Droht ein Vulkanausbruch?
Unter der Eifel brodelt flüssiges Magma
Unter der Westeifel nahe Ulmen haben Geologen mögliche Reservoire mit flüssigem Magma entdeckt. Anzeichen für vulkanische Aktivität. Doch eine akute Gefahr besteht nicht.
Von Markus Brauer
Unter der idyllischen Landschaft der Eifel liegt ein vulkanischer Hotspot verborgen, dessen letzter großer Ausbruch vor rund 13.000 Jahren halb Europa mit Asche überzog und einen Tsunami im Rhein auslöste. Seither herrscht weitgehend Ruhe. Doch in jüngster Zeit mehren sich Hinweise darauf, dass sich im Untergrund noch etwas tut. Davon zeugen unter anderem schwache Erdbebenserien sowie Hebungen der Erdkruste. Was sich in der Kruste genau tut, war bisher jedoch unklar.
Alte Messdaten neu analysiert
Nun aber gibt es neue Hinweise auf eine vulkanische Aktivität. Entdeckt haben dies Geoforscher um Dario Eickhoff vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), als sie 38 Jahre alte seismische Daten neu analysierten. Die Daten stammen von Messfahrten mit fünf Vibroseis-Trucks, die mit Rüttelplatten Erschütterungen des Untergrunds auslösen und die Reflexionen der Bebenwellen messen. Im Rahmen des sogenannten DEKOPR-Projekts wurde damit 1987 der Untergrund der Eifel in zwei Bahnen von Osten nach Westen durchleuchtet.
„Inzwischen können wir aus den vorhandenen Datensätzen viel detailliertere Bilder von unterirdischen Strukturen extrahieren und auswerten, da sich die Verarbeitung seismischer Reflexionsdaten stark verbessert hat“, erklärt Eickhoff. „So konnten wir bereits erkannte Strukturen in höherer Auflösung darstellen und bisher noch unbekannte Merkmale abbilden.“
Die Studie ist im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“ erschienen.
Article: The SiO2 contents of erupted volcanic melts are correlated with persistent seismic signals that accompany eruptions — volcanic tremor — and may represent an eruption monitoring tool@ma_longpre@SEES_QChttps://t.co/zjz1wEty2Rpic.twitter.com/Qwn4fCZj26 — Nature Geoscience (@NatureGeosci) January 10, 2025
Linsenförmige Magma-Reservoire
Im Gebiet nahe Ulmen in der westlichen Vulkaneifel existieren demnach in rund zehn bis 30 Kilometer Tiefe mehrere Strukturen mit verstärkter seismischer Aktivität. Sie bilden flache, linsenförmige Taschen, die sich schräg durch den Untergrund bis an die Untergrenze der Lithosphäre ziehen, wie Eickhoff und seine Kollegen berichten.
Den seismischen Merkmale zufolge könne es sich um magmatische Schmelzen oder superkritische, verflüssigte Vulkangase aus dem oberen Erdmantel handeln.
Die neuentdeckten Magmakammern könnten demnach unter hohem Druck verflüssigtes, vulkanisches CO2 enthalten, aber auch Magma, das zu rund zehn Prozent glutflüssig ist. „Auch wenn zehn Prozent basaltischer Schmelze ein niedriger Wert ist, entspricht dies rund 50 Millionen Kubikmeter Gesteinsschmelze – allein für eine dieser Taschen, die rund sechs Kilometer lang, 200 Meter dick und rund 500 Meter breit ist“, berichten die Geoforscher.
Droht ein Ausbruch?
Den weiteren Analaysen zufolge gibt es unter der Eifel zuvor unerkannte Magmakammern mit heißer und zum Teil flüssiger Magma oder Vulkangasen. Der aktuelle Fund bestätigt damit die Anzeichen vulkanischer Aktivität in Form von Erdbebeben und Bodenhebungen.
„Dies deutet darauf hin, dass dieses pleistozäne Vulkanfeld zurzeit nur ruht und dass sich neue Eruptionen ereignen können, sobald die Schmelze genügend Auftrieb erhält, um an die Oberfläche zusteigen“, stellen die Wissenschaftler fest.
Doch eine akute Gefahr besteht derzeit nicht, wie die Forscher unterstreichen. „Dieses Magma liegt da unter Umständen schon Tausende Jahre und es kann jetzt nochmal Tausende Jahre dauern, bis davon etwas an die Erdoberfläche kommt“, erläutert Eickhoff.
