestanden, sagte die Richterin. Darüber hinaus habe er neun Monate lang die Vollstreckung einer lebenslangen Haft verhindert. Daher halte das Gericht eine Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten für angemessen. Der 46-Jährige hat den Angaben zufolge 36 Eintragungen im Strafregister, von Betrug über Körperverletzung bis zum Fahren ohne Fahrerlaubnis.
36 Eintragungen im Strafregister
Der Angeklagte bezeichnet seinen Fall als einen „Justizirrtum“ und „politisch motiviert“. Er habe die Flucht weder geplant noch den Häftling bestärkt noch ihn dabei unterstützt. Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Jahre und neun Monate Gefängnis für den mutmaßlichen Komplizen gefordert. Zahlreiche Aussagen des Angeklagten seien „äußerst fernliegend und unwahrscheinlich“, hieß es im Plädoyer. Vieles sei „Schutzbehauptung“.
Die Verteidigung hatte sich für einen Freispruch ausgesprochen. Die Ermittler hätten sich allein auf seinen Mandanten als mutmaßlichen Fluchthelfer konzentriert, hatte der Anwalt des Mannes unter anderem kritisiert.