Magma könnte auch abkühlen und erstarren
Eickhoff erwartet keinen großen Ausbruch wie vor rund 13.000 Jahren, sondern eher kleinere Eruptionen wie die Bildung eines Schlackenkegels. Denkbar sei auch, dass das flüssige Magma in Zukunft abkühlt und erstarrt.
Das bestätigt auch Torsten Dahm vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam. „Der Vulkanismus in der Eifel ist jung. Man kann nicht ausschließen, dass es irgendwann wieder zu einem Ausbruch kommt.“ Ob das in 100 oder 1000 Jahren der Fall sein wird, könne keiner sagen. „Deshalb ist es auch wichtig, besser zu beobachten, weil wir damit rechnen, dass, wenn sich etwas ändern würde, wir das an den Messdaten sehen könnten.“
Seismische Überwachung wird verstärkt
Um ein genaueres Bild der Vorgänge unter der Eifel zu erhalten, hat das Deutsche GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung bereits im Jahr 2022 eine groß angelegte Messkampagne gestartet. Das „Large-N-Experiment“ soll den Untergrund der Eifel genauer als zuvor seismisch durchleuchten und dabei helfen, mögliche Magmavorkommen zu kartieren und zu überwachen. Das Landesamt für Geologie stockt zudem seine Erdbeben-Messstationen in der Eifel weiter auf.
Alle 5000 bis 10.000 Jahre ein Ausbruch
In der Vergangenheit gab es rund um den Laacher Vulkansee alle 5000 bis 10.000 Jahre einen verheerenden Ausbruch. Rein theoretisch ist die nächste Eruption also überfällig. Schwache Erdbeben – sogenannte Deep-Low-Frequency-Erdbeben (DLF) – werden seit 2013 systematisch in der Eifelregion ermittelt und ausgewertet.
Solche Erdstöße entstehen in einer Tiefe zwischen zehn und 40 Kilometern in der Grenzregion zwischen Erdkruste und Erdmantel. An der Oberfläche sind sie nicht zu spüren. Insgesamt wurden in den vergangenen Jahren mehrere räumlich eng begrenzte Gruppen solcher DLF-Erdbeben in der Osteifel nachgewiesen.
Die Seismologen deuten diese Aktivität im Erdinnern als Hinweis, dass Magma aus dem oberen Erdmantel aufsteigt und möglicherweise Magmakammern unter dem Vulkansee befüllt.
Großer Ausbruch vor 13.000 Jahren
Der große Ausbruch vor 13.000 Jahren hatte laut Forschern eine Wucht wie der philippinische Vulkan Pinatubo, der im Jahr 1991 fünf Milliarden Kubikmeter Asche und Staub in die Luft katapultierte. Der Vulkanologe Hans-Ulrich Schmincke hat diese Eruption untersucht. Allein im Umkreis von 55 Kilometern vom Laacher Vulkansee wurde damals eine Fläche von 1400 Quadratkilometern unter einer ein bis 50 Meter dicken Bimssteinschicht begraben. Die Aschewolken wehten bis Norditalien und Schweden und hüllten das Land grau ein.
Glutlawinen rasten die Abhänge hinab, im Rheintal lagerte sich eine sechs Meter hohe Ascheschicht ab. Im Krater bildete sich der Laacher See. Voluminöse pyroklastische Ströme (zerstörerische, partikelgespickte Wolken, die am Boden entlang schossen) aus festen und gasförmigen Stoffen erreichten über ein Seitental in acht Kilometern Entfernung vom Krater den Rhein und stauten ihn zu einem riesigen See auf.
Einziger Vulkanismus ist Deutschland
Untersuchungen des Gesteins vom letzten Ausbruch deuten darauf hin, dass die Magma-Kammer sich seinerzeit rund 30 000 Jahre lang füllte. Das heißt: Es dürfte noch einige Tausende Jahre dauern, bis es in der Eifel wieder explosiv wird.
Der Vulkanismus in der Eifel sei der Einzige bundesweit, der noch aktiv sei, so Thorsten Dahm, der beim GFZ die Sektion Erdbeben- und Vulkanphysik leitet. Um Beben dort besser erfassen zu können, werde das Messnetz ausgeweitet. Mittelfristig sollen elf neue Messstationen über die Eifel verteilt errichtet werden.